Perfekter Sturm |
19.07.2023 23:36:00
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Jeremy Grantham sieht hohe Wahrscheinlichkeit für Börsencrash - Welche Rolle KI dabei spielt
• Absturz des Aktienmarktes kommt mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent
• Jeremy Grantham zeigt sich besorgt wegen des KI-Booms
Geplatzte Börsenblase hat erst erste leichte Phase hinter sich
Der Börsen-Experte Jeremy Grantham machte für den Aktienmarkt im Jahr 2023 bereits im letzten Jahr eine pessimistische Prophezeiung. Nachdem der S&P 500 im vergangenen Jahr deutliche Verluste verzeichnen musste, sieht Grantham für das laufende Jahr keinen Grund zur Hoffnung. Demnach sei mit den Verlusten von 2022 erst "die erste und einfachste Phase des von uns bereits ein Jahr zuvor prognostizierten Platzens der Börsenblase" abgeschlossen. Der "extremste Schaum" sei zwar mittlerweile vom Markt entfernt, jedoch befänden sich die Bewertungen nach wie vor deutlich über dem langfristigen Durchschnitt. Deshalb rechnet der Börsenguru damit, dass der Aktienindex, der den breiten US-Aktienmarkt widerspiegelt, bis zum Ende des Jahres um rund 3.200 Punkte fallen wird.
Aktienmarkt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit abstürzen
Im Mai erklärte Grantham während der Ira Sohn Investment Research Conference in New York, dass der Aktienmarkt mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent abstürzen werde. Zuvor hatte die Wahrscheinlichkeit seiner Einschätzung nach noch bei 85 Prozent gelegen. Doch trotz des Rückgangs sei Grantham davon überzeugt, dass der Markt einen perfekten Sturm für das Platzen von Blasen geschaffen habe, wie Fortune berichtet. In einem Interview mit WealthTrack erklärte Grantham zudem, dass er sich nur für "die wirklich großen Blasen wie 1929, 2000 und 2021" interessiert und der derzeitige Markt "alle Kästchen abhakt".
Zu den Kästchen zählt er Perioden mit langen wirtschaftlichen Aufschwüngen, einem starken Bullenmarkt und hohen Gewinnen. In jedem dieser Szenarien erlebten die Märkte dann eine "scharfe Abwärtsbewegung", wie er konkretisiert. Und eine Erholung von dem von ihm vorhergesagten Absturz sei dem Investor nach "allgegenwärtig und korrekt". So verwies er zum Beispiel darauf, dass der S&P 500 im Juni einen Anstieg von 20 Prozent gegenüber seinem Tiefststand im Oktober verzeichnen konnte. Dabei stelle sich jedoch auch die Frage, wie verheerend das Platzen der Blase vonstatten gehen und wie tief die Gewinnmargen fallen werden? "Sie sind bereits ein ganzes Stück gesunken, aber es könnte noch viel schlimmer kommen. Und wie werden andere wirtschaftliche Variablen sein - die Probleme im Welthandel, die Probleme mit China, die Probleme mit dem Krieg. Und wie wird sich das auswirken? Das ist sehr schwer zu sagen", erklärt Grantham.
Kann der KI-Boom den Absturz hinauszögern?
Etwas, worüber sich der Börsen-Guru besorgt äußert, ist das Entstehen einer so genannten "Mini-Blase", die sich infolge von Umwälzungen in der Technologiebranche aufgebläht habe. Er sei sich jedoch derzeit nicht sicher, ob der KI-Boom "schnell und stark genug" sein werde, um die Marktblase nicht platzen zu lassen. Dennoch sei das Aufkommen von neuen Technologien wie ChatGPT der Grund dafür, warum er seine Vorhersage von einer 85-prozentigen Wahrscheinlichkeit, dass der Markt platzen wird, auf 70 Prozent reduziert habe. Auf die Frage, wie KI den normalen Ablauf der Ereignisse stört, bei dem sich die Blasen auflösen, erklärt Grantham: "Bevor die künstliche Intelligenz ihr hässliches Haupt erhob, war die Sache weiß Gott kompliziert. Wir hatten die Inflation, die Fed, wie schnell würden die Zinsen steigen, wie weit würden sie steigen, wie würde sich der Krieg entwickeln - es geht immer weiter". Mit dem Aufkommen von ChatGPT gebe es nun eine "kleine Aufwallung von Interesse, die sehr konzentriert ist". Darüber, wie die KI den Markt jedoch letztendlich verändern wird, ist man sich unter den Experten nicht einig. "Einige der klügsten Köpfe auf diesem Planeten sagen, dass das alles Unsinn ist, dass es nur ein Papagei ist, der durch Versuch und Irrtum lernt. Andere sagen, dass sie alles verändern wird, dass sie die Produktivität verdoppeln wird und alles dazwischen", so Grantham weiter. Er selbst geht davon aus, dass KI nicht auf der gleichen Zeitskala operiert wie die derzeitige Blase. "Wir haben hier ein oder zwei Jahre Zeit, um eine ziemlich traditionelle Blase zu erleben, der die Luft ausgeht, eine ziemlich traditionelle Rezession, einen ziemlich traditionellen Rückgang der Gewinnspannen und etwas Trauer an den Aktienmärkten. Das können wir tun, bevor die wirklichen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz eintreten."
Redaktion finanzen.at
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