Humoristischer Ausblick 05.01.2013 03:00:00

So wird das neue Jahr: Alles auf die 13

Januar
Was war die beste Nachricht des ver­gangenen Jahres? Florian Homm hat einen Großteil seines Vermögens von Bernie Maddoff verjubeln lassen. Ein Groß­ganove verballert die Kohle eines großen Vielleichtganoven — wunderbar, ein Schenkelklopfer. Gibt es am Ende doch Gerechtigkeit? Vermutlich eher nicht. Speziell in einem Jahr, das die 13 als Nachnamen trägt. Fast ein bisschen schade, dass die Welt nun doch nicht mit dem Ende des Maya-Kalenders untergegangen ist. Es wäre einem ­einiges erspart geblieben. Außerdem erlebt man einen Weltuntergang ja nicht alle Tage. Ausgenommen FDP-Mitglieder. In Niedersachsen schafft die Partei 1,3 Prozent, Philipp Rösler tritt zurück. Zumindest da spricht niemand von Welt­untergang.
Aber auch 2013 gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Besonders an der Börse. Jahrelang habe ich zugesehen, jetzt ist es so weit: Kaufe Apple für 429 Euro. Wenn Apple untergeht, dann auch die Welt.

Februar
Etwas erschrocken stellt die Vorstands­etage von Siemens fest, dass man Peter ­Löscher von der letzten Russland-Reise der Kanzlerin im November nicht mitgebracht hat. Es dauert ein bisschen, bis die grundsätzliche Frage formuliert wird: Vermisst irgendjemand Löscher überhaupt? Als die Absenz des Vorstandsvorsitzenden publik wird, gewinnt die Aktie elf Prozent. In diversen Finanzblogs wird die verbliebene Siemens-Spitze aufgefordert, nur ja nicht nach ihm zu suchen.
Martin „der Kiffer“ Lindner wird neuer FDP-Vorsitzender und gibt der Partei eine radikale Wende: Drogenlegalisierung steht jetzt ganz oben im Programm. Die Grünen reagieren und besetzen das frei gewordene Thema Marktwirtschaft. Peer Steinbrück zeigt sich etwas entnervt, seine Wahlkampfauftritte münden regelmäßig in Publikumsbeschimpfungen. Apple steht bei 411 Euro, der DAX bei 7321 Punkten.

März
Auf Anweisung der Troika verkauft ­Griechenland die Insel Santorin an Mark Zuckerberg. Er zahlt mit Aktien, Griechenland ist damit zweitgrößter Facebook-Aktionär. Die Drachme wird als Zweitwährung eingeführt, aber nur an ­Facebook-Nutzer ausgegeben, die den Santorin-Deal mit einem „Like“ kommentiert haben.
Je öfter Steinbrück auftritt, desto mehr nähern sich seine Umfragewerte dem ­einstelligen Bereich. Außerdem reicht er Rechnungen über Vortragshonorare bei der SPD ein. Die zieht die Notbremse und den Kandidaten zurück. Gerhard Schröder meldet sich als Ersatz, sofern die ­Honorare stimmen. Als sich auch noch Rudolf Scharping aus einem Pool auf ­Mallorca äußert, erwägt die SPD, den Wahlkampf ganz abzubrechen. Der DAX zuckt kurz nach oben, pendelt sich aber bei 7300 Punkten wieder ein.

April
Gerüchte um Apple: Im Herbst soll das iPad megamini erscheinen. Es hat etwa die Größe einer Briefmarke. Als Zubehör gibt es eine an Glasbausteine erinnernde Spezialbrille. Analysten prophezeien ­einen Monstererfolg. Die Aktie verliert ­sieben Prozent.
Frankreichs Niedergang wird offiziell: Da das Bruttoinlandsprodukt etwa auf dem Niveau von Burundi liegt, gilt es ­nunmehr als Entwicklungsland. Die Kanzlerin schickt Berater von Roland Berger zum Nachbarn. In der Folge sinkt das BIP auf das Niveau von Papua-Neuguinea. Mark Zuckerberg tauscht die Provence ­gegen Facebook-Aktien. Frankreich erwägt die Einführung der Drachme.
VW drückt den DAX auf 7180 Punkte — die Übernahme von Peugeot wird doch als Belastung gesehen, auch wenn dafür nur ein Euro fällig wurde.

Mai
Sensation bei der SPD: Ursula von der Leyen tritt über und als Kanzlerkandi­datin an. Gerüchte um eine Ablösesumme machen die Runde. Als Drahtzieher wird Klaus Allofs vermutet, der Manager des VfL Wolfsburg soll im Auftrag des VW-Konzerns gehandelt haben, berichtet „Der Spiegel“. Man wünsche eine Niedersächsin als Kanzlerin, um das VW-Gesetz auf alle Fälle zu erhalten. Das alles verblasst angesichts der grandiosen Um­fragewerte, die Genossin Ursel erreicht.
Griechenland, Frankreich, Spanien und Italien verlassen den Euro und führen die Drachme ein. Portugal dagegen steht vor der Sanierung — Cristiano Ronaldo hat seine Steuererklärung abge­geben. Der FC Bayern verliert das Finale der Champions League gegen Dortmund, deutscher Meister wird Wolfsburg, nachdem VW in der Winterpause die Spieler Özil, Khedira und Gomez spendiert hatte.
Apple zieht wieder an auf 380 Euro. Der DAX wird offenbar nicht mehr täglich notiert.

Juni
Johannes Ponader twittert seinen Rückzug als Geschäftsführer der Piraten. Er geht stattdessen — man mag es kaum glauben — arbeiten und wird Assistent der Geschäftsleitung ohne Aufgaben beim VfL Wolfsburg. Er bekommt einen Blackberry gestellt, muss sich allerdings Schuhe und Strümpfe kaufen. Die Partei beschließt den Neuanfang. Nach einer Umfrage im Netz benennt sie sich um in „Die Primaten“. Eine Offerte Peer Steinbrücks, als Kanzlerkandidat anzutreten, wird mehrheitlich abgelehnt. Den meisten ist der Mann unbekannt.
Irland, Belgien, Malta, Österreich und Zypern scheren aus dem Euro aus und führen die Drachme ein. Theo Waigel ­äußert erste Zweifel am Fortbestehen der Gemeinschaftswährung, was er allerdings schon immer gewusst haben will. Im Hintergrund wird händeringend nach neuen Partnern gesucht. In der engeren Auswahl: Aserbeidschan, Turkmenistan, die Mongolei, Tunesien sowie die Demokratische Republik Kongo.
Der DAX lebt doch noch — sprich: Er fällt, hält sich aber knapp über 7000. Apple steigt weiter auf 412 Euro.

Juli
Zwischenbilanz im DAX: Größter Gewinner zum Halbjahr ist — total gegen den Trend in der Autoindustrie — BMW mit satten 79 Prozent Plus. Der Konzern hat es geschafft, die Frauenquote auch bei den Käufern durchzusetzen. Dabei waren die Sondereditionen „Daniela“ (in Rosametallic und tiefergelegt), „Angie“ (in Lavendel mit SMS-Bedienung) und „Claudia“ (in Moosgrün mit Rammschutz) erst belächelt oder sogar als frauenfeindlich kritisiert worden.
Im Wesentlichen besteht der Euroraum noch aus Luxemburg und Deutschland, weshalb die EU-Standorte Brüssel und Straßburg im saarländischen Weiers­weiler zusammengezogen werden. Pro­bleme gibt es nur bei den entsprechenden Unterkünften — sowohl Abgeordneten- als auch Beamtenapparat sind un­verändert groß. Eilig beginnt der spanische Baukonzern Altobajo, vormals Hochtief, Villenkolonien aus dem Boden zu stampfen.
Der DAX dümpelt, Apple fällt. Es gibt offenbar Probleme mit den Zulieferern der Lupen fürs iPad megamini.

August
Luxemburg führt den Schweizer Franken ein. Deutschland ist somit das letzte verbliebene Euroland. Die Exporte drohen radikal einzubrechen. Das spiegelt sich im DAX wider, der im Sturzflug auf die 4000er-Marke zurast.

Bei einem Krisengipfel im Kanzleramt drängt vor allem das Führungsduo der Deutschen Bank, intern Pat und Patachon genannt, darauf, umgehend die Drachme einzuführen. Wie es heißt, vor allem deswegen, weil man neben diversen anderen Leichen noch etliche griechische Staatsanleihen im Keller liegen hat. Die Kanzlerin reagiert wie gewohnt: Sie kündigt Gespräche über eine mögliche Einführung einer gemeinsamen stabilen Währung an. Immerhin fängt sich der DAX wieder, wenn auch keiner weiß, warum.
Gerüchte besagen, dass Apple die Einführung des iPad megamini verschieben muss, weil die Arbeiter in den taiwanesischen Zulieferbetrieben zu dicke Finger für die Fertigung hätten.

September
Ursula von der Leyen gewinnt die Bun­destagswahl mit großem Vorsprung. Deutschland steht nicht nur eine neue Regierung ins Haus, sondern durch das neue Wahlrecht auch das zweitgrößte Parlament der Welt nach China und noch vor Nordkorea. Allerdings erklärt das Verfassungsgericht auf Klage von Peer Steinbrück hin das Wahlrecht erneut für ungültig. Folge: Angela Merkel regiert kommissarisch weiter. Ursula von der Leyen emigriert nach Belgien. Steinbrück wiederum tritt der FDP bei, wird aber dennoch im neuen alten Kabinett nicht berücksichtigt.
In Bayern bleibt nach der Landtagswahl natürlich die CSU an der Macht, koaliert nun aber mit den Grünen. Horst Seehofer beschließt publikumswirksam, eine Spur der A 9 zwischen Ingolstadt und München zum Radweg zu erklären. Außerdem fordert er, den Dutzenden zusätzlich gewählten Bundestagsabgeordneten, die nicht ins Parlament einziehen dürfen, die Herdprämie zu gewähren. Angela Merkel ist gleichzeitig dafür und dagegen.

Oktober
Wider Erwarten wird der Fluchhafen ­Berlin eröffnet, obwohl die Gebäude nach wie vor nicht nutzbar sind. Passagiere werden stattdessen an Buden auf dem Parkplatz abgefertigt. Klaus Wowereit lehnt jegliche Verantwortung ab, fordert aber vehement eine Anbindung der Spree an den Rhein-Main-Donau-Kanal, um die Verkehrswege in die Hauptstadt zu optimieren. Der bislang arbeits- und parteilose Philipp Rösler richtet einen Rikscha-Service zwischen Airport und Mitte ein. Stiller Teilhaber: Johannes Ponader.
McDonald’s übernimmt die Commerzbank. Das Konzept: McKredit — Geld­geschäfte in der Lounge-Atmosphäre eines McCafé. In Bahnhofslagen wird auf Wunsch auch eine Wasserpfeife gereicht. Pat und Patachon treten zurück, weil sie die Idee nicht hatten. Kommissarisch soll Peer Steinbrück den Vorsitz der Deutschen Bank übernehmen, der Aufsichtsrat wolle ein Zeichen setzen, heißt es. Steinbrück ist jedoch unauffindbar. Samsung bringt ein Tablet im Winz­format auf den Markt. Bei der Auslieferung geht wegen des Formats die Hälfte verloren. Apple bringt nichts auf den Markt und steigt auf 475 Euro.

November
Der Millenniums-Integrations-Bambi geht diesmal an Markus Söder, Wolfgang Kubicki und Jürgen Trittin. Ihre mehrstündige Dankesrede wird immer wieder von gegenseitigen Handgreiflichkeiten unterbrochen, was jedoch der Einschaltquote zugutekommt und sie auf das Niveau jener von Harald Schmidt hebt.
Das erste Politiker-Turmspringen von Stefan Raab muss abgebrochen werden: Nach einem gehockten Schraubensalto von Umweltminister Peter Altmaier hat sich das Becken bedenklich geleert.
Weiersweiler wird nun doch nicht EU-Zentrale. Nach einer Klage des Bundes der Steuerzahler untersagt das Verfassungsgericht den weiteren Ausbau, da es keine EU mehr gibt. Altobajo macht Konkurs, die Kosten trägt der deutsche Steuerzahler — warum, wird ihm freilich nie gesagt. Apple bringt immer noch nichts auf den Markt. Der Kurs fällt dann doch wieder.

Dezember
Peer Steinbrück wird an der Grenze zur Schweiz beobachtet, wie er unartikulierte Laute Richtung Eidgenossen blafft. Augen- und Ohrenzeugen meinen, es könnten Drohungen wie „Kavallerie kommt gleich“ darunter gewesen sein. Peter Löscher wiederum wird ganz in der Nähe in einer Vorarlberger Almhütte entdeckt. Er unterhält sich dort seit Längerem mit einem Siemens-Waschtrockner und einem Bosch-Kühlschrank über die Rettung des Kapitalismus. Bislang ergebnisoffen.
Deutschland führt endlich die Drachme ein. Finanzminister Schäuble sagt, das sei schon immer sein Kalkül gewesen. Griechenland, Italien und Spanien schwenken um auf die Lira. Klaus Wowereit bewirbt sich als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank und möchte die Zentrale im Berliner Fluchhafen unterbringen. Die Züge der Deutschen Bahn fahren, obwohl es Winter ist.
Verkaufe Apple bei 439 Euro — man muss auch mal zufrieden sein. Angela Merkel regiert immer noch. Vermutlich haben sich die verflixten Maya doch nur verrechnet.

von Andreas Pilmes

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