02.06.2014 20:43:59
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Abdankung des spanischen Königs¶ Frischer Wind Ralph Schulze, Madrid
Bielefeld (ots) - Spaniens Monarchie bot schon länger ein
Trauerspiel: ein Königshaus, das mehr durch Skandale als durch
Wohltaten Schlagzeilen machte. Mit einem alten König, der sich nicht
nur wegen seiner unrühmlichen Elefantenjagd und ehelicher
Seitensprünge alles andere als beispielhaft benahm. Mit Korruptions-
und Betrugsbeschuldigungen gegen den königlichen Schwiegersohn Iñaki
Urdangarin und dessen Frau, die Königstochter Cristina. Immer mehr
Spanier sind ihrer Royals überdrüssig und wünschen sich daher
frischen Wind im Palast. Denn während sich die Königshäuser in den
Niederlanden und Belgien modernisierten und einen Machtwechsel
zuließen, verstaubte Spaniens Hof. Mit einem zunehmend weltfremden
König Juan Carlos an der Spitze, der sich lange Zeit weigerte, den
Weg für die nächste Generation, für Thronfolger Felipe, frei zu
machen. Ein entscheidender Fehler, den Spaniens Monarchie teuer
bezahlte: Das Ansehen des Königshauses sank auf einen historischen
Tiefpunkt. Und zwar so sehr, dass sich die spanischen Royals nicht
mehr sicher sein können, die Mehrheit des Volkes überhaupt noch
hinter sich zu haben. Schlimmeres, als dass ihm die Untertanen
davonlaufen, kann einem König eigentlich nicht passieren. Das
Königshaus befindet sich in seiner größten Krise. Spätestens nach der
schallenden Ohrfeige in der Europawahl für Spaniens königstreue
Großparteien wurde klar, dass die Zukunft der spanischen Monarchie
tatsächlich auf dem Spiel steht. Die regierenden Konservativen wie
die oppositionellen Sozialisten, die beiden wichtigsten politischen
Stützen der Monarchie, erhielten zusammen nicht einmal mehr 50
Prozent der Stimmen, während republikanische Protestparteien, für
welche die Monarchie ein Anachronismus aus früheren Jahrhunderten
ist, auf dem Vormarsch sind. Mit seiner späten Abdankung will Juan
Carlos die wachsende Abkehr der Spanier vom Königshaus stoppen. Auf
Thronfolger Felipe kommt als künftiger König die schwere Aufgabe zu,
die verlorenen Sympathien der Straße zurückzuerobern. Er ist die
einzige Hoffnung, welche den Monarchisten im Krisen-Königreich der
Massenarbeitslosigkeit noch bleibt. Und wo die in Armut versinkenden
Familien ihren Oberen die immer noch vorherrschende Verschwendung
öffentlicher Mittel sehr übel nehmen. Felipe dürfte bei seiner
Aufgabe als neues königliches Staatsoberhaupt helfen, dass er alle
Skandale am Hof bisher halbwegs umschiffen konnte. Und dass er auch
nach dem heftigen Sturm im Palast bei den Menschen noch
vergleichsweise beliebt ist. Doch das allein wird kaum reichen, um
Spaniens anschwellender antimonarchischer Bewegung den Wind aus den
Segeln zu nehmen. Ohne tiefgreifende Reformen, absolute finanzielle
Transparenz und beispielhafte Bescheidenheit wird auch der künftige
König Felipe VI. mit seiner Königin Letizia die Empörung in der
Bevölkerung kaum besänftigen können, zumal Spaniens königsfeindliche
Parteien bereits zu einem neuen Angriff ausholen. Sie nutzten jenen
historischen Tag, an dem Juan Carlos seine Abdankung ankündigte, um
ein Referendum zu fordern: Und zwar eine Volksabstimmung, in der die
Bevölkerung darüber entscheiden kann, ob sie eine Monarchie oder eine
Republik will.
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