26.08.2018 23:03:43
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Neue Westfälische (Bielefeld): Flüchtlinge verlassen die "Diciotti" Europa-Politik in Schieflage Ingo Kalischek
Bielefeld (ots) - Tagelang wurden sie festgehalten. Jetzt dürfen
die 150 Flüchtlinge das Schiff der sizilianischen Küstenwache
"Diciotti" endlich verlassen - und europäisches Festland betreten.
Dass sie das nicht schon eher durften, ist unerklärlich. An dieser
Stelle erübrigt sich jede Diskussion. Völlig zu Recht ermittelt die
italienische Staatsanwaltschaft nun gegen Matteo Salvini, den
Innenminister, der längst zum brüllenden Sprachrohr nationalistischer
Kräfte geworden ist - und mit seinen wüsten Parolen erschreckend viel
Zuspruch erntet. Für ihn waren die 150 Menschen an Bord des Schiffes
nicht weniger als ein perverses Druckmittel, auf deren Rücken er der
EU Zugeständnisse abringen wollte. Das ist ihm nicht gelungen.
Gleichwohl hat Marktschreier Salvini mit seiner sturen Haltung einmal
mehr die Schwachstellen der europäischen Flüchtlingspolitik
offengelegt. Die befindet sich noch immer in großer Seenot und
gewaltiger Schieflage. Hinter Salvinis plumpen Parolen steckt eine
Botschaft, die seit Jahren bekannt ist, aber immer wieder überhört
wurde: Die Italiener fühlen sich beim Thema Flüchtlinge von Europa
nach wie vor alleingelassen; befürchten gleichzeitig durch Brüssel
den Verlust ihrer Souveränität. Und damit sind sie bekanntlich nicht
allein. Diese Sorgen werden sich Deutschland und die Fürsprecher der
EU weiter in Ruhe anhören müssen, so schwer das manchmal auch fallen
mag. Vielleicht trägt der leidige Fall "Diciotti" immerhin dazu bei,
dass endlich gemeinsame Strukturen und Nenner erarbeitet werden - in
Gesprächen auf Augenhöhe. Ultimaten und Schuldzuweisungen helfen
letztlich niemandem; weder den einzelnen Staaten noch den
Flüchtlingen, wie denen auf der "Diciotti". Wie geht es weiter? Die
Politik erarbeitet zwar die Strukturen, kommt aber an Grenzen.
Letztlich - und das kann man einfach nicht oft genug sagen - sind es
noch immer die Bewohner eines Landes, einer Stadt und eines Dorfes,
die die Integration von Flüchtlingen mit in der Hand haben. Und dabei
kann jeder helfen, angefangen damit, indem man populistischen
Stammtischparolen im Alltag entgegentritt, statt sie zu überhören.
Oder indem man auf die Neuankömmlinge einfach mal zugeht und mit
ihnen redet, anstatt aus Unwissenheit über sie zu urteilen. Natürlich
ist das jedem selbst überlassen. Aber es wäre einen Versuch wert. Und
dafür muss man nicht extra nach Spanien, Griechenland oder in die
Häfen Siziliens fahren. Auch von OWL aus könnte man in kleinen
Schritten eine Menge erreichen. Wenn man denn will.
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Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de
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