01.03.2022 18:40:40

Lindner will Neuaufstellung der deutschen Energiepolitik

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner hat aufgrund des Krieges in der Ukraine für eine Neuaufstellung der deutschen Energiepolitik plädiert. Im Interview mit dem Handelsblatt schlug er mehr Kohleverstromung vor, einen noch schnelleren Ökostromausbau als ohnehin bereits geplant sieht er skeptisch. "Wir sollten unsere Energiestrategie auf den Prüfstand stellen", forderte Lindner. Die Abhängigkeit vom russischen Gas könne durch den "Einsatz von Energie aus Kohle" verringert werden, was "naheliegender" sei als ein Ausstieg aus dem Atomausstieg.

"Ein modifizierter Ausstiegsplan aus der Kernenergie" dürfe aber ebenfalls "kein Denktabu sein", sagte Lindner im Handelsblatt.

Für den nächsten Winter bringe das zwar nichts, da Brennstoff fehlt und Sicherheitsauflagen neu geprüft würden. "Aber nach einer Pause könnten die Anlagen einen Beitrag leisten. Wenn Herr Habeck das vorschlägt, werden wir es prüfen", so Lindner mit Verweis auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Habeck hat sich jüngst aber auf einen Import von Flüssiggas aus vorwiegend arabischen Ländern stark gemacht und stand einer Verlängerung der Laufzeit der Atom- und Kohlekraftwerken skeptisch gegenüber.

Lindner sagte im Handelsblatt, dass ein modifizierter Ausstiegsplan bei der Kernenergie bei ihm allerdings keine Begeisterung auslöse, "weil die privaten Betreiber sich das gewiss teuer bezahlen lassen würden".

Zudem müsse Deutschland Gas aus anderen Quellen beziehen. "Ich halte es inzwischen für fragwürdig, dass wir im Koalitionsvertrag neue Gasförderung in der Nordsee ausgeschlossen haben. Mit unseren europäischen Partnern sollten wir das neu diskutieren", sagte Lindner, der auch FDP-Chef ist.

Einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien hält Lindner dagegen nicht für realistisch. Die jetzigen Pläne seien "schon äußerst ambitioniert. Eine weitere Beschleunigung stößt an Grenzen", sagte Lindner. Daran ändere auch der Einsatz von mehr Geld nichts. "Es besteht die Hoffnung, dass man dies alles mit Steuergeld überwinden kann. Diese Hoffnung ist trügerisch." Auch mit Geld könne man physikalische Grenzen und Kapazitätsengpässe nicht aufheben, so Lindner.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/jhe

(END) Dow Jones Newswires

March 01, 2022 12:40 ET (17:40 GMT)

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