21.05.2017 20:07:56
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Wahl im Iran
Regensburg (ots) - Der Iran hat den möglicherweise freiesten und
zugleich angespanntesten Wahlkampf erlebt. Der gemäßigt konservative
Amtsinhaber Hassan Ruhani wurde mit klarer Mehrheit für weitere vier
Jahre gewählt. Mit dem 68-Jährigen, der in Glasgow über islamische
Gesetzgebung promovierte, verbinden sich vor allem für junge Iraner
und für liberale Bürger große Hoffnungen: auf eine Fortführung des
weltoffenen Kurses, auf mehr Demokratie und Menschenrechte, auf
wirtschaftliche Entwicklung und auf Dialog und Zusammenarbeit mit
anderen Staaten, vor allem mit dem Westen. Die Stimmen für Ruhani
waren Willensbekundungen dafür, dass es in der Islamische Republik
kein Zurück in die Vergangenheit geben darf. Seine Wahl gibt den
Reformkräften Aufschwung. Wie brüchig die iranische Demokratie
allerdings noch ist, konnte man schon daran ablesen, dass selbst der
Wahlkampf für den amtierenden Präsidenten von den Sicherheitskräften
massiv behindert wurde. Wahlkampf auf den Straßen war verboten. Wie
ein Damoklesschwert hingen die dramatischen Ereignisse von 2009 über
dem Land. Bei der damaligen Präsidentenwahl stand der heute immer
noch unter Hausarrest stehende Reformkandidat und Anführer der Grünen
Bewegung Mir Hossein Mussawi kurz davor, mit absoluter Mehrheit
gewählt zu werden. Doch seinerzeit wurde nicht der Hoffnungsträger
und Ex-Premier Mussawi, sondern der ultrakonservative damalige
Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad zum Wahlsieger erklärt. Aus den
Protesten der Opposition gegen die offenkundige Wahlfälschung folgten
wochenlange Demonstrationen und Straßenschlachten. Ahmadinedschad
ließ sie blutig niederschlagen. Seine Brutalität war selbst dem
ultrakonservativen Revolutionsführer Chamenei zu viel. Er verbot
Ahmadinedschad, der Israel von der Landkarte radieren und den Iran
zurück in die Isolation führen will, eine erneute Kandidatur in
diesem Jahr. Für viele Wähler mag Ruhani nur das kleinere Übel
gewesen sein. Sein härtester Konkurrent um das Präsidentenamt war
Ebrahim Raisi, ein ultrakonservativer Hardliner, der Rückhalt bei der
islamischen Führung und bei Revolutionsführer Ayatollah Khamenei
genießt und als dessen potenzieller Nachfolger gehandelt wird. Die
Wahl Raisis wäre gleichbedeutend mit dem von vielen Iranern
befürchteten gesellschaftlichen Rückschritt, mit internationaler
Isolation gewesen. Raisi, lange Zeit einer der obersten Richter und
zuletzt Generalstaatsanwalt der Islamischen Republik, wird in
Verbindung gebracht mit schlimmen Menschenrechtsverletzungen und
Massenhinrichtungen. In seiner Wahlkampagne versprach er den Armen
soziale Wohltaten und Millionen neue Jobs. Statt der internationalen
Öffnung propagierte Raisi die sogenannte Widerstandsökonomie, eine
vom Westen und den internationalen Märkten weitgehend unabhängige
Wirtschaft. Ruhani dagegen hat in den vergangenen vier Jahren Einiges
erreicht, oft gegen den Widerstand des herrschenden islamischen
Klerus. Dazu zählt das Atomabkommen, das erst nach jahrelangen, zähen
Verhandlungen zustande kam und die atomare Aufrüstung des Iran
verhindern soll, sowie die wirtschaftliche Wiederbelebung. So kann
das Land wieder Öl exportieren. Dennoch stockt der wirtschaftliche
Aufschwung. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Politischer Erfolg des
gemäßigten Ruhani und auch Entspannung im Mittleren und Nahen Osten
hängt nun auch vom Westen ab. Vor allem davon, ob US-Präsident Donald
Trump den Weg des Dialogs und Ausgleichs mit Teheran einschlägt, den
etwa Berlin und Paris gehen. Doch danach sieht es derzeit leider
nicht aus.
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