MAN Steyr 09.04.2021 18:07:00

MAN-Aktie in Rot: VW-AR-Chef: Müssen Schließungspläne wieder aufnehmen - Achleitner denkt noch nicht an Worst-Case-Szenario

MAN-Aktie in Rot: VW-AR-Chef: Müssen Schließungspläne wieder aufnehmen - Achleitner denkt noch nicht an Worst-Case-Szenario

Fast zwei Drittel der Belegschaft haben gegen das Übernahmeangebot des Investors Siegfried Wolf gestimmt. "In der Konsequenz dieses Ergebnisses muss MAN die Schließungspläne für das Werk wieder aufnehmen, weil wir außer diesem Angebot des Investors Wolf keine Alternativen vorliegen haben, die es lohnt weiterzuverhandeln", so VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch am Freitag.

Der MAN-Konzern ist Teil des VW-Imperiums. Eine Übernahme durch den früheren Magna-Chef Wolf hätte die von der Konzernzentrale in München geplante Schließung des Standorts in Oberösterreich verhindert, wäre aber mit massiven Einschnitten in den Personalstand und die Gehälter verbunden gewesen. Das war auch der Grund für das abschlägige Votum der Belegschaft. Pötsch, der auch Präsident der Deutschen Handelskammer (DHK) ist, äußerte sich am Rande einer Videokonferenz der DHK in Österreich zu dem Thema.

"Da muss man sich fragen, ob die Mitarbeiter von MAN die gesamtwirtschaftliche Sicht eingenommen haben", ergänzte der designierte Wifo-Chef und derzeit noch Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), Gabriel Felbermayr. "Ich sehe auch nicht, wie die Politik hier helfen kann", bedauerte Felbermayr. Was die Politik tun könne, sei zu fragen, was sie nun für den Standort generell tun könne, was die Gründe für den Rückzug der MAN seien. "Jetzt zu sagen, 'die Politik hat den goldenen Schlüssel' - das ist nicht der Fall", redete der Ökonom Klartext. "Hier von der Politik zu erwarten, sie könnte das mit dem Zauberstab lösen, ist abwegig."

Für die Region sei das Werk der MAN in Steyr "natürlich sehr wichtig". "Da hängen nicht nur Tausende Arbeitsplätze, sondern inklusive der Zulieferstruktur rundherum eine Wirtschaftsleistung von einer Milliarde Euro dran", so Felbermayr, der selbst aus der Region Steyr-Land stammt.

Nach dem abschlägigen Votum der mehr als 2.300 Mitarbeiter starken MAN-Belegschaft zu dem Übernahmeangebot Wolfs und der Schließungsankündigung aus München forderte die Politik am Donnerstag den deutschen MAN-Konzern auf, nicht alle Türen zuzuschlagen und für Gespräche offen zu bleiben. Die deutsche MAN-Zentrale hat für Steyr bereits die Standortgarantie bis 2030 aufgekündigt und sieht als einzige Alternative die Schließung des Werks bis 2023.

AKOÖ-Chef Kalliauer: "Drohungsszenario unverantwortlich"

Für den Präsidenten der Arbeiterkammer Oberösterreich, Johann Kalliauer, ist das gestrige Votum der MAN-Belegschaft gegen das Übernahme-Angebot von Siegfried Wolf "ein klares Signal, dass man so nicht mit einer Belegschaft umgehen kann". Das "Drohungsszenario" der Schließungsankündigung aus München sei "unverantwortlich" und "aktienrechtlich äußerst bedenklich".

Die Belegschaft sei unter enormen Zeitdruck gesetzt worden und die Konzeption des Investors habe offensichtlich für viele nicht genügend Sicherheit geboten, "ganz abgesehen von den massiven Einschnitten, die in dieser Form natürlich viele irritiert haben", beurteilte er die Entscheidung der Belegschaft bei einem Pressetermin am Freitag.

Kalliauer zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass man nach der ersten Aufregung nun an den Verhandlungstisch zurückkehren und nach einer Lösung suchen werde. "Ich gehe davon aus, dass es für Steyr eine Lösung geben wird. Die Belegschaft, die in Steyr zur Verfügung steht, ist eine hoch qualifizierte, hoch engagierte und für viele Investoren attraktiv", so Kalliauer.

Achleitner denkt noch nicht an Worst-Case-Szenario

Wie bereits vor ihm die Sozialpartner hat der oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) am Freitag für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch plädiert. "Mein klares Ziel ist es, dass die Transformation am Standort Steyr gelingt", sieht er vorerst nicht die Zeit gekommen, sich über ein Worst-Case-Szenario Gedanken zu machen.

Es gehe auch um Vertrauen, so Achleitner. Er wies darauf hin, dass in Steyr erst vor einem Jahr ein Restrukturierungspaket zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt worden sei. "Wenn man das drei Monate später infrage stellt und neun Monate später aufkündigt", sei das nicht vertrauensfördernd. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Konzern so gesehen werden will." Zudem habe MAN nun die Aussicht auf jahrelange Rechtsstreitigkeiten - die Gewerkschaft hat bekanntlich angekündigt, bei betriebsbedingten Kündigungen vor Gericht zu ziehen.

"Gestern ist einmal Dampf abgelassen worden", bilanzierte Achleitner einen Tag nach dem Votum, das für ihn - wie er einräumt - "unerwartet" ausgefallen ist. Es sei ein Ausdruck der Enttäuschung der Belegschaft. Nun sei es aber Zeit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Ich rufe alle Beteiligten auf, sachlich zu werden und an einer Lösung zu arbeiten", appellierte er. Das umfasst für ihn auch Siegfried Wolf, dessen Konzept am Donnerstag von den Mitarbeitern abgelehnt worden war, betonte er auf Nachfrage.

Aber er ist auch anderen Investoren gegenüber aufgeschlossen - ohne jedoch Namen zu nennen. "Wenn ein neues Konzept vorliegt, können wir in die Fördertöpfe greifen", so Achleitner und verwies darauf, dass es etwa auch EU-Geld gebe, wenn man in E-Mobilität investiere. Es habe in der vergangenen Zeit durchaus Kontaktaufnahmen von Investoren mit dem Land gegeben, "und wir haben diese an MAN weitergeleitet", berichtete Achleitner. Ob darunter Konzepte mit Potenzial seien, könne er nicht sagen. Aber MAN habe ohnehin exklusiv mit Wolf verhandeln wollen.

Ob nun weitere Investoren - abgesehen von Wolf - noch etwas vorlegen bzw. zum Zug kommen können, ist offen. Bekannt ist lediglich das Green-Mobility-Konzept eines Konsortiums rund um den Industriellen Karl Egger (KeKelit), das MAN allerdings - offenbar ohne Verhandlungen - als zu wenig konkret abgelehnt hat. Der Sprecher dieses Konsortiums, Gerald Ganzger, hatte Donnerstagabend in der ORF-Sendung "Eco" gesagt, seine Partner seien "nicht die einzigen, die nicht eingeladen worden sind" gewesen, auch Tatra und eine weitere Gruppe aus Deutschland seien nicht eingeladen worden.

Die MAN-Aktie gab am Freitag im XETRA-Handel letztlich um 1,08 Prozent auf 55,10 Euro nach.

(Schluss) lek/tsk

APA

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Bildquelle: MAN

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