20.06.2023 12:32:40

MÄRKTE EUROPA/Leichter - Lanxess schockt die Börse

Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Eine Gewinnwarnung des Chemieunternehmens Lanxess schockt am Dienstag die Marktteilnehmer. Die Aktie des MDAX-Unternehmens bricht um 17 Prozent ein. Im DAX fallen in diesem Sog BASF um 3 und Covestro um 4,9 Prozent, in Amsterdam verlieren Akzo Nobel 3,1 und DSM knapp 2 Prozent, in Zürich geben Sika 3,1 Prozent ab. Weil die von Lanxess ausgesendete Schockwelle nur die zyklische Chemie betrifft und weniger konjunkturunabhängigere Branchenwerte wie Air Liquide (-0,3%) oder Symrise (-0,8%), hält sich der europäische Stoxx-Chemieindex noch relativ gut. Trotzdem stellt er mit einem Minus von 1,8 Prozent das Schlusslicht unter den Branchenindizes. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass er am Vortag schon gut 2 Prozent eingebüßt hatte. Der DAX fällt um 0,6 Prozent auf 16.098 Punkte, der Euro-Stoxx-50 gibt um 0,4 Prozent nach.

Nachdem zum Wochenbeginn schon Sartorius den Gesundheitssektor mit einer Umsatzwarnung belastete, ist nun mit Lanxess die konjunkturabhängige Chemie betroffen: "Es wirkt ein bisschen, als fällt ein Dominostein nach dem nächsten", sagt ein Händler. Der Markt habe die Dynamik des Abrutschens Deutschlands in die Rezession unterschätzt.

Insbesondere das Ausmaß der Gewinnwarnung des Spezialchemieunternehmens überrascht. Lanxess erwartet nur noch ein bereinigtes operatives Ergebnis von 600 bis 650 Millionen Euro nach bislang 850 bis 950 Millionen. Das liegt deutlich auch unterhalb der schon gesunkenen Konsenserwartung am Markt und Analysten wie die von Warburg halten selbst das gesenkte Ziel für schwer erreichbar. Lanxess spricht von schwacher Nachfrage vor allem aus der Bau- und Elektroindustrie und ist auch im Ausblick skeptisch.

Aktuelle Daten untermauern die Sorgen vor einer Konjunkturschwäche. Der Auftragsbestand in der deutschen Industrie ist im April gefallen und die Erzeugerpreise lagen im Mai nur noch 1 Prozent über dem Vorjahr, während ein Plus von 1,7 Prozent erwartet wurde, verglichen mit noch 4,1 Prozent im April. Dazu tragen zwar niedrigere Energiepreise bei, es deute aber auch auf Nachfrageschwäche hin, heißt es im Handel. Angesichts einer laut Umfragen gefühlten Inflation der Bundesbürger von rund 18 Prozent überrascht deren Konsumzurückhaltung nicht.

Zinssenkung in China setzt keinen Impuls

Dass Chinas Notenbank den Referenzzins für Bankkredite (LPR) an Unternehmen und Haushalte um 10 Basispunkte gesenkt hat, verpufft weitgehend. Darüber wurde bereits seit Tagen spekuliert. Dazu hatten einige Marktteilnehmer wohl auch auf eine stärkere Senkung spekuliert angesichts der an Dynamik verlierenden Erholung in China.

China steht unterdessen auch politisch im Fokus mit den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. In Berlin treffen sich Bundeskanzler Scholz und Chinas Premier Li. Für die Börsen hat dies abgesehen von den wichtigen Wirtschaftsbeziehungen auch Relevanz vor dem Hintergrund der zunehmenden Kritik an chinesischen Unternehmensbeteiligungen. Zuletzt hat die italienische Regierung beim Reifenhersteller Pirelli (-0,8%) den Einfluss des chinesischen Staatsunternehmens Sinochem als Großaktionär eingeschränkt.

Sanofi nach Urteil sehr fest

Neben den Chemiewerten stehen konjunkturabhängige Rohstoffaktien unter Druck, ihr Stoxx-Branchenindex fällt um 1,8 Prozent. Der Index der Autotitel gibt 1,4 Prozent ab. Dagegen steigen der Index der Versorger um 0,5 Prozent und der Index der Pharmaaktien um 0,4 Prozent.

Hier gewinnen Sanofi 2,9 Prozent, nachdem ein Schiedsgericht zugunsten des französischen Pharmaunternehmens gegen Boehringer entschieden hat. Sanofi muss nicht für eventuelle finanzielle Forderungen von Klägern in den USA aufkommen, die wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Medikament Zantac gegen Sodbrennen erhoben wurden.

Im DAX ziehen MTU um weitere 1,1 Prozent an und Airbus um 0,7 Prozent. Bei den Versorgern gewinnen RWE 0,9 und Eon 0,7 Prozent.

Dämpfer für die Spekulation um Software AG

Im MDAX fallen Software AG um 1,7 Prozent auf 31,70 Euro. Bain Capital hat im Übernahmekampf um das Softwarehaus das Handtuch geworfen und dient seine Aktien Silver Lake an, die 32 Euro je Aktie bietet. Mit der Andienung schwinde die Hoffnung aus dem Markt, dass Silver Lake das Gebot noch einmal anheben könnte, sagt ein Teilnehmer.

Für UBS geht es um 1,3 Prozent nach unten. Der Markt schließt mögliche Strafzahlungen im Zusammenhang mit der Pleite des Vermögensverwalters Archegos Capital nicht aus. Die Credit Suisse, die vergangene Woche formell von der konkurrierenden UBS übernommen wurde, hatte wegen Archegos den größten Handelsverlust in ihrer 167-jährigen Geschichte erlitten.

Aktienindex zuletzt +/- % absolut +/- % YTD

Euro-Stoxx-50 4.344,40 -0,4% -17,98 +14,5%

Stoxx-50 3.995,45 -0,2% -6,19 +9,4%

DAX 16.097,81 -0,6% -103,39 +15,6%

MDAX 26.718,42 -1,7% -464,66 +6,4%

TecDAX 3.175,99 -0,9% -30,18 +8,7%

SDAX 13.426,70 -1,1% -156,08 +12,6%

FTSE 7.588,89 +0,0% 0,41 +1,8%

CAC 7.290,61 -0,3% -23,44 +12,6%

DEVISEN zuletzt +/- % Di, 8:34 Mo, 17:30 % YTD

EUR/USD 1,0932 +0,1% 1,0928 1,0927 +2,1%

EUR/JPY 154,78 -0,2% 155,22 155,00 +10,3%

EUR/CHF 0,9806 +0,2% 0,9795 0,9789 -0,9%

EUR/GBP 0,8564 +0,3% 0,8550 0,8539 -3,2%

USD/JPY 141,59 -0,2% 142,04 141,83 +8,0%

GBP/USD 1,2767 -0,2% 1,2781 1,2797 +5,6%

USD/CNH (Offshore) 7,1834 +0,3% 7,1731 7,1643 +3,7%

Bitcoin

BTC/USD 26.784,99 +0,1% 26.814,88 26.401,12 +61,4%

ROHOEL zuletzt VT-Settlem. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 72,09 71,78 +0,4% +0,31 -9,7%

Brent/ICE 76,82 76,09 +1,0% +0,73 -8,3%

GAS VT-Settlem. +/- EUR

Dutch TTF 37,20 34,90 +6,6% +2,30 -56,2%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.951,03 1.947,64 +0,2% +3,39 +7,0%

Silber (Spot) 23,80 23,93 -0,5% -0,12 -0,7%

Platin (Spot) 968,68 978,35 -1,0% -9,68 -9,3%

Kupfer-Future 3,86 3,89 -0,6% -0,03 +1,3%

YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/gos

(END) Dow Jones Newswires

June 20, 2023 06:32 ET (10:32 GMT)

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