Prognose verändert |
10.07.2015 07:48:46
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IWF: Griechenlands Finanzbedarf noch höher als geschätzt
In einer vergangene Woche veröffentlichten Analyse hatte der IWF Griechenlands möglichen Bedarf an neuen Hilfen auf mehr als 60 Milliarden Euro beziffert, damit das Land seinen Verpflichtungen nachkommen und seine Ziele erreichen könne. Zudem müsse das Land bei den Schulden entlastet werden, mindestens durch die Verlängerung der Fälligkeiten von Anleihen, um wieder gesunden zu können.
Allerdings war diese Einschätzung vorbereitet worden, ehe die griechische Regierung überraschend ein Referendum zu den Forderungen der Gläubiger ankündigte. Kurz danach musste Athen wegen des hohen Geldabflusses Kapitalverkehrskontrollen verhängen. Das Land hat nur noch Geld für wenige Tage, um seine Geschäfte zu finanzieren, und Kapitalverkehrskontrollen sind die einzige Möglichkeit, um einen vollständigen Zusammenbruch des Finanzsystems zu vermeiden.
"Wir glauben, dass die aktuellen Entwicklungen den Bedarf an noch mehr Finanzierung nahelegen, nicht zuletzt zur Unterstützung der Banken, und für noch mehr Schuldenentlastung als in unserem (Schuldenbericht)", erklärte Blanchard in einem IWF-Blogeintrag, in dem er den Verlauf der Griechenland-Rettung verteidigte.
Blanchards Aussagen signalisieren, dass der IWF die Notwendigkeit von Abschreibung für möglich halten könnte, wenn sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Griechenlands verschlimmern. Diese Position steht im Widerspruch zu Griechenlands größtem und mächtigsten Gläubiger, Deutschland. Offizielle in Berlin haben jegliche Abschreibungen auf ihre Anteile ausgeschlossen. Zwar seien sie offen für Überlegungen zur Verlängerung von Fälligkeiten, ganz am Ende der Gespräche zu neuen Rettungshilfen - aber nur wenn Griechenland sein Bekenntnis zu harten Haushaltskürzungen und Wirtschaftsreformen beweise.
"Der Raum für Einigung ist extrem eng, und die Zeit ist ein wesentlicher Faktor", sagte Blanchard. Die Einigung solle darauf basieren, was vor dem Referendum diskutiert worden sei, aber ergänzend berücksichtigen, dass die Regierung jetzt ein Dreijahresprogramm verlange. Zudem sollte eine Einigung auch expliziter den Bedarf an höherer Finanzierung und stärkerer Schuldenentlastung anerkennen. Die Eurozone glaube aber, dass der IWF in seiner Einschätzung der Lage Griechenlands zu pessimistisch sei, sagte Blanchard.
Die Einschätzung des IWF könne Athen ermutigen, Deutschland um mehr Schuldenentlastung zu bitten als Berlin zu gewähren bereit ist und damit die bereits angespannten Verhandlungen erschweren.
Griechenland hat am Donnerstagabend eine Liste mit Reformvorschlägen vorgelegt, die den Forderung der Gläubiger bei einigen der entscheidendsten Themen deutlich näher kommt als zuvor. Doch seit dem Referendum haben deutsche Vertreter von Griechenland noch striktere Haushaltskürzungen und Politikreformen gefordert als beim letzten Vorschlag der Gläubiger.
Es bleibt damit offen, ob bei dem EU-Gipfel am Sonntag eine Einigung erzielt werden kann. Dies aber ist laut Offiziellen und Ökonomen nötig, um einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone zu vermeiden.
Blanchard warnte Europa davor, sich bei den Folgen eines Ausstiegs eines Landes aus der Eurozone zu sicher zu sein. Zwar habe Europa seit dem letzten Mal, da ein möglicher Ausstieg Griechenlands die Region erschütterte, die Rettungsfonds aufstockt. Auch habe die EZB den Märkten bewiesen, dass sie bereit sei, ihr erhebliches monetäres Arsenal zu nutzen, um die Finanzfeuer zu löschen.
Dennoch "sollte kein Zweifel daran bestehen, dass ein Ausstieg aus dem Euro extrem teuer für Griechenland und seine Gläubiger wäre", sagte der IWF-Chefökonom.
Sollte es am Sonntag keine Einigung geben, würde das vermutlich bedeuten, dass die EZB ihre Notfinanzierung der griechischen Banken am Montag kürzt, sagte Jacob Kirkegaard von der privaten Denkfabrik Peterson Institute for International Economics. Das aber würde das Land in eine katastrophale Depression stürzen.
DJG/DJN/sha/bam
Dow Jones Newswires
Von Ian Talley
WASHINGTON (Dow Jones)
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