Nach Fusion |
05.06.2019 14:51:00
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Linde-Aktie: Das Traditionsunternehmen wird amerikanisch
DAS IST LOS BEI LINDE:
Nach jahrelangem Bemühen konnte sich die Münchener Linde mit Praxair zum weltgrößten Gasekonzern zusammenschließen und damit den französischen Konkurrenten Air Liquide, der sich mit dem Zukauf der US-Firma Airgas 2016 zwischenzeitlich auf den ersten Platz vorgeschoben hatte, wieder überholen. Allerdings mussten beide Konzerne sich aufgrund von Kartellauflagen von milliardenschweren Geschäftsteilen trennen. Die neue Linde beschäftigt weltweit 80 000 Mitarbeiter, davon rund 7000 in Deutschland. Hauptaktionäre der Linde plc sind angelsächsische Investoren.
Das neue Unternehmen heißt zwar nach wie vor Linde, doch der ehemalige Praxair-Chef Steve Angel, der weiter aus Danbury im US-Bundesstaat Connecticut arbeitet, führt den Gasekonzern nach amerikanischem Stil. Die neue Linde schüttet typisch amerikanisch jedes Quartal eine Dividende an seine Aktionäre aus und bilanziert in US-Dollar.
Angel startete jüngst den zweiten Aktienrückkauf. Der Konzern will auf diese Weise in den nächsten zwei Jahren bis zu sechs Milliarden Dollar an seine Aktionäre zurückgeben. Linde schüttet damit den größten Teil der Erlöse aus dem Verkauf von Unternehmensteilen aus, die die Kartellbehörden im Zuge des Zusammenschlusses mit dem US-Rivalen Praxair erzwungen hatten. Beim ersten Rückkauf erwarb das Unternehmen Aktien in Höhe von einer Milliarde Dollar.
Rückendeckung bekommt der Chef der neuen Linde vom langjährigen Linde-Vorstandschef und späteren Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle, der jetzt Verwaltungsratschef beim neuen Weltmarktführer ist. Er hatte die Fusion gegen den heftigen Widerstand der Arbeitnehmer im Linde-Aufsichtsrat durchgeboxt.
Nach einem Gewinnplus im Auftaktquartal zeigte sich der Industriegase-Konzern bei Vorlage von Zahlen im Mai zuversichtlicher für das Gesamtjahr. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie (EPS) soll 2019 im Jahresvergleich nun um 9 bis 13 Prozent zulegen. Zuvor war Linde von einem Plus von 8 bis 12 Prozent ausgegangen, nach einem bereinigten Gewinn je Aktie von 6,19 Dollar im Jahr 2018. Zum Gewinnplus sollen unter anderem Synergien aus der Fusion beitragen. In den Jahren 2019 bis 2022 sollen diese mindestens 1,1 Milliarden US-Dollar betragen.
Sollten sich die konjunkturellen Rahmenbedingungen nicht ändern, dann sehe man sich am oberen Ende der Prognose, sagte Finanzchef Matt White während einer Telefonkonferenz mit Analysten. Allerdings warnte Unternehmenschef Steve Angel gleichzeitig vor einem schwächeren zweiten Halbjahr aufgrund einer schwächeren Entwicklung in Europa.
In den ersten drei Monaten legte der bereinigte Gewinn je Aktie (EPS) auf vergleichbarer Basis ("Pro Forma") im Jahresvergleich um 12 Prozent auf 1,69 Dollar zu. Im bereinigten Gewinn sind unter anderem Kosten für den Zusammenschluss nicht enthalten. Der Umsatz verharrte hingegen aufgrund negativer Währungseffekte wegen des starken US-Dollar mit 6,9 Milliarden Dollar auf dem Niveau des Vorjahres. Bisher legte das fusionierte Unternehmen nur Eckdaten auf Pro-forma-Basis vor.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Von den 14 bei dpa-AFX gelisteten Experten empfehlen acht die Anteilsscheine zum Kauf. Vier Analysten sprechen sich dafür aus, die Papiere zu halten. Zweimal lautet lautet der Rat, die Aktie zu verkaufen.
Der Industriegasekonzern ist laut Analyst Peter Spengler von der DZ Bank solide ins Jahr gestartet. Die starke Marktposition von Linde in den USA zahle sich aktuell aus, da Europa durch das schwache gesamtwirtschaftliche Umfeld negativer betroffen sei. Spengler sieht durch die geplanten Aktienrückkäufe und Kostensynergien steigende operative Margen und hohes Gewinnwachstum bis 2021. Analyst Geoff Haire von der Schweizer Großbank UBS zufolge könnten Kostensenkungen und ein gutes organisches Wachstum den Gewinn je Aktie des Industriegasekonzerns steigen lassen.
Linde dürfte in den nächsten Quartalen noch einige Themen klären, die die Bedenken der Anleger im Bezug auf die Bewertung ausräumen sollten, so Laurence Alexander von Jefferies. Dabei verwies er unter anderem auf Fortschritte bei der Integration, Kosteneinsparungen und Portfoliooptimierung. Mit den zuletzt gewonnen Aufträgen rechnet der Experte mit einer Umsatzrendite von rund acht Prozent bis 2023. Dies entspreche einer EPS-Rendite von 14 Prozent jährlich.
Das Analysehaus Pareto Securities rät, die Linde-Aktie angesichts des "exzessiven Bewertungsaufschlags" zur globalen Nummer Zwei Air Liquide zu verkaufen. Die Kursentwicklung sei getrieben durch anhaltende Aktienrückkäufe, schrieb Analyst Knud Hinkel. Er tue sich schwer mit einer Verkaufsempfehlung für Papiere eines fundamental starken Unternehmens. In diesem Fall sei jedoch eine deutlich günstigere Alternative verfügbar.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Seit Ende Oktober wird die Aktie des fusionierten Unternehmens Linde Plc im Dax gehandelt. Der Anteilschein konnte seit seinem Tief im Dezember bei 130,75 Euro wieder deutlich zulegen und nähert sich wieder dem Rekordhoch bei 170,25 Euro im Mai.
Linde plc ist in New York und in Frankfurt an der Börse und nach SAP beim Börsenwert von rund 92 Milliarden Euro die Nummer zwei im DAX.
/mne/eas/fba
DUBLIN/GUILDFORD (dpa-AFX)
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