26.04.2015 21:57:37
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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Rücktritt von VW-Aufsichtsratschef Piëch
Am Ende hatte sich der Patriarch Ferdinand Piëch gründlich
verzockt. Statt den VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, den er
jahrelang gefördert hatte, endgültig aus dem Sessel zu kippen, wandte
sich die Affäre nun vollends gegen ihn. Im Aufsichtsrat war der
eigensinnige Porsche plötzlich ziemlich allein. Zuvor hatte er die
Chefmanager an der Spitze des zweitgrößten Autokonzerns der Welt
kommen und gehen lassen, wie er wollte. Doch nun schlug der Konzern
gegen seinen Aufseher und größten Anteilseigner zurück. Das ist eine
bemerkenswerte Emanzipation vom einstigen VW-Übervater Piëch, vor
allem aber eine notwendige. Denn der Machtkampf drohte, Volkswagen
ernsthaft in die Bredouille zu bringen. Nachdem Ferdinand Piëch den
Clinch gegen Martin Winterkorn, hinter den sich die anderen
Aufsichtsratsmitglieder geschart hatten, verloren hatte, konnte er
der schmählichen Ablösung nur durch den Rücktritt zuvor kommen.
Wenigstens dieser Gesichtsverlust ist dem einst genialen Ingenieur
und Manager erspart geblieben. Offiziell zumindest. Ob sich der
Patriarch nun allerdings mit dieser - selbst heraufbeschworenen -
Niederlage wird abfinden können, ist noch nicht sicher. Mit einem
riesigen Aktienpaket im Rücken könnte Piëch bereits auf der
VW-Hauptversammlung am 5. Mai noch einmal für Unruhe sorgen.
Zuzutrauen wäre es ihm. Im Interesse des Konzerns wäre das allerdings
nicht zu hoffen. Piëch sollte wissen, wann Schluss ist. Genug Geld
und Ruhm hat er jedenfalls. Letzteren sollte er nun nicht aufs Spiel
setzen. Vielleicht ist Ferdinand Piëch, Enkel des legendären
Volkswagen-Konstrukteurs Ferdinand Porsche, einer der letzten großen
Wirtschaftspatriarchen mit Benzin im Blut. Seine Ingenieurs-Laufbahn
begann er mit der Entwicklung eines Formel-1-Motors in den 60er
Jahren. Seine großen Erfolge - den Audi quattro mit Allradantrieb zu
Beginn oder den Dieseldirekteinspritzer TDI zum Ende der 80er Jahre
waren bahnbrechend, technisch und auch wirtschaftlich. Andere seiner
Lieblingsprojekte jedoch, wie der 1001-PS-Bugatti Veyron mit 400
Stundenkilometer Spitze, der 8-Zylinder-Passat oder das
VW-Nobelmodell Phaeton, floppten dagegen ziemlich. Der
Selbstherrlichkeit Piëchs hat es allerdings auch nichts ausgemacht,
dass er als VW-Vorstandschef Fehlentscheidungen zu verantworten
hatte. Um Volkswagen aus der Verlustzone herauszufahren, kaufte Piëch
Anfang der 90er Jahre den knallharten Sanierer Ignacio Lopez ein.
Dass der Spanier interne Unterlagen vom Konkurrenten General Motors
mitbrachte und vor allem die Zulieferer gnadenlos unter Druck setzte,
bescherte VW Millionen-Zahlungen an den Konzern in Detroit und ein
riesiges Qualitätsproblem. All das ist überwunden und die Wolfsburger
sind drauf und dran, dem Branchenprimus Toyota den Rang abzulaufen.
Auch Piëch wollte immer und überall die Nr. 1 sein. Allerdings ist
diese Rangelei, wer an der Spitze in der Welt sitzt, ziemlich
unsinnig. Der bayerische Premiumhersteller BMW zeigt, dass es nicht
auf die Masse, sondern auf die Klasse seiner Fahrzeuge ankommt. Auch
ohne den Chefaufseher Piëch bleiben zudem einige Probleme des
VW-Konzerns ungelöst. Das Brot-und-Butter-Auto Golf wirft kaum
Rendite ab, in den USA ist man absatzschwach, anders als die
deutschen Konkurrenten, und für den asiatischen Markt fehlt ein
preiswerter Volkswagen. Nach dem - hoffentlich vollständigen -
Rückzug von Ferdinand Piëch aus der Konzernspitze muss der gestärkte
Vorstandschef Winterkorn diese Herausforderungen angehen. Ein neuer
Aufsichtsratschef sollte ihm dabei Impulse geben. Ein Konzern wie
Volkswagen ist national wie international zu wichtig, als dass er zum
Spielball starrsinniger Patriarchen würde.
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