14.01.2015 16:15:35

Lockerung des Stabilitätspaktes: Berlin pocht auf Verlässlichkeit

   Von Stefan Lange

   BERLIN--Die Bundesregierung stemmt sich gegen eine Lockerung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes. "Aus Sicht der Bundesregierung ist es wichtig, dass die Glaubwürdigkeit, die Verlässlichkeit des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gewährleistet bleibt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Auch die Steuerungswirkung des Paktes müsse erhalten bleiben. "Das gilt eben auch für die anstehenden Entscheidungen in den laufenden Überwachungsverfahren. Dafür wird sich die Bundesregierung auch weiterhin einsetzen", sagte Seibert. Er reagierte damit auf Pläne der EU-Kommission, die auf eine Lockerung des Paktes und seiner Defizitregeln hinauslaufen.

   Die Kommission habe mitgeteilt, "wie sie die Flexibilität im Rahmen der bestehenden Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes im Einzelnen anwenden und wie sie diese auslegen will", sagte Seibert. Die Bundesregierung und alle anderen Mitgliedstaaten müssten das jetzt sorgfältig analysieren. "Es wird ja sicherlich von der Kommission und den einschlägigen Gremien noch weiter erörtert werden", erklärte Seibert.

   Das Bundesfinanzministerium betonte, an der am Dienstagabend verkündeten Entscheidung der Kommission sei wichtig, dass nicht das Regelwerk des Stabilitäts- und Wachstumspaktes geändert worden sei. Die Kommission als "Hüterin der Verträge " habe lediglich klargestellt, wie sie die Regeln des Paktes künftig auslegen wolle, sagte Ministeriumssprecher Martin Jäger.

   Es gehe im Kern um zwei Themen, stellte Jäger klar. "Das eine ist der Frage: Wie halten wir es mit der Anrechnung der Berücksichtigung von Investitionen". Es gebe ja schon heute eine Investitionsklausel im Pakt, diese sei nun "ausgeweitet worden". Die vorgeschlagenen Einmalzahlungen in den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) hinein, "halten wir im Grundsatz für zweckdienlich", sagte der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Es müsse aber darum gehen, die in Aussicht gestellte Summe von bis zu 315 Milliarden Euro zunächst mit konkreten, umsetzbaren Projekten zu unterlegen. Erst in einem nächsten Schritt "wird man drüber nachdenken können, ob Mitgliedstaaten sich mit eigenen Beiträgen zu beteiligen haben."

   Der Fonds ist das Herzstück der von Präsident Jean-Claude Junckers forcierten Investitionsoffensive, über die mindestens 315 Milliarden Euro für private und öffentliche Investitionen in der EU mobilisiert werden sollen. Gefördert werden nach Angaben der Kommission insbesondere strategische Investitionen, zum Beispiel in Breitband- und Energienetze, sowie kleinere Unternehmen mit weniger als 3.000 Beschäftigten.

   Jäger sagte weiter, zweitens gehe es darum, inwieweit man Strukturreformen der einzelnen Mitgliedstaaten bei der Defizitberechnung berücksichtige. "Auch das ist heute schon Teil des Regelwerks", erklärte er. Die Auslegung der Kommission, dies künftig auch im korrektiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakets anzuwenden, sei "im Grundsatz sicher eine Option. Dabei muss allerdings klar sein, dass wir hier über umgesetzte, und nicht über beabsichtige Reformen reden", betonte Jäger. "Es zählt die Umsetzung und nicht die Ankündigung."

   Die letzte Entscheidung über die Anwendung der Regeln bleibe ohnehin "immer bei den Mitgliedstaaten", machte Jäger klar.

   Hintergrund sind am Dienstag bekannt gewordene Pläne der Kommission, mit denen Brüssel den Druck auf ihre Mitglieder lockern will. Das Haushaltsdefizit eines Mitgliedslandes soll zwar weiterhin nicht mehr als 3 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen dürfen. Wenn die betroffenen Länder aber unter anderem "strukturelle Reformen" verabschieden, dürfen sie davon abweichen.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

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   January 14, 2015 10:12 ET (15:12 GMT)

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