Budgetschwierigkeiten |
10.09.2018 17:05:00
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Italien nur die Spitze des Eisbergs: Kapitalprobleme bedrohen zahlreiche andere EU-Länder
Und tatsächlich hat der italienische Staatssekretär Giancario Giorgetti bereits angekündigt, wenn beim Defizit die Grenze von drei Prozent überschritten werden müsse, um die Sicherheit von Schulen und Brücken zu gewährleisten, werde die Regierung dies tun. Gemäß EU-Regeln darf die Neuverschuldung jedoch drei Prozent des BIP nicht überschreiten.
Zwar hat die EU noch nie eine Strafe der Überschreitung dieser Defizitobergrenze verhängt, doch die EU-Kommission mahnte zuletzt die Regierung Italiens, das Budgetdefizit zurückzufahren und den hohen Schuldenberg, der inzwischen auf über 130 Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsen ist, abzubauen. Damit weist Italien nach Griechenland die höchste Verschuldung innerhalb der Eurozone aus.
Doch bisher sieht es so aus, als hätte Rom ganz andere Pläne: Immerhin hat die seit Mai bestehende Koalition aus rechter Lega und populistischer 5-Sterne-Bewegung im Wahlkampf große Versprechungen gemacht, darunter Steuererleichterungen für Unternehmen und Privatpersonen, ein geringeres Renteneintrittsalter sowie ein allgemeines Grundeinkommen.
An den Märkten kommen solche Pläne jedoch nicht gut an. So hat die US-Ratingagentur Fitch ihren Ausblick für Italiens Bonität auf "negativ" von "stabil" gesenkt. Davon unbeeindruckt erklärte Italiens Vize-Regierungschef Luigi di Maio jedoch, Italien werde eine "historische Wahl" zwischen dem treffen, was die Menschen bräuchten, und dem, was Ratingagenturen für nötig hielten.
Weitere EU-Staaten mit Problemen
Doch auch wenn Italien ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt ist, so gibt es eine ganze Reihe weiterer Staaten mit Haushaltsschwierigkeiten in der Europäischen Union.
Mitte August feierte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras einen "Tag der Erlösung". Denn nach acht Krisenjahren konnte Athen endlich den Euro-Rettungsschirm verlassen. Doch damit sind die Probleme noch lange nicht vom Tisch: Der Bankensektor ist weiterhin schwach, die Arbeitslosenrate liegt bei rund 20 Prozent und der staatliche Schuldenberg beläuft sich auf riesige 180 Prozent des BIP.
Hinzu kommt, dass im kommenden Jahr Wahlen anstehen, was Tsipras dazu zwingen dürfte, den Bürgern finanzielle Erleichterungen zu versprechen, obwohl die Kreditgeber weitere "strukturelle Reformen" in Form von Steuererhöhungen und Rentenkürzungen als notwendig erachten.
Auch die spanische Regierung hat ein Ende des jahrelangen Sparkurses angekündigt. Nachdem Mariano Rajoy im Mai durch ein Misstrauensvotum aus dem Amt getrieben wurde, hat der neue Regierungschef Pedro Sanchez Brüssel darüber informiert, dass seine sozialistische Regierung mit 2,7 Prozent eine höhere Neuverschuldung als die 2,2 Prozent der Vorgängerregierung anstrebt. Um sich Unterstützung für seine Minderheitsregierung zu sichern, muss er nämlich Oppositionsparteien Zugeständnisse machen. Außerdem hat er signalisiert, dass er offen ist für höhere Steuern und Abgaben für Banken und große Unternehmen.
Derweil muss die französische Regierung mit einem geringeren Wirtschaftswachstum klarkommen und sieht sich deshalb veranlasst, geplante Steuererleichterungen für Unternehmen zu verschieben. Dabei sollte damit die Beschäftigung angekurbelt werden. Kein Wunder also, dass die Beliebtheitswerte von Präsident Emmanuel Macron deutlich zurückgegangen sind. Vor diesem Hintergrund dürfte ihm ein heftiger Gegenwind der Gewerkschaften entgegenwehen, wenn er, wie angekündigt, Leistungen der Renten- und Arbeitslosenversicherung deckeln will.
Redaktion finanzen.at
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