Historischer Einbruch 23.04.2020 13:38:00

Mega-Budgetdefizit: Wirtschaft bricht heuer um 5,25 bis 7,5% ein

Mega-Budgetdefizit: Wirtschaft bricht heuer um 5,25 bis 7,5% ein

Der Stillstand in der Coronakrise sorgt für ordentlichen konjunkturellen Katzenjammer. Die neueste Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zeigt nicht nur für heuer einen Wirtschaftseinbruch von 5,25 bis 7,5 Prozent, sondern auch eine relativ schleppende Erholung danach. 2021 wird mit einem realen Plus von nur 3,5 Prozent gerechnet. Dann flacht die Wachstumskurve auch wieder ab.

Für den Staatssäckel bedeutet die Krise freilich ebenso eine Desillusionierung wie für Arbeitnehmer die ihren Job verloren haben oder Unternehmer, die nicht aufsperren durften oder dürfen. Das Budgetdefizit wird sich heuer auf 7,5 bis 10 Prozent belaufen. "Dafür sorgen die Notfallmaßnahmen und eine sehr schwache Steuerentwicklung", erläuterte Wifo-Chef Christoph Badelt am Donnerstag vor Journalisten im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz.

Die Arbeitslosenquote soll heuer auf 8,75 bis 9,1 Prozent steigen, die Zahl der Beschäftigten um 1,75 bis 2,5 Prozent zurückgehen.

Über die Zeit sollte sich die Lage in allen Teilbereichen langsam erholen. Die Prognose des Wifo geht davon aus, dass das Virusproblem hierzulande im Griff bleibt, das Hochfahren der Wirtschaft ohne Störungen verläuft und dass die wichtigsten Handelspartner Österreichs ihre Wirtschaft auch bald hochfahren. Kommt es in den nächsten Monaten aber zu einer anderen extern verursachten Krise oder einer zweiten oder auch dritten Coronawelle, dann schaut es richtig schlecht aus. "Dann kann man das Bild gar nicht düster genug zeichnen", sagte Badelt.

Für den Wifo-Chef sind die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung und des Nationalrats in der Coronakrise zwar "prinzipiell richtig". "Für die Zukunft ist aber ein Nachschärfen bei einigen Maßnahmen notwendig - vor allem in der Praxis der Umsetzung", betonte Badelt.

Was die Forderung nach Vermögenssteuern zur Finanzierung der Krisenfolgen angeht, ist der Wifo-Chef nicht grundsätzlich abgeneigt. Er plädiert aber für eine "gesamthafte Lösung". Diese müsse sowohl eine Entlastung der Abgaben auf Arbeit enthalten als auch eine stärkere Ökologisierung und eine stärkere Vermögensorientierung des Steuersystems: "Wir halten nichts davon, jetzt punktuell irgendein steuerpolitisches Instrument herauszugreifen und zu sagen, das machen wir dann."

Badelt empfiehlt der Regierung einen "Kassasturz" nach dem Auslaufen der aktuellen Krisenhilfen. Dann müsse geprüft werden, wie die aktuelle Situation mit den sonstigen wirtschaftspolitischen Zielen der Regierung - Stichwort: Steuerreform und Klimapolitik - verbunden werden könne. Ein möglicher Zeitpunkt dafür wäre der Herbst: "Wenn es gut geht, vom medizinischen her, im September, Oktober."

Bei der Staatsverschuldung sieht Badelt trotz des erwarteten Anstiegs "kein Problem in Sicht". Er verwies aber auf die gute Ausgangslage und niedrige Zinsen: "Dem österreichischen Staat passiert zunächst einmal gar nichts, selbst wenn es 90 Prozent wäre." Keinesfalls dürfe man wegen der Coronakrise bei der Klimapolitik "den Kopf in den Sand stecken", betonte der Ökonom.

Beispielsweise die Mehrwertsteuer zu senken, um mehr Konsum im Tourismus oder in der Gastronomie zu generieren, davon hält Badelt nichts. Für den Tourismus zeichnete Wifo-Prognosechef Baumgartner allerdings ein dunkles Bild. Nach dem derzeitigen Totalausfall werde es nur eine langsame Erholung geben. Manche Hotels dürften im Sommer wegen fehlender Ausländer gar nicht aufsperren, sagte er. Zwar werde der inländische Tourismus wohl aktiviert werden. Niemals könne man damit aber an ein touristisches Normaljahr herankommen. Besonders hart dürfte es für längere Zeit den Städtetourismus erwischen.

Der Tourismus sorgte in Österreich zuletzt für rund 16 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Daran wird man zumindest heuer bei weitem nicht herankommen.

EU-Gipfel - Wifo-Chef: Bei Coronahilfen auch Vorteile für Österreich

Beim EU-Gipfel wird Donnerstag um weitere riesige Coronahilfen gerangelt. Wifo-Chef Christoph Badelt hegt bei "Gipfeln dieser Art" keine Erwartungen, das habe er sich abgewöhnt, aber: "Ich glaube schon, dass es auch für Österreich Vorteile haben könnte, wenn über den EU-Umweg Mittel fließen." Hilfen etwa an Italien hätten Relevanz, da es sich um einen besonders wichtigen Handelspartner handle.

"Es besteht kein Zweifel daran, dass man Italien nicht einfach versinken lassen kann", sagte Badelt am Rande einer Digi-Pressekonferenz am Donnerstag. In erster Linie handle es sich aber um "ein politisches Pokerspiel" darum, wie die Hilfen ausschauen werden.

Die EU-Staats- und Regierungschefs ringen am heutigen Donnerstag um neue Hilfen im Rahmen eines Wiederaufbaufonds in Höhe von 1,5 Billionen Euro. Bereits beschlossen ist ein 540 Milliarden Euro schweres Rettungspaket.

Coronakrise belastet Länder - Zweifel an neuem Finanzausgleich

Finanzministerium wollte im Vorfeld der Finanzreferentensitzung keine Einschätzung darüber abgeben, auf welche Verluste sich Länder und Gemeinden heuer einstellen müssen. Würde man die von Oberösterreich genannten Zahlen auf ganz Österreich hochrechnen, würde das einen Rückgang der Ertragsanteile der Länder um bis zu 2,5 Mrd. Euro bedeuten. Aus informierten Kreisen hieß es zur APA allerdings, dass derzeit ein krisenbedingter Rückgang um etwa 1,2 Mrd. Euro realistischer wäre.

Keine Festlegung des Finanzministeriums gab es zur Frage, ob die ab Herbst vorgesehenen Finanzausgleichsverhandlungen verschoben werden könnten. Sollten sich die Finanzreferenten bei ihrer Sitzung am Freitag auf eine einheitliche Position einigen, werde man sich damit gerne befassen. Grundsätzlich sei das Ministerium mit allen Ländern in konstruktiven Gesprächen.

Der Finanzausgleich regelt die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und läuft noch bis Ende 2021. Die Verhandlungen über den neuen Finanzpakt zwischen den Gebietskörperschaften sollten eigentlich heuer starten. Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) hat allerdings am Mittwoch im ORF vorgeschlagen, die Laufzeit um zwei Jahre zu verlängern. Das würde aus seiner Sicht Sicherheit und Planbarkeit geben. Für Wien rechnet Hanke mit Steuerausfällen in dreistelliger Millionenhöhe. Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) rechnet mit 100 Mio. Euro weniger aus den gemeinsamen Steuern des Bundes.

(Forts.) phs/cri/cs

APA

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