19.10.2015 06:35:53

Klarer Rechtsruck bei Parlamentswahl in der Schweiz

   GENF (AFP)-- Angesichts der europaweiten Flüchtlingskrise haben die Rechtspopulisten bei der Parlamentswahl in der Schweiz stark zugelegt. Die Schweizerische Volkspartei (SVP), die im Wahlkampf gegen Einwanderung Stimmung machte, konnte Hochrechnungen zufolge rund ein Drittel der Parlamentssitze für sich gewinnen. Damit konnte die SVP ihren Rekord aus dem Jahr 2007 von 28,9 Prozent noch einmal überbieten und ihre Führungsposition ausbauen.

   Die rechtsgerichtete SVP hatte im Wahlkampf darauf gesetzt, sich als Barriere gegen eine Zunahme der Einwanderung zu profilieren. Bei den Wahlen 2011 hatte die Partei 26,6 Prozent der Stimmen erhalten. Schon im Vorfeld der Wahl vom Sonntag hatten Beobachter jedoch vermutet, dass die anti-europäische Partei sogar ihren Rekord von 2007 noch einmal übertreffen könnte.

   Nun kam die Anti-EU-Partei SVP nach Hochrechnungen des staatlichen Rundfunksenders RTS und der Nachrichtenagentur SDA auf 29,5 Prozent der Stimmen; damit dürfte sie auf 65 von 200 Sitzen im Nationalrat kommen. Sie konnte somit gegenüber 2011 elf Sitze hinzugewinnen und sogar ihren Rekord von 62 Sitzen im Jahr 2007 noch einmal überbieten.

   Als praktisch sicher galt den Medienberichten zufolge, dass Magdalena Martullo-Blocher in Graubünden einen Parlamentssitz erobert hat. Sie ist die Tochter des wohl umstrittensten Politikers der Schweiz, Christoph Blocher. Der SVP-Vizepräsident war von 2004 bis 2007 in der Regierung, wurde dann aber wegen seiner extremen Positionen und seines konfrontativen Stils abgelöst.

   Zulegen konnten den vorläufigen Ergebnissen und Prognosen zufolge auch die rechtsliberale FDP, die drei Sitze mehr und somit insgesamt 33 erhalten dürfte. Die zweitstärkste Kraft in der Schweiz, die Sozialdemokratische Partei (SP), verliert demnach zwei Sitze und käme noch auf 44 Sitze. Auch die Grünen verloren mehrere Sitze.

   Die spanisch-schweizerische SP-Politikerin Rebecca Ruiz sagte RTS, die "Menschen haben aus Angst heraus abgestimmt".

   Politikwissenschaftler Pascal Sciarini von der Universität Genf sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Zugewinn von elf Sitzen für die SVP bedeute eine "gewaltige Veränderung" in der Schweizer Politik. "Das Gravitationszentrum hat sich klar nach rechts verschoben." Zum Wahlkampf sagte der Experte, die SVP habe gar keine Kampagne nötig gehabt, denn die europäische Flüchtlingskrise habe den Wahlkampf für die SVP gemacht.

   Neu zu besetzen waren bei der Wahl am Sonntag die 200 Mandate des Nationalrats und die Mandate der zweiten Parlamentskammer, des Ständerates. Zur Stimmabgabe aufgerufen waren rund fünf Millionen Bürger der Alpenrepublik. In der Schweiz ist es üblich, dass ein Großteil der Wähler von der Möglichkeit der Briefwahl oder der Stimmabgabe im Internet Gebrauch macht.

   Die neue Regierung, der Bundesrat, wird im Dezember gewählt - wobei es in der Schweiz Tradition ist, dass die großen Parteien gemeinsam die Regierung bilden. Dafür kommen also auch andere Kräfte als die SVP in Frage.

   Die Beteiligung an den Parlamentswahlen liegt traditionell nur bei etwa 50 Prozent, niedriger als bei vielen Referenden.

   DJG/jhe

   (END) Dow Jones Newswires

   October 19, 2015 00:04 ET (04:04 GMT)- - 12 04 AM EDT 10-19-15

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!