09.03.2020 09:56:43

MÄRKTE EUROPA/Panikartige Verkäufe - Ölaktien teils im freien Fall

Von Steffen Gosenheimer

FRANKFURT (Dow Jones)--Zu dramatischen Kursverlusten kommt es am Montag an den Aktienmärkten in Europa. Zu den immer beunruhigenderen Nachrichten rund um die Coronavirus-Epidemie ist am Wochenende noch ein drohender Preiskrieg am Ölmarkt gekommen. Darauf brachen die Ölpreise phasenweise um über 30 Prozent ein.

Der DAX knickt um 5,9 Prozent ein auf 10.855 Punkte, der Euro-Stoxx-50 um 6,3 Prozent auf 3.021 Punkte. Beide zeigen sich damit von noch deutlich tieferen Kursen im ganz frühen Handel schon ein ganzes Stück erholt. Am besonders im Blick stehenden italienischen Aktienmarkt bricht das Marktbarometer um 11 Prozent ein. Bereits in Asien waren die Börsen teils massiv abgestürzt und die Futures auf die US-Aktienindizes signalisieren ein Minus 5 Prozent. Allerdings liegt dort auch eine Volatilitätsunterbrechung.

Bei den Branchen sackt der Index der Öl- und Gasaktien um 14 Prozent ab, der Index der Rohstoffaktien um 10,1 Prozent. Am besten schlagen sich wie üblich in Krisenzeiten sogenannte defensive Sektoren wie Nahrungsmittelherstellung und Pharma. Aber auch hier geht es um jeweils über 3 Prozent abwärts.

Gesucht sind sichere Häfen, allen voran Anleihen. Die deutsche Zehnjahresrendite ist auf ein Rekordtief von minus 0,84 Prozent gefallen. Am Devisenmarkt legen der Franken und insbesondere der Yen zu. Der Dollar kostet nur noch 102,69 Yen nach 105,40 am Freitag. Das ist der höchste Yen-Kurs seit Herbst 2016. Auf der anderen Seite bricht der Rubel um über 9 Prozent ein.

Saudi-Arabien zettelt Preiskrieg an

Das Barrel Brent-Öl kostet aktuell 36,00 Dollar, das sind 9,27 Dollar bzw gut 20 Prozent weniger als am Freitag. Im Tief war es schon für knapp über 31 Dollar zu haben. Am Freitag waren die Ölpreise bereits um rund 10 Prozent eingebrochen, weil sich die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) nicht mit ihren Verbündeten, allen voran Russland, auf eine Förderkürzung hatte einigen können. Saudi-Arabien hat deswegen nun entschieden, die Produktion trotz der Bedrohung der Nachfrage durch das Coronavirus stark zu erhöhen. Damit steht ein Preiskrieg am Ölmarkt ins Haus.

Kreisen zufolge soll Saudi-Arabien planen, die tägliche Ölförderung um 10 bis 11 Millionen Barrel auszuweiten. Am Donnerstag hatten sich zwar die Opec-Minister auf einen Produktionsrückgang um 1,0 Millionen Barrel verständigt, dies jedoch von der Zustimmung von Russland abhängig gemacht, im Verein mit den anderen Nicht-Opec-Alliierten seinerseits die Produktion um 500.000 Barrel pro Tag zu reduzieren.

Angst vor Coronavirus nimmt noch zu

Für massive Verunsicherung sorgt die großflächige Quarantäne in Italien. Davon betroffen ist besonders der Norden Italiens und damit das Wirtschaftszentrum des Landes.

Zum Stimmungsbild passt, dass in China die Exporte von Januar bis Februar gegenüber dem Vorjahr um 17,2 Prozent eingebrochen sind und damit noch etwas stärker als ohnehin befürchtet. Dies schürt die bereits ausgeprägten Sorgen vor Störungen der Lieferketten weiter.

Als eine weitere nicht zu unterschätzende Bedrohung für die Börsen werten Händler die sich wegen der Ölpreisentwicklung anbahnende Krise an den globalen Kreditmärkten. "Die Nullzinspolitik hat Anleger in die High-Yield-Anleihen gedrängt, aber die werden dominiert von Ölunternehmen mit wackligen Bilanzen", meint ein Händler. Der Ölpreisabsturz dürfte die geplanten Cashflows der Gesellschaften zerstören und damit auch die Deckung ihrer Zinszahlungen zum Einsturz bringen.

Der Panikansturm auf US-Staatsanleihen sei ein Zeichen dafür, dass große Investoren versuchten, ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Ein Abrutschen der Hochzinsanleihen dürfte auch Versicherer und Vermögensverwalter unter Druck bringen. In den USA gelten Ölunternehmen als eine der größten Emittentengruppen am Hochzins-Kreditmarkt mit einem Anteil von rund 12 Prozent.

Unternehmensnachrichten gehen unter

Nachrichten von Unternehmen gehen in dieser Gemengelage naturgemäß unter. Gegen den Markt stemmen sich Vopak mit einem Plus von 1,1 Prozent. Vopak ist ein niederländischer Lagerbetreiber, der von den Verwerfungen am Ölmarkt profitiert. Je größer die Preisdifferenzen zwischen kurz- und langlaufenden Ölkontrakten, desto attraktiver ist für Vopak-Kunden die Einlagerung von physischem Öl.

Aktienindex zuletzt +/- % absolut +/- % YTD

Euro-Stoxx-50 3.011,84 -6,81 -220,23 -19,58

Stoxx-50 2.829,18 -6,17 -186,02 -16,86

DAX 10.783,32 -6,57 -758,55 -18,61

MDAX 23.340,40 -5,70 -1410,37 -17,56

TecDAX 2.664,65 -5,66 -159,89 -11,62

SDAX 10.423,06 -5,70 -630,04 -16,69

FTSE 5.966,75 -7,67 -495,80 -14,32

CAC 4.782,92 -6,93 -356,18 -19,99

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite -0,84 -0,12 -1,08

US-Zehnjahresrendite 0,47 -0,29 -2,21

DEVISEN zuletzt +/- % Mo, 8:49 Fr, 17:10 % YTD

EUR/USD 1,1400 +0,18% 1,1462 1,1325 +1,7%

EUR/JPY 116,71 -1,14% 116,99 119,20 -4,3%

EUR/CHF 1,0571 -0,01% 1,0572 1,0600 -2,6%

EUR/GBP 0,8666 -0,33% 0,8685 0,8689 +2,4%

USD/JPY 102,40 -1,36% 102,01 105,27 -5,9%

GBP/USD 1,3151 +0,49% 1,3199 1,3035 -0,8%

USD/CNH (Offshore) 6,9522 +0,33% 6,9449 6,9333 -0,2%

Bitcoin

BTC/USD 7.989,51 -2,25% 7.911,72 9.042,05 +10,8%

ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 32,10 41,28 -22,2% -9,18 -46,9%

Brent/ICE 35,96 45,27 -20,6% -9,31 -44,4%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.673,74 1.696,06 -1,3% -22,33 +10,3%

Silber (Spot) 16,96 17,55 -3,4% -0,59 -5,0%

Platin (Spot) 873,20 894,85 -2,4% -21,65 -9,5%

Kupfer-Future 2,47 2,56 -3,7% -0,10 -12,0%

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/DJN/gos/cln

(END) Dow Jones Newswires

March 09, 2020 04:57 ET (08:57 GMT)

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