20.06.2018 23:03:44
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Neue Westfälische (Bielefeld): Pflegenotstand in Deutschland Die Politik hat Vertrauen verspielt Lothar Schmalen, Düsseldorf
Bielefeld (ots) - Die Szene, als ein junger Krankenpfleger in
einer TV-Debatte auf dem Höhepunkt des Bundestagswahlkampfs Klartext
über den Pflegenotstand in Deutschlands Kliniken mit einer verdutzten
Kanzlerin Merkel redete, ist unvergessen. Überraschend war dabei
weniger, was der junge Mann mit beredten Worten beschrieb, als die
Reaktion der Kanzlerin. Die nämlich schien von der realen Dramatik
der Situation auf den Stationen von Kliniken und Alteneinrichtungen
überwältigt. Und genau das ist die Krux. Seit Jahren ist der sich
zuspitzende Pflegenotstand bekannt. Gewerkschaften und
Krankenhausträger machen immer wieder darauf aufmerksam. Und immer
wieder versprechen die Politiker, dass sie sich darum kümmern. Doch
passiert ist nichts. Private Konzerne können in einem Bereich, in dem
eigentlich Menschlichkeit als oberste Richtschnur gelten sollte,
renditeorientiert schalten und walten, wie sie wollen. Und die
sozialer orientierten öffentlichen und kirchlichen Träger hecheln
diesen Konzernen hinterher, weil sie sonst im Wettbewerb nicht
bestehen können. Es mag sein, dass die Gesundheitsminister gestern in
Düsseldorf von der Härte und Massivität des Protests vor den Türen
ihrer Konferenz überrascht waren. Wundern sollten sie sich darüber
nicht. Vor allem wegen der Untätigkeit der Politik nämlich sind die
Pfleger und Pflegerinnen, die in ihren Schichten Tag für Tag und
Nacht für Nacht bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und manchmal
auch darüber hinaus gehen müssen, wütend. Die Politik hat in den
vergangenen Jahren bei den hart arbeitenden Pflegekräften viel
Vertrauen verspielt. "Geben Sie uns die Chance, dieses Vertrauen
wieder zurückzugewinnen", sagte Bundesgesundheitsminister Spahn vor
den Demonstranten. Die Chance soll er haben. Aber er sollte sich
beeilen. Denn die Populisten warten schon auf ihre nächste Beute.
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