03.11.2023 11:00:29

Kronberger Kreis: Industriestratgie des BMWi nicht überzeugend

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die wirtschaftsliberalen Ökonomen des Kronberger Kreises haben die neue Industriestrategie des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) als nicht überzeugend kritisiert und Reformen zur Verbesserung des Industrie- und Wirtschaftsstandorts Deutschland gefordert. "Die aktuellen Probleme der deutschen Industrie gefährden die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und den künftigen Wohlstand, da hierzulande viele Dienstleistungen eng mit der Industrie verbunden sind", erklärte der Sprecher des Kronberger Kreises, Lars Feld.

Zwar würden auf politischer Seite zunehmend die richtigen Herausforderungen benannt, doch liege mit der neuen Industriestrategie des Wirtschaftsministers weiterhin kein überzeugendes Konzept vor, um die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu steigern. Eine konsistente Agenda zur Verbesserung der Standortbedingungen muss sich nach Aussage des Kreises auf folgende sieben Punkte konzentrieren:

1. Stärkung des Arbeitsangebots

2. Steigerung des Energieangebots und Anpassung an höhere Energiepreise

3. International abgestimmte Klimapolitik, die Klimaschutz und wachsenden Wohlstand miteinander verbindet

4. Verbesserung regulatorischer und steuerlicher Bedingungen

5. Ambitioniertere Digitalisierungspolitik

6. Modernisierung der öffentlichen und grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastruktur

7. Europäische Handelspolitik, die weitere Handelsabkommen mit Drittstaaten abschließt und sich für eine offene, regelgebundene internationale Handelsordnung einsetzt.

"Wenn davon die Rede ist, Deutschland als Industriestandort zu erhalten, geht es nicht darum, Strukturwandel und Anpassungen an veränderte Wettbewerbsverhältnisse zu behindern oder bestehende Unternehmen oder Branchen vom Wettbewerb abzuschotten. Vielmehr geht es darum sicherzustellen, dass auch künftig hochproduktive Tätigkeiten und gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland angesiedelt werden", schreiben die Autoren, zu denen neben Feld auch Ifo-Chef Clemens Fuest, der Frankfurter Volkswirt Volker Wieland und der Wettbewerbsökonom Justus Haucap gehören.

Die Experten kritisieren, dass die "Transformative Angebotspolitik" des BMWi dem Klimaschutz die Versorgung mit allen anderen Gütern pauschal unterordne. Die Emission von Klimagasen müsse richtig bepreist oder durch die Herausgabe handelbarer Zerifikate gesteuert werden. Dann bräuchte es die im Wachstumschancengesetz vorgesehene Prämie für Klimaschutzinvestitionen gar nicht. Richtig sei dagegen die in dem Gesetz enthaltene Möglichkeit zur degressiven Abschreibung auf allgemeine Wirtschaftsgüter.

Als einen zu starken staatlichen Eingriff empfinden die Ökonomen dagegen die Subventionierung von Chip- und Halbleiterfabriken. "Die richtige außenwirtschaftliche Strategie für die Zukunft des Industriestandorts Deutschland in Zeiten wachsender geopolitischer Risiken besteht nicht in der Subventionierung einzelner Industrieansiedlungen, die den internationalen Handel verzerrt und einschränkt. Das Ziel muss vielmehr darin bestehen, Handelsbeziehungen auszubauen und zur Begrenzung von Risiken zu diversifizieren", merkt der Kronberger Kreis an.

Abgelehnt wird auch die staatliche Subventionierung von Strom für energieintensive Industrieunternehmen durch einen "Industriestrompreis". Die Experten kaufen das Argument des BMWi nicht, dass dieser Preis nur ein vorübergehender wäre, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien die Energiekosten in Deutschland mittelfristig wieder so weit sinken lassen werde, dass der Standort für energieintensive Unternehmen attraktiv bleibe. Sie argumentieren unter anderem, dass Deutschland in einer Welt, in der erneuerbare Energien eine deutlich größere Rolle spielen dürften als heute, kaum komparative Vorteile im Bereich der energieintensiven Produktion haben dürfte.

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