03.05.2017 06:42:47
|
Merkel spricht sich für Macron bei Stichwahl in Frankreich aus
KöLN (AFP)--Wenige Tage vor der Stichwahl um die französische Präsidentschaft hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar für den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron ausgesprochen. Sie hat sich zudem gegen Kritik verteidigt, wegen des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei erpressbar zu sein.
Sie sei "als Bundeskanzlerin völlig frei, das, was wir an bedenklichen Entwicklungen in der Türkei beobachten, auch klar auszusprechen", sagte Merkel dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe). Dies gelte "nicht nur öffentlich, sondern vor allem auch im direkten Gespräch mit der türkischen Regierung".
Zur Wahl in Frankreich sagte sie: "Es ist und bleibt natürlich die Entscheidung der französischen Wähler, in die ich mich nicht einmische. Aber dass ich mich freuen würde, wenn Emmanuel Macron gewinnen sollte, weil er für eine konsequent pro-europäische Politik steht, das sage ich auch."
Sieg Macrons wäre Signal guter deutsch-französischer Beziehungen
"Sein Erfolg wäre ein positives Signal für die politische Mitte, die wir ja auch hier in Deutschland stark halten wollen." Macron sei ein entschiedener Pro-Europäer, und sein sehr pro-europäisch angelegter Wahlkampf sei auch ein Signal in Richtung guter deutsch-französischer Beziehungen.
Macron tritt in der Stichwahl am Sonntag gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen von der Front National an. Le Pen will Frankreich aus der EU führen und den Euro in Frankreich abschaffen. Die Umfragen sehen den parteilosen Macron als klaren Favoriten. Merkel hatte den 39-Jährigen im März in Berlin empfangen; Le Pen übte im Wahlkampf deutliche Kritik an der Kanzlerin.
EU-Türkei-Abkommen auch im Sinne der Türkei
Merkel sagte in dem Interview, dass das EU-Türkei-Abkommen auch im Interesse der Türkei liege, weil damit kriminelle Schleuserstrukturen an der türkischen Küste bekämpft würden. Die Schleuser könnten nun "bei weitem nicht mehr so agieren" wie bisher, sagte Merkel. Da die Türkei drei Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen habe, sei es "ganz richtig, dass die EU jetzt finanziell dabei Hilfe leistet", wie es das Abkommen vorsehe.
Das im März 2016 zwischen der EU und der Türkei vereinbarte Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass Ankara alle auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurücknimmt. Für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Außerdem sagte die EU Milliarden-Zahlungen für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu.
Mit Blick auf die Einführung des Präsidialsystems in der Türkei sprach sich die Kanzlerin für einen ausgewogenen Umgang mit Ankara aus. "Wir müssen klar sein in unserer Kritik, keine Frage, und genauso müssen wir auch klug sein, denn ein gutes Verhältnis zur Türkei liegt in unserem eigenen Interesse", sagte sie.
Die Wiedereinführung der Todesstrafe würde allerdings den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei "die Grundlage entziehen", sagte Merkel. Sie betonte, das Präsidialsystem habe bei den in Deutschland lebenden Türkischstämmigen keine Mehrheit gehabt.
"Weniger als die Hälfte der wahlberechtigten Türkischstämmigen hat in Deutschland abgestimmt, und von denen haben dann zwei Drittel mit Ja gestimmt. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Türkischstämmigen ist das jedenfalls nicht", sagte sie.
Die Türken hatten am 16. April in einem Referendum für die Einführung des Präsidialsystems gestimmt, das die Machtbefugnisse von Staatschef Recep Tayyip Erdogan erheblich ausweitet.
Doppel-Staatsbürgerschaft kein Wahlkampfthema
Merkel sprach sich dagegen aus, die doppelte Staatsbürgerschaft zum Wahlkampfthema zu machen. "Eine Wahlkampfkampagne wie 1999 wird der Doppelpass nicht werden." Der CDU-Parteitag im Dezember hatte sich gegen den Willen Merkels dafür ausgesprochen, die 2014 eingeführte Doppelpass-Regelung rückgängig zu machen. Mit ihr war insbesondere für in Deutschland geborene Kinder türkischer Eltern die doppelte Staatsbürgerschaft erleichtert worden.
Seither wird in der CDU darüber gestritten, wie mit dem Thema im Bundestags-Wahlkampf umgegangen werden soll. Zahlreiche Politiker von CDU und CSU wollen das Recht auf einen Doppelpass weitgehend abschaffen. Nach dem türkischen Verfassungsreferendum, bei der eine Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken für das umstrittene Präsidialsystem stimmte, hatten Unionspolitiker erneut die geltende Rechtslage infrage gestellt.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/smh
(END) Dow Jones Newswires
May 03, 2017 00:11 ET (04:11 GMT)- - 12 11 AM EDT 05-03-17

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!