MDAX
13.02.2013 16:01:31
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Neuer TUI-Chef kündigt harte Einschnitte an
Von Kirsten Bienk
Die mehr als 70.000 Mitarbeiter von Europas größtem Reisekonzern müssen sich auf unruhige Zeiten einstellen. Der designierte TUI-Chef Friedrich Joussen kündigte während der Hauptversammlung an, vor allem die Rendite im Konzern zu steigern. "Meine Geduld hört dort auf, wo die Performance der einzelnen Unternehmensteile nicht stimmt", sagte Joussen. TUI müsse schlanker werden. An diesem Ziel hatte sich auch sein Vorgänger Michael Frenzel, der den Chefposten 19 Jahren inne hatte, im Endeffekt ohne Erfolg abgearbeitet.
Frenzel musste sich deswegen auch heftige Kritik der Aktionäre anhören. Die Anteilseigner nutzten die letzte Gelegenheit, um mit dem mittlerweile 65-jährigen Manager abzurechnen. Er habe den Wert des Unternehmens nicht gesteigert, lautet der Vorwurf. Auch die seit 2007 ausgebliebene Dividende ist den teilweise wütenden Aktionären ein Dorn im Auge.
"Die Ära Frenzel war eine Regentschaft des Niedergangs", bilanzierte Ingo Speich, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Union Investment. Der Aktienkurs habe sich seit Frenzels Amtsantritt 1994 nicht bewegt. Das seien zwei verlorene Dekaden für die Aktionäre. Kleinakionäre forderten in Hannover vor allem eine Gewinnausschüttung.
Außerdem warfen die Aktionäre dem langjährigen Lenker die Vernichtung von Werten vor. Frenzel habe zum falschen Zeitpunkt Unternehmen gekauft und verkauft. "Heute ist TUI an der Börse nur noch 2 Milliarden Euro wert und damit weniger als die Tochter TUI Travel, die man jetzt nicht vollständig übernehmen kann", sagte Speich.
Frenzel wollte seit jeher aus der alten Preussag AG einen reinen Touristiker zu schmieden. Bis zuletzt arbeitete er daran, ohne durchschlagenden Erfolg. Er wollte den Rest der verlustreichen Hamburger Reederei Hapag-Lloyd verkaufen und mit der profitablen britischen Tochter fusionieren. Der Blick zurück gleicht einem strategischen Zick-Zack-Kurs ohne klare Richtung.
Der Union Investment Fonds will seinen kritischen Worten am Mittwoch auch Taten folgen lassen und kündigte an, Frenzel wegen der "entäuschenden" Leistung nicht zu entlasten. Gleiches Schicksal droht dem Aufsichtsrat. Er habe den Vorstandsvorsitzenden nicht ausreichend kontrolliert und bekomme deswegen keine Freigabe für das abgelaufene Geschäftsjahr 2011/2012. Außerdem verweigert der Fonds seine Zustimmung zur beantragten Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung. Schlechte Leistung dürfe nicht belohnt werden, so Speich. Die Mehrheit der Aktionäre dürfte aber trotz der Kritik das Management und Aufsichtsrat entlasten.
Ein Dorn im Auge ist Aktionären auch die hohe Abfindung, die Frenzel erhält, weil er früher als geplant aus seinem Amt ausscheidet. "Es kann nicht angehen, dass die Aktionäre bluten müssen, während Herr Frenzel sich bei seinem Abgang mit voller Rückendeckung des Aufsichtsrats die Taschen füllt", kritisierte der Union Investment-Sprecher. Frenzels Vertrag wäre erst Ende März 2014 ausgelaufen. Der scheidende Vorstandsvorsitzende erhält eine Abfindung von rund 6,5 Millionen Euro. Auch das dürfte aber die Mehrheit der Aktionäre absegnen.
Frenzel hinterlässt seinem Nachfolger ein schweres Erbe. Investoren erwarten von dem neuen Lenker einiges. Seitdem bekannt ist, dass Joussen der neue Chef wird, verdoppelte sich der Kurs der TUI AG. "Joussen sollte seine Chance und seine Vorschusslorbeeren als neuer Besen gut nutzen", empfahl Analyst Klaus Kränzle. Sein Kollege Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe hofft vor allem darauf, dass Joussen eine Langfriststrategie entwickelt und erklärt, wie er den Wert des Unternehmens steigern will.
Damit Joussen zumindest bei der geplanten Zusammenführung von TUI und TUI Travel schnell vorankommt, gibt Frenzel sein Amt als Chairman der britischen Tochter früher ab als geplant. Da der ehemalige Vodafone-Manager nun beide Posten inne hat, könnten die Gespräche einfacher verlaufen. Operativ läuft es beim Reisekonzern zumindest wie geplant. Da im saisonal schwächeren ersten Quartal der Verlust nur wegen Sondereffekten höher ausfiel, bestätigte TUI die Jahresplanung.
Kontakt zur Autorin: kirsten.bienk@dowjones.com
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February 13, 2013 09:30 ET (14:30 GMT)
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