09.09.2016 15:30:45
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KONJUNKTUR IM BLICK/Auch SNB und BoE warten ab
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldpolitik bei der jüngsten Ratssitzung nicht geändert, und auch Schweizerische Nationalbank (SNB) und Bank of England (BoE) dürften bei den Sitzungen ihrer geldpolitischen Gremien in der nächsten Woche still halten. Die US-Notenbank ist zwar erst am 21. September mit einer Zinsentscheidung dran, doch stehen in der kommenden Woche einige wichtige Konjunkturdaten auf dem Kalender, die die Erwartungen mit Blick auf die Fed-Sitzung beeinflussen dürften. Alleine am Donnerstag um 14.30 Uhr kommen sechs Daten.
Die SNB wird ihre geldpolitischen Entscheidungen am Donnerstag um 9.30 Uhr veröffentlichen. Beobachter rechnen damit, dass sie ihre Politik nicht weiter lockern wird, weil sich die Dinge aus Sicht der SNB in die richtige Richtung entwickeln: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im zweiten Quartal um 0,6 Prozent, die Jahresveränderungsrate der Verbraucherpreise war im August nicht mehr negativ, die Importpreise stiegen und der Preisindex des privaten Verbrauchs sank nur noch leicht.
Zwar dürfte die SNB in ihrem Statement erneut betonen, dass sie den Schweizer Franken für deutlich überbewertet hält, doch kommt die Exportwirtschaft damit offenbar immer besser klar. Die Exporte stiegen im zweiten Quartal um 0,6 Prozent.
Eine andere Frage ist, ob die SNB mit ihrer Strategie zufrieden ist. Zwar wertet der Franken seit zweieinhalb Monaten in der Tendenz wieder ab, doch geht dies mit einem Anstieg der Devisenreserven der SNB einher. Das deutet darauf hin, dass die Zentralbank weiterhin kräftig interveniert.
Manche Volkswirte weisen darauf hin, dass die SNB ihre Bilanz nach der Aufgabe des Wechselkursziels von 1,20 Franken je Euro stärker wachsen lassen musste als vorher. Eine Rückkehr zum alten Regime wäre jedoch wirkungslos, da die SNB mit der überraschenden Aufgabe des Wechselkursziels zumindest diesbezüglich alle Glaubwürdigkeit verloren hat.
BoE hält nach massiver Lockerung still Die BoE hat ihre Geldpolitik erst Anfang August massiv gelockert. Die Senkung des Leitzinses von 0,50 auf 0,25 Prozent wurde einstimmig beschlossen, die Wiederaufnahme von Staatsanleihekäufen und der Ankauf von Unternehmensanleihen mit drei Gegenstimmen.
BoE-Gouverneur Mark Carney musste sich kürzlich in einer Parlamentsanhörung dafür verteidigen, dass er vor den dramatischen Auswirkungen eines Brexit warnte. Dass die Reaktionen auf das EU-Referendum so milde ausgefallen sind, führte er auch auf die geldpolitischen Maßnahmen zurück. Die Briten hatten am 23. Juni für einen EU-Austritt Großbritanniens gestimmt, was schwere Befürchtungen im Hinblick auf Finanzmarktstabilität und Konjunktur hervorrief.
Abstürze am Finanzmarkt sind jedoch ausgeblieben, und auch konjunkturell scheinen die Briten bisher glimpflich davon gekommen zu sein. Das dürfte zwar noch nicht das letzte Wort gewesen sein, weil alles davon abhängt, wie das künftige Verhältnis von Großbritannien und EU aussehen wird, doch kann sich die BoE vorerst zurücklehnen.
Britische Konjunkturdaten werden derzeit mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt, was auch für den am Mittwoch um 10.30 Uhr anstehenden Arbeitsmarktbericht gelten dürfte.
In die Karten würde es sowohl BoE als auch SNB spielen, sollte die US-Notenbank ihren Leitzins am 21. September anheben. Die jüngsten Konjunkturdaten sprechen allerdings eher gegen einen unmittelbar bevorstehenden Zinsschritt. Das Beschäftigungswachstum war im August deutlich schwächer als erwartet, der in der Industrie erhobene ISM-Index rutschte unter die Marke von 50 Punkten, ab der ein Schrumpfen dieses Sektors angezeigt wird und der Service-ISM stürzte - wenn auch von höherem Niveau - geradezu ab. Was wird die Fed damit anfangen?
Fed-Offizielle und Konjunkturdaten beeinflussen Erwartungen Zunächst könnte es bereits am Montag Hinweise darauf geben, denn dann spricht Fed-Gouverneurin Lael Brainard. Sie hat in der Vergangenheit aus Sorge um das Wachstum schon häufiger Zweifel an der Richtigkeit von Zinserhöhungen angemeldet. Sollte sie sich für höhere Zinsen aussprechen, würde das sicher einen großen Eindruck an den Finanzmärkten machen. Brainards Rede beginnt um 19.15 Uhr.
Dennis Lockhart, Chef der Atlanta-Fed, spricht ab 14.00 Uhr. Er ist eher dafür bekannt, mit der Mehrheit zu stimmen und ist außerdem im Offenmarktausschuss nicht stimmberechtigt. Letzteres gilt auch für Neel Kashkarie (Beginn 19.00 Uhr), der sich aber ohnehin eher auf Bankenthemen konzentriert als auf geldpolitische Themen.
Und dann gibt es außerdem noch den Donnerstag, an dem ein ganzer Satz US-Konjunkturdaten auf dem Kalender steht. Alleine um 14.30 Uhr kommen Daten zur Entwicklung von Erzeugerpreisen, Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe, Einzelhandelsumsätzen und Leistungsbilanz sowie der Empire-State-Index. Um 15.15 folgen noch Daten zu Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung, um 16.00 Uhr Lagerbestandsdaten und am Freitag die Verbraucherpreise (14.30 Uhr) und das Verbrauchervertrauen der Uni Michigan (16.00 Uhr).
Weitere wichtige Konjunkturdaten sind die chinesische Industrieproduktion (Montag, 7.30 Uhr), die Eurozone-Industrieproduktion (Mittwoch, 11.00 Uhr) und die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland (Dienstag, 11.00 Uhr).
Zudem stehen am Freitag einige Ratingentscheidungen an, die wichtigsten betreffen Frankreich (Moody's), Portugal (S&P) und Italien (DBRS). EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hält am Mittwoch eine Rede zur Lage der EU.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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September 09, 2016 09:00 ET (13:00 GMT)
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