Kreditwürdig? |
26.10.2018 13:51:41
|
Italien droht neues Ungemach durch Ratingagenturen
Die Marktzinsen für italienische Staatsanleihen haben in den vergangenen Wochen deutlich angezogen. Sollte dieser Trend anhalten, dann müsste die italienische Regierung immer mehr Zinsen für ihre Schulden bezahlen. Italien hat mit einem Schuldenstand von 130 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits den zweithöchsten Wert in der Eurozone.
Die Spannungen an den Finanzmärkten könnten durch die Entscheidungen der Ratingagenturen verschärft werden. Bereits am vergangenen Freitag hatte die Agentur Moody's die Bonität der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone herabgestuft. Die Märkte reagierten vergleichsweise gelassen, da die aktuelle Note "BBB-" immer noch über dem sogenannten Ramschniveau liegt, das hochspekulative Anlagen beschreibt. Zudem hat Moody's keine weitere Herabstufung in Aussicht gestellt.
Auch S&P wird die Kreditwürdigkeit an diesem Abend voraussichtlich nicht auf Ramschniveau senken. Noch liegt die Note zwei Stufen über der Schwelle. S&P hat bisher keine Herabstufung signalisiert. Experten halten eine Senkung des Rating-Ausblicks aber für wahrscheinlich. Kurzfristig droht Italien von dieser Seite also noch keine große Gefahr.
Dies kann sich jedoch rasch ändern, falls sich die Schuldenlage weiter zuspitzen sollte. Die italienische Regierung hatte einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der nicht den Regeln in der Eurozone entspricht. So soll das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr bei 2,4 Prozent liegen. Ursprünglich waren 0,8 Prozent zugesagt worden. Der Haushalt wurde von der EU-Kommission abgelehnt. Bisher haben die beiden regierenden Parteien Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung nicht die geringste Bereitschaft für ein Einlenken gezeigt.
Die Ratings sind wichtig, da sich Investoren wie Anleihefonds und Versicherungen daran orientieren. Sollten tatsächlich alle vier großen Ratingagenturen (S&P, Moody's, Fitch und DBRS) Italien auf das sogenannte Ramschniveau senken, dann hätte das Land ein großes Problem. Dann dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) italienische Anleihen nicht mehr erwerben und auch sonst nicht mehr bei ihren Geschäften akzeptieren. Für sicherheitsorientierte Anleger wären die Papiere dann tabu. In den Hochzeiten der europäischen Schuldenkrise hatten die Herabstufungen durch die Ratingagenturen die Krise immer weiter verschärft. Damals wurde die Kreditwürdigkeit von Ländern wie Griechenland, Irland, Spanien, Portugal und Italien im Eiltempo gesenkt.
Kurzfristig drohen die größten Gefahren im Bankensektor. Die italienischen Geldhäuser halten große Bestände an heimischen Staatsanleihen. Bei weiteren Herabstufungen könnten diese nicht mehr als Sicherheiten verwendet werden können. Laut einem Bericht der Tageszeitung "La Stampa" nimmt die italienische Notenbank die Bestände der Banken an Staatsanleihen unter die Lupe. Die italienische Regierung hat den Banken bereits Hilfe in Aussicht gestellt, falls sich die Lage weiter verschärften sollte.
Einige Beobachter sehen in einer möglichen Verschärfung der Lage durch die Ratingagenturen und die Anleihemärkte auch eine Chance. Schließlich könnte der durch die Herabstufungen ausgelöste Druck die Regierung zum Einlenken zwingen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die EU-Kommission glaubwürdige Sanktionen gegen Italien verhängen wird. Eine Rettung des Landes durch den Rettungsschirm ESM gilt als unmöglich, da Italien viel zu groß ist.
/jsl/bgf/fba
FRANKFURT (dpa-AFX)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: