22.08.2021 14:55:38

Merkel und Selenskyj warnen Russland: Nord Stream 2 keine 'Waffe'

KIEW (dpa-AFX) - Bundeskanzlerin Angela Merkel wird nach ihrem Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin an diesem Sonntag in der Ukraine von Staatschef Wolodymyr Selenskyj erwartet. Im Mittelpunkt stehen Gespräche über den Ukraine-Konflikt und mangelnde Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Friedensplans für die umkämpften Teile der Regionen Luhansk und Donezk. Merkel trifft Selenskyj zum ersten Mal in Kiew, zuletzt war sie in der ukrainischen Hauptstadt 2018 beim damaligen Präsidenten Petro Poroschenko gewesen.

Thema ist bei dem Treffen auch die umstrittene und fast fertiggestellte russisch-deutsche Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee. Die Ukraine will deren Inbetriebnahme verhindern. Merkel hatte bei ihrem Besuch in Moskau am Freitag betont, dass die Leitung ein Wirtschaftsprojekt für die europäische Energiesicherheit sei. Zugleich sagte sie, dass Deutschland sich für die territoriale Unversehrtheit der Ukraine einsetze und auch die Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland 2014 nicht anerkenne.

Nach ihrer Ankunft in Kiew gegen Mittag will die Kanzlerin zunächst Kränze niederlegen. Sie besucht dazu das Grab des Unbekannten Soldaten, um an die Opfer des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. Vor 80 Jahren hatte Hitler-Deutschland die Sowjetunion und damit auch deren damalige Teilrepublik Ukraine überfallen. Anschließend erinnert Merkel am Denkmal für die "Himmlische Hundertschaft" am Maidan im Zentrum Kiews an die Toten der proeuropäischen Revolution von 2014. Damals wurde der russlandfreundliche Präsident Viktor Janukowitsch gestürzt.

Nach ihren Gesprächen wollen sich Merkel und Selenskyj auch den Fragen von Journalisten stellen. Bei ihrem Treffen mit Putin am Freitag hatte sich Merkel zur Freude Russlands zum Minsker Friedensplan für die abtrünnigen Regionen in der Ostukraine bekannt. Putin hatte Merkel aufgefordert, in Kiew auf Selenskyj einzuwirken, dass die Vereinbarungen umgesetzt werden.

Seit mehr als sieben Jahren kämpfen ukrainische Regierungstruppen in Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk entlang der russischen Grenze gegen von Moskau unterstützte Separatisten. UN-Schätzungen zufolge sind seitdem mehr als 13 000 Menschen getötet worden. Deutschland vermittelt in dem Konflikt - wie Frankreich. Die EU sieht maßgeblich Russland in der Verantwortung für den Krieg in der Ostukraine und hat deshalb Sanktionen gegen die militärische Großmacht verhängt.

Die Regierung in Kiew wiederum setzt auf Deutschland, um Druck auf Moskau auszuüben, damit Russland etwa auch nach Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2 weiter Gas durch die Ukraine nach Europa pumpt. Kiew fürchtet den Verlust seiner Einnahmen aus den Gebühren für den Gastransit, sollte Russland nur noch Leitungen unter Umgehung der Ukraine - allen voran Nord Stream 1 und 2 - nutzen. Merkel trifft bei ihrem Besuch auch den ukrainischen Regierungschef Denys Schmyhal.

Nord Stream 2 soll noch in diesem Monat fertig werden, es fehlen nach Angaben des russischen Präsidenten Putin nur noch 15 Kilometer. Der Kremlchef hatte am Freitag beim Treffen mit Merkel gesagt, dass der bis 2024 laufende Transitvertrag mit der Ukraine erfüllt werde. Eine Verlängerung sei möglich, wenn es auf dem Energiemarkt dafür Bedarf gebe, sagte er. Das hänge nicht von Russland ab.

Der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin sagte: "Zur Wahrheit gehört auch, dass Deutschland und Europa ihre Importe von fossilem Gas drastisch reduzieren müssen, wenn die Klimaschutzziele erreicht werden sollen." Damit entfalle die Geschäftsgrundlage für die Produktion in Russland wie den Transit durch die Ukraine, erklärte er in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Sonntag). "Diese Wahrheit muss die Kanzlerin in Kiew übermitteln. Und sie muss Druck machen, dass die Ukraine schneller und mehr als bisher auf erneuerbare Energien setzt.

/mau/DP/mis

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