Verspätete Zahlungen 05.07.2013 10:00:32

Kreditklemme macht Chinas Autobranche zu schaffen

Doch die Auswirkungen sickern jetzt bis zur Realwirtschaft durch, obwohl das Schlimmste ausgestanden zu sein scheint. Der Automarkt im Reich der Mitte - der größte der Welt - ist besonders hart betroffen. Chinesische Autobauer greifen zu ihrer Finanzierung ausgeprägt gern auf Bankwechsel zurück, schreiben Analysten des Wall-Street-Geldhauses Sanford C. Bernstein. Diese Wechsel sind kurzfristige Garantien, die Banken emittieren, um den Handel zu finanzieren und werden gelegentlich statt Bargeld verwandt. Der Diskontsatz für solche Papiere schnellte während der Kreditklemme kräftig empor.

Die Bankwechsel räumen den Autobauern die Möglichkeit ein, generöse Zahlungsbedingungen an die Händler weiter zu geben, die ihre Autos an die Verbraucher veräußern. Dank der Wechsel müssen die Autokonzerne auch erst später ihre Rechnungen bei den Zulieferern begleichen. Die Zeitdauer, die die Wechselforderungen in den Büchern der Fahrzeughersteller verbleiben, währt im Reich der Mitte deutlich länger als andernorts. Besonders prägnant ist dieses Phänomen bei der Geely Automobile Holdings. Es dauerte Ende 2012 durchschnittlich 172 Tage, bis die Händler die Wechselforderung zahlten. Great Wall Motor musste typischerweise 131 Tage warten, BMW-Partner Brilliance China Automotive immer noch 112 Tage. In westlichen Staaten dauert es kaum länger als einen Monat, bis die Autobauer an ihr Geld kommen.

Die Wechselforderungen schossen im vergangenen Jahr um 70 Prozent in die Höhe, berichtete ein Vertreter von Great Wall. Der Grund: Der Inlandsabsatz legte markant zu. Ende 2012 besaß Geely Wechsel in Höhe von fast 9 Milliarden Yuan oder umgerechnet 1,14 Milliarden Euro. Das ist eine Zunahme um mehr als ein Drittel gegenüber der Jahreshälfte. Der Hintergrund war die hohe Nachfrage nach Geely-Modellen im vierten Quartal und die hohen Barreserven des Konzerns. Dadurch konnte das Unternehmen die Wechsel bis zum Ablauf ihrer Frist in den Büchern halten.

Die Situation bei den staatlichen Fahrzeugherstellern sieht entspannter aus. Es dauerte bei Chinas zweitgrößtem Autobauer Dongfeng nur 61 Tage, bis die Wechsel beglichen waren. Bei Chinas Nummer fünf Guangzhou Automobile war es ebenso wie beim Platzhirschen SAIC Motor sogar nur ein Monat. Bei den Autofirmen, die als Joint Venture mit ausländischen Partnern betrieben werden, geht es üblicherweise schneller. Dongfeng kooperiert mit Nissan, Honda, Kia und PSA Peugeot Citroen. SAIC profitiert von der Zusammenarbeit mit General Motors und Volkswagen. Fast 90 Prozent aller Wechsel in der chinesischen Autobranche werden von Banken entgegengenommen. Das liegt daran, dass die Händler normalerweise Kleinbetriebe sind, die nicht viel Bargeld und kaum Zugang zu Langfristfinanzierungen haben. Die Bankenwechsel helfen den Händlern dabei, für ihre Lagerbestände die Rechnungen mit den Autoherstellern zu begleichen.

Die Kreditinstitute vereinfachen das Autogeschäft durch die Ausgabe dieser Wechsel, die den Unternehmen eine Bezahlung garantieren, wenn sie die Autos zu einem späteren Zeitpunkt produziert haben. Sobald der Verkäufer den Wechsel erhält, kann er bei Ablauf der Frist sich diesen ausbezahlen lassen. Er könnte auch vor Fristende Kasse machen, muss dann aber einen Abschlag auf den Nominalwert hinnehmen.

Die Ende Mai startende Kreditklemme geht auf eine Reihe von Faktoren zurück. Dazu zählen die Verbindlichkeiten aus einer wachsenden Anzahl von kurzfristigen Investmentprodukten, die als hochverzinster Ersatz für Einlagen angepriesen wurden. Mit diesen als "Wealth-Management-Produkte" bekannten Instrumenten wurde heftig in die Bankwechsel investiert, erklären Analysten. Da die Banken für Wechsel unabhängig davon zahlen müssen, wer ihn am Ende der Laufzeit hält, laufen die Papiere oft durch viele Hände als Ersatz für Bargeld. Es ist auch in den USA ein ganz gewöhnlicher Weg, um an Kredite zu kommen. In China prosperiert der Sekundärmarkt. Die Ausgabe solcher Papiere legte laut dem Wertpapierhaus Nomura in der jüngeren Vergangenheit deutlich zu - um 22 Prozent im Jahr 2012 und um 27 Prozent im Jahr 2011.

Die Zinssätze auf Bankenwechsel laufen üblicherweise parallel mit den Interbankraten, zu denen sich die Kredithäuser untereinander Geld leihen. Während der vergangenen paar Wochen ist dieser Diskontsatz nach oben geschossen. Die Banken wollten ihre Fonds nicht anzapfen und gaben den Papierbesitzern Anreize, sie zunächst nicht einzulösen. Dadurch waren mehr Wechsel und weniger Bargeld im Umlauf als sonst üblich.

Die meisten Experten betrachteten laut Bernstein die Risiken für eine verhärtete Kreditklemme in China als gering, den Sprung der Interbankensätze als vorübergehenden Schluckauf. Die Analysten von Bernstein verweisen aber darauf, dass die Interbankensätze weit höher bleiben als noch vor einem Monat. Die Kosten der Wechsel seien emporgeschnellt. Wenn sie auf diesem Niveau blieben oder sogar wieder kletterten, außerdem die Zirkulation der Wechsel abnehme, könnte das Leben für die chinesischen Autobauer sehr schwer werden, argumentiert Bernstein.

Die Diskontrate für sechs Monate lang laufende Wechsel stand laut einer populären Handelsplattform diese Woche bei 6 Prozent. Im Laufe des Mais waren es meist nur 3,8 Prozent. Ende Juni war der Satz auf bis zu rund 10 Prozent nach oben geschossen.

Mitarbeit: Dinny McMahon

DJG/DJN/axw/cbr Dow Jones Newswires

Von Rose Yu

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