Machtkampf? 17.11.2017 17:56:00

Nach Kursrutsch: Rumoren bei ZUMTOBEL - Aufsichtsrat tagte

Im Vorfeld hatte eine Umsatz- und Gewinnwarnung - u.a. wegen gehäufter Projektverschiebungen in Großbritannien - für einen zweistelligen Kurssturz der Aktie gesorgt. Zudem wies ein Medien zugespielter Brief von Managern auf einen offenkundigen Machtkampf zwischen Managern und Eigentümerfamilie hin.

Am Donnerstag - nach einer vorangegangenen nächtlichen Gewinnwarnung - war der ZUMTOBEL-Aktienkurs zeitweise um bis zu 25 Prozent abgestürzt, das Papier ging dann mit einem Kursverlust von 21 Prozent aus dem Handel. Am Freitag hat sich die Aktie bis zum Handelsschluss um 3,39 Prozent auf 11,29 Euro etwas erholt.

Der Präsident des Interessenverbandes für Anleger, Wilhelm Rasinger, sagte am Freitag zur APA, von Unternehmen mit engen Geschäftsverbindungen mit Großbritannien kämen im Brexit-Umfeld unerfreuliche Nachrichten, und auf solche negativen Nachrichten würden die Märkte derzeit auch überreagieren. Für ZUMTOBEL ist Großbritannien der wichtigste nationale Markt. Äußerst sensibel begegneten Anleger allerdings auch jedweden Differenzen zwischen Management und Aufsichtsrat.

Ein von 20 ZUMTOBEL-Führungskräften (nicht aber von Vorständen) unterschriebenes Schreiben wird laut "Süddeutscher Zeitung" von Insidern als Drohbrief an den Aufsichtsrat, von anderen als Petition und wieder anderen als Aufstand und Hilferuf interpretiert. Verlangt wurde darin: Dienstwege und Berichtslinien müssten unbedingt eingehalten werden, ebenso die Regeln der Corporate Governance. Es dürfe künftig keine Eingriffe von außen mehr geben. Auch fordern die Unterzeichner "freedom to operate", Freiheit zu handeln. ZUMTOBEL-Kenner werteten die Vorlage laut "SZ", die als erste Zeitung von dem Schreiben berichtete, als eine Aufforderung an die Gründerfamilie, sich künftig aus den laufenden Geschäften stärker herauszuhalten. Der Vorwurf ziele vor allem auf Jürg Zumtobel, Sohn des Firmengründers, der bis 2003 Vorstandschef war und jetzt dem Aufsichtsrat vorsteht. Auch sein Bruder Fritz, Vorstand von 1974 bis 1996, gehört dem Aufsichtsrat an.

Beide, so kritisierten ihre Gegner, würden sich nicht auf ihre Rolle als Aufsichtsräte beschränken, sondern dem Management reinreden und so aktiv Einfluss nehmen auf das Unternehmen, von dem ihnen und ihren Familienangehörigen doch nur noch ein gutes Drittel gehöre. In Kreisen der Familie werde der Brief der Manager als Affront verstanden, heißt es. Sollte die Initiative jedoch im Aufsichtsrat verpuffen, drohe ein Aderlass an Führungskräften, prophezeien Kritiker der Familie Zumtobel der "Süddeutschen" zufolge - und auch Konzernchef Ulrich Schumacher könnte dann hinwerfen.

Gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" erklärte Jürg Zumtobel lediglich, ein Diskurs zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Management sei ein normaler und wichtiger Bestandteil für die Strategiefindung in jedem Unternehmen. Weiter kommentiere er die Sache nicht. Der Aufsichtsrat tagte am Freitagmittag.

Der nach außen getragene Streit kommt für den Konzern zur Unzeit. Diese Woche musste ZUMTOBEL die Gewinn- und Umsatzprognosen für das laufende Geschäftsjahr kappen. Der Vorstand erwartet für das Geschäftsjahr (per Ende April 2018) ein operatives Ergebnis (bereinigtes Ebit) von 50 bis 60 (Vorjahr: 72,4) Millionen Euro und einen Umsatzrückgang von etwa fünf Prozent. Bisher waren jeweils leichte Zugewinne prognostiziert worden. Sorgen bereiten dem Konzern dazu der Preisdruck in Europa sowie die Verzögerung von Projekten in dem wichtigen Markt Großbritannien. Der Bericht zum 1. Halbjahr 2017/18 wird für 5. Dezember erwartet.

Anfang Oktober hatte ZUMTOBEL zudem bekanntgegeben, dass die Produktion der Komponententochter Tridonic aus Kostengründen von Dornbirn nach Serbien verlegt wird. Am Stammsitz will man sich auf die Produktion von Leuchten konzentrieren. Dort sollen auch die betroffenen Tridonic-Mitarbeiter unterkommen, es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben, hieß es. Zuletzt hatte ZUMTOBEL 2016 mit der Schließung des unrentablen Werks in Usingen (Hessen) für Aufregung unter den Beschäftigten gesorgt. 156 Mitarbeiter verloren ihre Stelle, erst nach Streiks und zähen Verhandlungen einigte man sich auf einen Sozialplan.

Kein Kommentar zu Vorstandswechsel-Gerüchten

ZUMTOBEL will Gerüchte nicht kommentieren, wonach sich nach internen Unstimmigkeiten ein Wechsel im Vorstand anbahnen könnte. Es bestünden laufende Verträge mit den Vorständen, so Konzernsprecherin Simone Deitmer. In der heutigen ordentlichen Aufsichtsratssitzung habe es keine Beschlüsse gegeben, über die man öffentlich kommuniziere.

Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern sei Aufgabe des Aufsichtsrates, und von diesem Gremium gebe es derzeit keine diesbezüglichen Entscheidungen oder Aussagen, hieß es seitens des Unternehmens am Freitag auf APA-Anfrage. Die Verträge von Vorstandsvorsitzendem Ulrich Schumacher und Finanzchefin Karin Sonnenmoser laufen bis 30. April 2020, jener von Alfred Felder bis 30. April 2019.

In Medienberichten war zudem die Rede von einem Brief von Führungskräften, der als Drohbrief an den Aufsichtsrat, von anderen als Petition, als Aufstand oder Hilferuf interpretiert wurde. Es ist davon auszugehen, dass dieses Schreiben auch Thema im Aufsichtsrat war. Doch bezüglich etwaiger Ergebnisse aus der Sitzung gab sich das Unternehmen ebenfalls wortkarg. ZUMTOBEL erklärte dazu, dass es in der Aufsichtsratssitzung am Freitag "keine Beschlüsse gab, über die wir eine Kommunikation veröffentlichen". In der regulären Sitzung des Gremiums sei es um "verschiedenste operative Themen" gegangen.

Für die Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr, die einen Kurssturz auslöste, machte ZUMTOBEL unter anderem Verzögerungen von Projekten in Großbritannien verantwortlich. Allgemeine Marktdaten für Großbritannien zeigten einen zehnprozentigen Rückgang über den Sommer beim Neustart von Projekten, was wohl der politisch unruhigen Situation geschuldet sei. Dieser Trend schlage sich auch in der für ZUMTOBEL wichtigen Baubranche nieder, so die Begründung.

"Hinzu kommt, dass wir im zweiten Quartal des letzten Jahres überdurchschnittlich viele Großprojekte in Großbritannien abgewickelt haben, so dass der Rückgang im diesjährigen zweiten Quartal deutlicher ausfällt", so die Konzernsprecherin. Als großen Wachstumsmarkt sehe man weiterhin das Servicegeschäft. Man sei bestrebt, den Kunden zukünftig auch Projektmanagement anzubieten, nicht nur rein Leuchtenprodukte.

Die Zusammenführung der beiden Dornbirner Produktionswerke in den nächsten Jahren werde ohne betriebsbedingte Kündigungen ablaufen, betonte das Unternehmen neuerlich. Der Stammsitz Dornbirn werde weiter eine Leitfunktion innerhalb des Produktionsverbunds einnehmen. Zugleich werde man den neuen Tridonic-Standort in Serbien nutzen, um die Kernmärkte in Europa zu optimalen Kosten zu bedienen, was zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beitrage. Es handle sich um ein sehr langfristig angelegtes Projekt. Für die Mitarbeiter gebe es dazu zahlreiche Informationsveranstaltungen.

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