20.06.2022 15:22:40
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Lagarde bekräftigt Willen der EZB zur Begrenzung der Renditeabstände
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat den Willen der Europäischen Zentralbank bekräftigt, den Abstand zwischen den Renditen einzelner Euro-Staatsanleihen (Spread) zu begrenzen. Zu Beginn einer Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments sagte Lagarde laut veröffentlichtem Redetext: "Die Pandemie hat dauerhafte Schwachstellen in der Wirtschaft des Euroraums hinterlassen, die in der Tat zu einer ungleichmäßigen Übertragung der Normalisierung unserer Geldpolitik auf die verschiedenen Länder beitragen."
Dem wolle man mit einer "flexiblen Reinvestition der Tilgungsbeträge fällig gewordener und im Rahmen des PEPP erworbener Anleihen begegnen. Zudem bereite man ein neues Anleihekaufprogramm vor, mit dem eine "Fragmentierung" des Euroraums verhindert werden könne. Lagarde verwendete dabei exakt die Formulierung des Beschlusses, den der EZB-Rat nach seiner außerordentlichen Sitzung am 15. Juni gefasst hatte.
Staaten mit höherer Verschuldung müssen Investoren in der Regel eine höhere Rendite bieten als weniger verschuldete Staaten. Die Investoren lassen sich damit das höhere Risiko bezahlen, dass der Staat seine Anleiheschulden nicht bedienen kann. Die EZB möchte nach eigener Aussage aber verhindern, dass solche Renditeanstiege außer Kontrolle geraten und über das von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gerechtfertigte Maß hinausgehen.
Allerdings ist umstritten, wie hoch die "fairen Spreads" gegenüber den als besonders sicher geltenden Bundesanleihen sind. So hatte das italienische EZB-Ratsmitglied Ignazio Visco in der vergangenen Woche gesagt, dass er einen Spread von 200 Basispunkten bei zehnjährigen Staatsanleihen für zu hoch halte - es sollten weniger als 150 Basispunkte sein. Während der Dauer der 2015 begonnenen EZB-Nettoanleihekäufe hatte der Spread im Schnitt bei 140 Basispunkten gelegen.
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