08.05.2015 06:44:45
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Konservative mit Cameron gewinnen Wahl in Großbritannien deutlich
LONDON (AFP)-- Bei der Parlamentswahl in Großbritannien ist dem konservativen Premierminister David Cameron eine Zitterpartie erspart geblieben. Seine Tories wurden laut Nachwahlbefragungen von Donnerstagabend deutlich stärkste Kraft, verfehlten allerdings eine absolute Mehrheit knapp. Großer Verlierer ist die Labour-Partei, wohingegen die Schottische Nationalpartei (SNP) massiv zulegte. Damit zeichnete sich nicht nur ein Referendum über die britische EU-Mitgliedschaft, sondern auch über ein unabhängiges Schottland ab.
Umfragen hatten die beiden Volksparteien Tories und Labour monatelang und bis zuletzt etwa gleichauf gesehen. Statt des erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennens setzte sich laut Nachwahlbefragungen im Auftrag britischer Sender aber Camerons Partei klar durch. Die Tories erzielten demnach 316 Sitze und verfehlten damit knapp eine absolute Mehrheit von 326 der 650 Mandate im Unterhaus. Die Labour-Partei von Oppositionsführer Ed Miliband kam demnach nur auf 239 Sitze.
Camerons derzeitiger Koalitionspartner, die Liberaldemokratische Partei von Vizeregierungschef Nick Clegg, rutschte den Prognosen zufolge von bislang 56 auf nur noch zehn Sitze ab. Einen riesigen Zuwachs konnte demnach die Schottische Nationalpartei (SNP) für sich verbuchen, die sich von bisher sechs auf nun 58 der 59 in Schottland zu vergebenden Sitze steigerte. Die Partei trat nur in der bisherigen Labour-Hochburg Schottland an. Der EU-feindlichen United Kingdom Independence Party (Ukip) wurden nur zwei Mandate vorausgesagt.
Die Tories, die bislang über 302 Sitze verfügten, dürften damit erneut einen Koalitionspartner brauchen. Sollte sich das Ergebnis bestätigen, ergäbe sich für die bisherige Koalition mit den Liberaldemokraten allerdings nur eine hauchdünne Mehrheit von einem Sitz. Cameron könnte daher die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) mit ins Boot holen, die den Prognosen zufolge acht Mandate errang. Die walisische Partei Plaid Cymru kommt den Angaben zufolge auf vier Sitze, die Grünen auf zwei.
Bleibt Cameron im Amt, droht ein Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Darüber will er die Briten im Jahr 2017 in einem Referendum abstimmen lassen.
Symptomatisch für den Wahlerfolg der SNP war der Sieg der erst 20-jährigen Mhairi Black über den Labour-Wahlkampfmanager Douglas Alexander. Ihr Erfolg im Wahlkreis Paisley and Renfrewshire South macht sie zum jüngsten Mitglied des Unterhauses seit 1667. Auch der schottische Labour-Chef Jim Murphy verlor seinen Sitz an die SNP.
SNP-Chefin Nicola Sturgeon reagierte auf Twitter zunächst zurückhaltend: "Ich hoffe auf eine gute Nacht, aber 58 Sitze sind unwahrscheinlich", schrieb sie. Ein derart starkes SNP-Ergebnis schürt in anderen Teilen Großbritanniens die Befürchtung, dass es in Schottland schon bald einen neuen Anlauf für ein Unabhängigkeitsreferendum geben könnte.
"Wenn die Prognosen stimmen, heißt das, dass die Konservativen klar gewonnen haben", sagte Michael Gove, ein enger Vertrauter Camerons, im BBC-Fernsehen. Labour-Schattenfinanzminister Ed Balls wollte eine Regierung unter Führung seiner Partei trotz der Prognosen nicht ausschließen. "Die Frage wird sein, ob die SNP und die Liberaldemokraten eine fortschrittliche (Mitte-links-)Agenda unterstützen oder nicht", sagte er der BBC. Die Liberaldemokraten hatten sich vorab sowohl für eine Koalition mit den Tories als auch mit Labour offen gezeigt.
Patrick Dunleavy von der renommierten London School of Economics sagte, Cameron werde wahrscheinlich "Premierminister einer Minderheitsregierung, die nicht das Mandat hat, irgendetwas Radikales zu tun".
Experten hatten im Vorfeld des Urnengangs mit einer wochenlangen Hängepartie bei der Regierungsbildung gerechnet. Koalitionen sind für die Briten ohnehin immer noch ungewöhnlich. Nach der Wahl 2010 gab es im Vereinigten Königreich, wo Labour und Tories zuvor stets allein regierten, die erste Koalitionsbildung seit 1945.
Insgesamt waren am Donnerstag mehr als 45 Millionen Briten an die Urnen gerufen. Das vorläufige Endergebnis wurde für Freitagnachmittag erwartet.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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May 08, 2015 00:14 ET (04:14 GMT)- - 12 14 AM EDT 05-08-15
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