04.08.2016 17:54:45
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Juncker lehnt Beendigung von Beitrittsgesprächen mit der Türkei ab
KöLN (AFP)--Der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hat sich für eine Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara ausgesprochen, zugleich aber deutliche Kritik an den aktuellen Entwicklungen in der Türkei geübt. "Ich sehe nicht, dass es jetzt von Hilfe wäre, wenn wir einseitig der Türkei bedeuten würden, dass die Verhandlungen zu Ende sind", sagte Juncker laut am Donnerstag vorab veröffentlichten Auszügen in einem Interview mit dem ARD-Europamagazin.
Einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, für die sich am Mittwoch Österreichs Kanzler Christian Kern ausgesprochen hatte, müssten "alle Mitgliedsstaaten - und zwar einstimmig - beschließen", hob Juncker hervor. "Und diese Bereitschaft aller Mitgliedsstaaten sehe ich im gegebenen Moment nicht." Er persönlich hielte es "für einen schwerwiegenden außenpolitischen Fehler", wenn Ankara jetzt signalisiert würde, dass die EU in jedem Fall gegen einen Beitritt der Türkei sei.
Für den Kommissionschef ist nach eigener Aussage allerdings klar: "Die Türkei, in dem Zustand in dem sie jetzt ist, kann nicht Mitglied der Europäischen Union werden". Dies gelte insbesondere, "wenn sie das täte, was einige anmahnen, nämlich die Todesstrafe wieder einzuführen". "Dies hätte zur Folge den sofortigen Abbruch der Verhandlungen", warnte Juncker die türkische Regierung.
Juncker pochte auch auf die Bedingungen der EU für die visafreie Einreise von Türken. "Bedingungen sind Bedingungen, wir können nicht in Sachen Menschenrechtsfragen oder in Fragen Antiterrorgesetzgebung von unserem Standpunkt abrücken", sagte der Luxemburger der ARD. "Antiterrorgesetzgebung darf nicht missbraucht werden, um Journalisten, Akademiker und andere ins Gefängnis zu stecken, das geht mit uns nicht."
Österreichs Regierungschef Kern hatte am Mittwochabend gesagt, ein Beitritt der Türkei zur EU sei "nur noch diplomatische Fiktion". Er will daher die Möglichkeit eines Abbruchs der Gespräche beim kommenden EU-Gipfel am 16. September auf die Tagesordnung setzen.
Die EU und die Türkei verhandeln seit 2005 über einen Beitritt. Wegen der repressiven Reaktion der türkischen Regierung auf den Putschversuch hatten in den vergangenen Wochen viele europäische Politiker diese Verhandlungen in Frage gestellt.
Allerdings gibt es auch die Befürchtung, dass Ankara das Flüchtlingsabkommen mit der EU platzen lassen könnte. Im Gegenzug für die Rücknahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln durch die Türkei hatte die EU die Visafreiheit in Aussicht gestellt. Voraussetzung dafür ist eine Änderung der weit gefassten Anti-Terror-Gesetzgebung in der Türkei.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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(END) Dow Jones Newswires
August 04, 2016 11:23 ET (15:23 GMT)- - 11 23 AM EDT 08-04-16
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