21.04.2020 18:17:48

MÄRKTE EUROPA/Ölpreis-Crash schwappt auf Aktien über

Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Turbulenzen an den Ölmärkten haben am Dienstag zunehmend auf die Aktienmärkte übergegriffen. Der DAX verlor 4 Prozent auf 10.250 und der Euro-Stoxx-50 büßte 4,1 Prozent auf 2.791 Punkte ein. Alle Branchenindizes in Europa schlossen mehr oder weniger stark im Minus. Am besten hielt sich mit einem Minus von 1,1 Prozent noch der Stoxx-Index der Pharmatitel.

Am Ölmarkt brachen nun auch die Preise für die längerlaufenden Terminkontrakte ein, und zwar nicht nur auf US-Öl der Sorte WTI, sondern auch auf die Nordseesorte Brent. So verlor der Kontrakt zur Lieferung im Februar 2021 zeitweise mehr als 10 Prozent. "Der Ölmarkt glaubt offensichtlich nicht mehr an eine deutliche Erholung der Wirtschaft und damit der Ölnachfrage im zweiten Halbjahr", sagte ein Händler. Das sei ein schlechtes Zeichen für die Aktienmärkte.

Am Vortag war US-Öl zur Lieferung im Mai erstmals überhaupt im Minus gehandelt worden - phasenweise sogar mit rund 40 Dollar je Barrel. Grund waren Sorgen, die bereits vollen Lager könnten weitere Lieferungen derzeit nicht mehr aufnehmen. Trotzdem war der Markt da noch der Meinung, die Situation werde sich im zweiten Halbjahr mit einer Konjunkturerholung wieder durchgreifend bessern. Diese Erwartung wurde nun stark gedämpft.

Der Index der Öl-und Gaswerte fiel um 4,3 Prozent. Damit schloss er allerdings immer noch rund 25 Prozent über den Crash-Tiefs vom März - ein Zeichen, dass nach wie vor auch noch Marktteilnehmer an eine Erholung glauben. Noch schlechter schnitt der Index der Rohstofftitel ab, er brach um 5,9 Prozent ein. Und der Index der Bankenwerte verlor 4,9 Prozent. Hier befürchteten Marktteilnehmer, dass Kredite an die Ölindustrie wackeln könnten. Der Index der Technologie-Aktien fiel um 5,3 Prozent, hier wurden nach der starken Erholung der vergangenen Wochen Gewinne mitgenommen.

Auch ein deutlich verbesserter ZEW-Konjunkturindex in Deutschland konnte den Märkten nicht helfen. Der von Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobene Index stieg auf 28,2 Punkte von minus 49,5 im Vormonat. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte hatten lediglich einen Anstieg auf minus 41,0 vorausgesagt.

Nach Ansicht der Finanzmarktteilnehmer könne die Situation offenbar nur noch besser werden, interpretierten die Marktstrategen der Helaba. Es gelte allerdings zu berücksichtigen, dass der Anstieg der Erwartungen auf einem dramatischen Einbruch der Lageeinschätzungen fuße. Diese sei in den vergangenen drei Monaten um mehr als 80 Punkte auf das tiefste Niveau seit der Finanzkrise gefallen.

SAP-Führungswechsel wirft Fragen auf

Etwas im Hintergrund schwelte in dieser Gemengelage noch die langsam Fahrt aufnehmende Berichtssaison der Unternehmen. Die endgültigen Geschäftszahlen von SAP lagen zwar weitgehend im Rahmen der Erwartungen. Für mehr Gesprächsstoff sorgte aber, dass der Software-Riese die Doppelspitze nach gut einem halben Jahr schon wieder aufgibt. Mit Jennifer Morgan verliert zudem auch der DAX seine derzeit einzige Vorstandschefin. Der Kurs fiel um 6,6 Prozent, noch stärker gaben im DAX nur Infineon, MTU und Volkswagen nach.

Gewinner Nummer eins im DAX waren Wirecard mit einem Plus von 0,7 Prozent. Die Deutsche Bank hatte Wirecard auf eine Liste ihrer Meinung nach interessanter Titel gesetzt. Beiersdorf konnten sich mit einem Plus von 0,2 Prozent gut behaupten, das Unternehmen gilt als vergleichsweise konjunkturunabhängig.

Danone hat im ersten Quartal dank Hamsterkäufen den Umsatz zwar gesteigert, wegen der unsicheren Geschäftsauswirkungen durch die Coronavirus-Pandemie die Prognose für das Gesamtjahr aber zurückgezogen. Die Aktie verbilligte sich um 1,5 Prozent. Die Entscheidung des französischen Einzelhandelskonzerns Carrefour, den Dividendenvorschlag zu halbieren, wurde mit einem Kursminus von 1,6 Prozent quittiert.

Sartorius auf Rekordkurs

Die Erstquartalszahlen von Sartorius haben den Markt überzeugt. Die Aktie stieg um 5,1 Prozent und markierte neue Rekordkurse. Sowohl operatives Ergebnis wie Umsatz seien besser ausgefallen als erwartet, hieß es. Drägerwerk litten unter einer Kapitalerhöhung, die das mit der Corona-Krise stark in den Blickpunkt geratene Medizintechnikunternehmen am Vorabend im Schnellverfahren durchgeführt hatte. Drägerwerk verloren 7,7 Prozent.

Trotz der gestrichenen Prognose gerieten Wacker Neuson nicht mehr stärker unter Druck. Der Kurs fiel zwar um 4,4 Prozent auf 10,84 Euro. Der Umsatz an der Börse war aber niedrig. Zudem hielt sich der Kurs deutlich über dem Crash-Tief aus dem März bei 7,80 Euro. Da hatte sich der Kurs verglichen mit dem Stand vom Januar 2018 geviertelt, laut Händlern ein Zeichen, das die Baisse zu Ende sein könnte.

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Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung

stand absolut in % seit

Jahresbeginn

Euro-Stoxx-50 2.791,34 -118,16 -4,1% -25,5%

Stoxx-50 2.755,56 -101,75 -3,6% -19,0%

Stoxx-600 324,31 -11,39 -3,4% -22,0%

XETRA-DAX 10.249,85 -426,05 -4,0% -22,6%

FTSE-100 London 5.647,29 -165,54 -2,8% -22,9%

CAC-40 Paris 4.357,46 -170,84 -3,8% -27,1%

AEX Amsterdam 495,76 -17,00 -3,3% -18,0%

ATHEX-20 Athen 1.417,58 -42,24 -2,9% -38,3%

BEL-20 Brüssel 2.908,09 -113,75 -3,8% -26,5%

BUX Budapest 31.582,31 -1345,16 -4,1% -31,5%

OMXH-25 Helsinki 3.370,56 -91,07 -2,6% -20,2%

ISE NAT. 30 Istanbul 115.529,83 -1938,38 -1,7% -16,8%

OMXC-20 Kopenhagen 1.155,50 -6,96 -0,6% +1,7%

PSI 20 Lissabon 4.129,50 -93,56 -2,3% -22,6%

IBEX-35 Madrid 6.634,90 -196,60 -2,9% -30,5%

FTSE-MIB Mailand 16.450,85 -613,29 -3,6% -27,4%

RTS Moskau 1.012,15 -56,17 -5,3% -34,7%

OBX Oslo 663,99 -13,09 -1,9% -21,3%

PX Prag 830,16 -16,52 -2,0% -25,6%

OMXS-30 Stockholm 1.507,61 -33,55 -2,2% -14,9%

WIG-20 Warschau 1.573,44 -66,62 -4,1% -26,8%

ATX Wien 1.994,63 -66,47 -3,2% -33,9%

SMI Zürich 9.547,85 -237,42 -2,4% -10,1%

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite -0,48 -0,03 -0,72

US-Zehnjahresrendite 0,56 -0,04 -2,12

DEVISEN zuletzt +/- % Di, 8:32 Mo, 17:28 % YTD

EUR/USD 1,0857 -0,11% 1,0845 1,0874 -3,2%

EUR/JPY 116,93 -0,07% 116,58 117,11 -4,1%

EUR/CHF 1,0522 +0,05% 1,0517 1,0516 -3,1%

EUR/GBP 0,8863 +1,45% 0,8735 0,8729 +4,7%

USD/JPY 107,70 +0,05% 107,48 107,70 -1,0%

GBP/USD 1,2250 -1,54% 1,2417 1,2457 -7,6%

USD/CNH (Offshore) 7,1015 +0,13% 7,0936 7,0822 +1,9%

Bitcoin

BTC/USD 6.835,26 -0,26% 6.891,01 7.084,26 -5,2%

ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 4,05 -37,63 +110,8% 41,68 -93,3%

Brent/ICE 19,55 25,57 -23,5% -6,02 -69,5%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.679,82 1.694,20 -0,8% -14,38 +10,7%

Silber (Spot) 14,87 15,40 -3,4% -0,53 -16,7%

Platin (Spot) 749,45 774,35 -3,2% -24,90 -22,3%

Kupfer-Future 2,24 2,32 -3,5% -0,08 -20,2%

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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/flf

(END) Dow Jones Newswires

April 21, 2020 12:18 ET (16:18 GMT)

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