26.12.2013 22:55:01
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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Edward Snowden: "Person des Jahres", von Thomas Spang
Regensburg (ots) - Dieses Jahr gibt es nicht nur eine "Person des
Jahres". So verdient der von "Time"-Magazin vergebene Titel für Papst
Franziskus auch ist, so sehr steht er auch Edward Snowden zu. Beide
Männer haben die Welt durch ihr Handeln verändert. Der
Geheimnisverräter Snowden zog den Vorhang weg vor einer Architektur
der Überwachung, die Freiheitsrechte bedroht. Mit der Enthüllung der
Kontrolle des Internets und des Telefonverkehrs durch die NSA trat
der "Whistleblower" eine Diskussion um das richtige Verhältnis von
Sicherheit und Privatsphäre los. Der Unterschied zwischen dem
Gottesmann und dem Ex-Geheimdienstler besteht darin, wie sie in
eigenen Reihen wahrgenommen werden. Die Katholiken sehen in
Franziskus einen Hoffnungsträger, der die Kirche wieder attraktiv
macht. Für die meisten Amerikaner bleibt Snowden ein Saboteur, der
sein Land verraten hat. Nur außerhalb der USA wird ihm Bewunderung
für seinen Mut gezollt. Während Franziskus bisher vor allem Akzente
gesetzt hat, schuf der "Whistleblower" Fakten, hinter die es kein
zurück mehr gibt. Ein halbes Jahr nach Beginn der Enthüllungen haben
wir eine ziemlich gute Idee davon, was die 40 000 NSA-Mitarbeiter
treiben und in ihren überdimensionierten Datenfabriken lagern. Ein
Bundesgericht adelte Snowdens Handeln als es die enthüllte
Überwachungs-Architektur "fast orwellisch" nannte. Und eine
Expertenkommission legte Barack Obama im Dezember einen Katalog mit
Reformen ans Herz. Dass der US-Präsident seinen Diensten Anfang des
Jahres Selbstbeschränkungen auflegen will, wäre ohne den Ex-NSA-Mann
niemals passiert. Ob sich die Geheimdienste noch in ihre Schranken
weisen lassen, bleibt dabei so ungewiss wie der Erfolg der Reformen
im Vatikan. Vom Ausgang beider Projekte hängt viel ab: Die Relevanz
der Kirche und die Zukunft demokratischer Bürgergesellschaften.
Anders als auf Franziskus wartet auf Snowden garantiert nicht die
Heiligsprechung. Zweifelsohne verdient er aber, den Titel "Person des
Jahres" mit dem Papst zu teilen.
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