Pros und Kontras |
11.02.2022 22:16:00
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Mercedes-Benz als Übernahmeziel von Tesla? US-Analyst glaubt an möglichen Milliardendeal
• Mercedes-Benz als idealer Übernahmekandidat?
• Was gegen eine Übernahme spricht
Auch wenn Tesla bei der Summe der verkauften Fahrzeuge in der Autobranche ein kleines Licht ist, in Sachen Börsenbewertung strahlt Tesla heller als die Konkurrenz. Rund 953 Milliarden US-Dollar ist das Unternehmen von Elon Musk an der Börse wert, Europas größer Autobauer Volkswagen kommt auf vergleichsweise magere rund 114 Milliarden Euro, umgerechnet rund 130 Milliarden US-Dollar (Stand 10.02.2022).
Der Börsenerfolg der US-Amerikaner kommt nicht von ungefähr. Denn bei Tesla laufen die Geschäfte gut: Auslieferungsrekord und Rekordergebnisse, wie zuletzt im Jahr 2021, sind die Folge. Damit zeigt sich Tesla inmitten einer schwierigen Lage für die weltweite Autobranche erstaunlich robust. Während Halbleiterengpässe und Lieferkettenprobleme große Konkurrenten zum Aussetzen der Produktion zwangen, standen bei Tesla die Bänder nicht still - auch, weil der Elektroautobauer eine deutlich geringere Abhängigkeit von Zuliefererbetrieben aufweist.
Noch wächst Tesla und der Ausbau der Produktion - etwa durch neue Produktionsstätten in China und Berlin - dürfte dazu beitragen, dass die Summe der Fahrzeuge, die Tesla auf die Straßen bringt, weiter steigt. Diese Tatsache - kombiniert mit der enormen Börsenbewertung von Tesla - ließ bereits vor einigen Monaten Analysten von einer Großübernahme der US-Amerikaner träumen.
Analyst hält Mercedes-Benz für geeignet
Der US-Autoexperte Christopher Thompson hatte Reuters zufolge Ende 2020 erstmals den Stuttgarter Daimler-Konzern, der sich erst kürzlich in Mercedes-Benz Group umbenannt hat, als Übernahmekandidaten ins Gespräch gebracht. Zu diesem Zeitpunkt war Tesla 540 Milliarden US-Dollar wert. Dabei verwies der Experte auf einen ähnlichen Fall in der Vergangenheit: Inmitten der Dotcom-Blase war AOL so hoch bewertet gewesen, dass das Unternehmen mit Time Warner fusionieren und so den damals weltgrößten Medienkonzern schaffen konnte.
Ein Zusammenschluss zwischen Tesla und Mercedes-Benz könnte für ähnlich viel Furore sorgen, zumal die Voraussetzungen denen des AOL-TimeWarner-Deals nicht unähnlich sind. Teslas Kundenstamm könnte am besten zu einer Luxusmarke passen, äußerte sich Thompson zum damaligen Zeitpunkt. Tesla wiederum könnte sich den umsatzstärksten Hersteller von Luxusfahrzeugen ins Portfolio holen. Profitieren würde der Elektroautobauer von der Marktvernetzung Mercedes-Benz' sowie dessen industriellem Output. Eine Verwässerung des ausschließlich auf Elektrofahrzeuge fokussierten Portfolios müsse Musk allerdings hinnehmen - ebenso wie die Zwänge einer deutschen Führungsstruktur, hieß es bei Reuters.
David und Goliath - Tesla & Mercedes
Eine Übernahme der Stuttgarter ausgerechnet durch Tesla wäre eine interessante Verflechtung der beiden Hauptprotagonisten. Denn Mercedes-Benz war 2009 seinerseits bei dem noch jungen E-Autounternehmen Tesla eingestiegen und hatte 9,1 Prozent der Konzernanteile übernommen - für 50 Millionen US-Dollar. Tesla hatte damals mit dem Roadster nur ein einziges Fahrzeug auf dem Markt. Nur wenig später veräußerten die Deutschen einen Teil ihrer Aktien an den Staatsfonds Aabar aus Abu Dhabi, den Rest behielten die Deutschen über den Tesla-Börsengang im Jahr 2010 hinaus. 2014 zog Mercedes-Benz die Reißleine und stieg komplett bei Tesla aus. Die verbliebenen vier Prozent der Anteile waren zu diesem Zeitpunkt 780 Millionen US-Dollar wert - ein satter Gewinn für Mercedes-Benz.
"Wir sind mit der Entwicklung unserer Beteiligung an Tesla außerordentlich zufrieden. Für unsere Partnerschaft und Zusammenarbeit ist eine Finanzbeteiligung an Tesla aber nicht notwendig", wurde der Verkauf damals begründet.
Nur acht Jahre später haben sich die Rollen umgekehrt: Mercedes-Benz ist an der Börse ein David, Goliath Tesla untermauert unterdessen seine Vormachtstellung am Aktienmarkt eindrucksvoll. Zuletzt hatten die Stuttgarter auch im Fahrzeuggeschäft vom wesentlich jüngeren Konkurrenten eine Lektion erteilt bekommen: In einem Test des norwegischen Automobilclubs NAF, in dem 31 Elektrofahrzeuge, darunter auch verschiedene Modelle von Mercedes-Benz und Tesla angetreten waren, zogen die Deutschen mit ihrem S-Klasse EQS, dem leistungsstärksten Stromer auf dem Markt, beim Kältetest den Kürzeren. Verglichen zum Model 3, der deutlich weniger preisintensiv ist, als das Mercedes-Benz-Modell, kam es zu einem überdurchschnittlichen Reichweitenverlust bei kälteren Temperaturen.
Warum Mercedes-Benz die beste Wahl für Tesla wäre
Doch ungeachtet des Geschäftserfolges von Tesla und der unbestreitbaren Börsenmacht des Unternehmens, stellt sich die Frage, wie wahrscheinlich eine Übernahme von Mercedes-Benz durch Tesla tatsächlich ist.
Fakt ist: Der Kauf wäre ein Milliardendeal und würde Tesla mit einem Schlag unter die größten Autobauer der Welt katapultieren. Zeitgleich würden sich die US-Amerikaner nicht nur eine riesige Modellpalette, sondern auch Qualität einkaufen - denn die Traditionsfahrzeuge der Stuttgarter genießen einen guten Ruf, während Tesla immer wieder mit Qualitätsproblemen von sich reden machte. Zudem würde Mercedes-Benz von seiner Ausrichtung her den US-Konzern ideal ergänzen. Teslas US-Konkurrenten Ford Motor und General Motors bedienen andere Zielgruppen, BMW ist aufgrund seiner Aktienverteilung ein zu schwieriger Übernahmekandidat. VW, seinerseits mit starkem Fokus auf das Elektroautosegment, dürfte unterdessen ein zu großer Brocken für Tesla sein, während eine mögliche Übernahme japanischer Konkurrenz historisch gesehen ebenfalls schwierig sei, hieß es bei Reuters.
Was gegen eine Übernahme spricht
Doch mit Mercedes-Benz bekäme Tesla nicht nur einen Autohersteller, sondern einen stark verflochtenen Weltkonzern mit rund 500 Tochter- und Gemeinschaftsunternehmen. Während Tesla einerseits von der Marktdurchdringung von Mercedes-Benz in einigen Bereichen profitieren könnte, hätten die US-Amerikaner zeitgleich einen Unternehmenskoloss zu integrieren, der seinerseits deutlich weniger flexibel zu steuern sein dürfte als der Tesla-Konzern als Alleinkonstrukt. Schnelle Anpassungen, Umsetzungen von Kundenwünschen via Twitter und eine bestmögliche Unabhängigkeit von Zulieferern dürfte zunehmend schwieriger umzusetzen sein.
Hinzu kommt: Das Management von Mercedes-Benz dürfte einer Übernahme durch Tesla alles andere als positiv gegenüber stehen. Um eine feindliche Übernahme zu verhindern, hatte das Unternehmen im vergangenen Jahr eine Aufspaltung in die Pkw- und Truck-Sparte beschlossen. Doch gerade die Verkleinerung des Unternehmens könnte die Gefahr einer ungewollten Übernahme erhöht haben.
Bei Tesla ist man sich der Vorbehalte gegenüber einem feindlichen Kaufansinnen bewusst. "Wir werden definitiv keinen feindlichen Übernahmeversuch starten", erklärte Elon Musk dann auch laut dpa bei der Verleihung des Axel Springer Awards in Berlin im Dezember 2020. Dass er sich auf dem Verhandlungsweg einen Zusammenschluss vorstellen könne, schloss der Firmenlenker in diesem Zusammenhang aber nicht aus: Wenn ein Konkurrent finden sollte, "dass es eine gute Idee wäre, mit Tesla zu fusionieren", werde man darüber reden.
Mercedes-Benz im Visier: Wie wahrscheinlich ist eine Übernahme durch Tesla?
Noch kommen aus den Vereinigten Staaten keine Signale, die für das Ausloten eines Zusammenschlusses sprechen. Der Milliardendeal würde zudem nicht nur von Tesla-Aktionären genau unter die Lupe genommen werden, denn der letzte Zukauf von Tesla in dieser Größenordnung, der Kauf von SolarCity im Jahr 2016, wird noch sechs Jahre später vor Gericht aufgearbeitet.
Um seine Unabhängigkeit und Flexibilität zu bewahren, würde sich für Tesla zudem wohlmöglich eher der Kauf eines Batterieunternehmens anbieten, als die Übernahme eines stark verflochtenen Weltkonzerns. Denn die Zukunft der Automobile ist elektrisch, ob ein Traditionsautobauer wie Mercedes-Benz, der zwar durchaus Ambitionen im E-Auto-Segment vorweisen kann, den weitaus größten Teil seiner Geschäfte aber weiter mit traditionellen Antrieben macht, ein Fortschritt oder eine Belastung für Tesla sein wird, ist bislang nur schwer abzusehen.
Redaktion finanzen.at
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