Milliardendeal |
20.07.2024 21:16:00
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Ist das VW-Investment wirklich ein Gamechanger? Was ein Analyst jetzt von der Rivian-Aktie hält
• Rivian schreibt tiefrote Zahlen
• Analyst bestätigt Gamechanger-Theorie
Volkswagen holt sich in Sachen Software Hilfe und investiert fünf Milliarden US-Dollar in den Elektroautobauer Rivian. Während der deutsche Autobauer damit seine Schwierigkeiten bei der Umsetzung der hauseigenen Softwarestrategie lösen und künftig Rivian-Software in seinen Fahrzeugen verbauen will, kommt für den Tesla-Herausforderer die Geldspritze zur richtigen Zeit. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist im Sinkflug, Rivian hat es bisher nicht geschafft, ein profitables Geschäft auf die Beine zu stellen.
Cariad vor dem Aus?
Für die bislang für die Softwareentwicklung im Hause Volkswagen zuständige Tochter Cariad könnte die Partnerschaft mit Rivian das Aus bedeuten. In der Vergangenheit hatte Cariad die Erwartungen nicht erfüllt. Trotz umfangreicher Investitionen war die VW-Tochter nicht in der Lage, wichtige Software rechtzeitig fertigzustellen, was sogar dazu geführt hatte, dass Audi und Porsche die Markteinführung einiger Modell nach hinten verschieben mussten. Allein im vergangenen Jahr verlor Cariad auf operativer Basis 2,4 Milliarden Euro.
Vor diesem Hintergrund wirken die fünf Milliarden Dollar für die Kooperation mit Rivian durchaus wie ein guter Deal. Zumal VW das Geld nicht in bar an den US-Konzern auszahlt, sondern zunächst eine Wandelanleihe über eine Milliarde US-Dollar zeichnet, die ab Dezember in Rivian-Aktien umgewandelt werden kann. Auch beim Aktienpreis hat VW gut verhandelt: Die Hälfte des Rivian-Aktienpakets dürfen sich die Wolfsburger für einen Preis von 10,84 US-Dollar je Aktie sichern - das liegt deutlich unterhalb des aktuellen Rivian-Kurswertes von 17,50 US-Dollar (Schlusskurs vom 15.07.2024). 2025 und 2026 werden dann je eine weitere Milliarde für Rivian-Aktien investiert, zwei Milliarden US-Dollar sollen in das Joint Venture fließen.
Ist die Investition für Rivian wirklich ein Gamechanger?
Während Volkswagen mit der Investition eines der elementarsten Probleme im Haus löst, stellt sich die Frage, inwiefern Rivian von der Zusammenarbeit profitiert. Ein Blick in die jüngsten Geschäftszahlen zeigt, wie schwer sich Rivian im aktuellen Marktumfeld tut. Im ersten Quartal lief es sowohl auf Umsatz- als auch auf Ergebnisseite schlechter als erwartet: Der Verlust je Aktie lag bei 1,48 US-Dollar und damit über dem Vergleichswert des Vorjahres. Unter dem Strich summierte sich der Quartalsverlust auf 1,45 Milliarden US-Dollar. Der Umsatz zog zwar auf 1,117 Milliarden US-Dollar an, auch das war aber weniger als am Markt erhofft.
Analysten von Wedbush Securities bezeichneten die Softwarekooperation von Rivian mit Volkswagen vor diesem Hintergrund als "Gamechanger". Dies sei ein entscheidender Wendepunkt für Rivian und verändere "die Kapitalstruktur des Unternehmens mit Blick auf die Zukunft und die (Wall Street) Sichtweise zu einem entscheidenden Zeitpunkt", so Wedbush-Analyst Daniel Ives direkt nach Bekanntwerden der Zusammenarbeit. Die Partnerschaft werde dem Unternehmen voraussichtlich das Kapital zur Verfügung stellen, das für die Inbetriebnahme seiner R2-Fahrzeuge sowie für seine mittelgroße EV-Plattform in seinem Werk in Georgia erforderlich sei, hieß es weiter.
Rivian kein "wandelnder Toter"
Und auch Canaccord-Analyst George Gianarikas glaubt daran, dass der Deal mit VW für Rivian äußerst positiv zu bewerten ist. "Wir glauben nicht, dass es übertrieben ist, die VW-Partnerschaft von Rivian (RIVN) als monumental zu bezeichnen", zitiert TipRanks den Analysten. "Ein unterschätzter Gamechanger einer Transaktion."
Dabei verweist der Experte insbesondere darauf, dass es an der Zeit sei, neu zu definieren, was Rivian genau sei - und was eben nicht. Gianarikas sieht den EV-Konzern nicht als einen der "wandelnden Toten" im EV-Sektor. Der Markt sei mit EV-Startups gesättigt, die nicht liefern können, aber Gianarikas glaubt, dass Rivian jetzt wahrscheinlich über das Kapital verfügt, um "sich durchzusetzen, operative Spinnweben abzuschütteln und seiner Massenmarktpalette - dem R2/R3 - Leben einzuhauchen; und Größe zu erreichen." Darüber hinaus habe der VW-Deal gezeigt, dass das Unternehmen mit seinem Fokus auf Rivians Technologie auch "nicht nur ein Auto-OEM" sei, betont der Experte. Stattdessen sei der US-Konzern trotz Unzulänglichkeiten auf operativer Basis auf dem Weg, ein Massenmarkthersteller zu werden. Dabei setzt Gianarikas auch auf die Modellpalette von Rivian: "R2 und R3 sind sehr überzeugend", so der Analyst TipRanks zufolge weiter. "Sie haben die richtigen Preise. Sie sind schön. Wir haben beim Analystentag mehr Zeit mit ihnen verbracht und das Erscheinungsbild ist fantastisch."
Mit einer Massenmarktproduktion ebendieser Fahrzeuge werde Rivian in direkte Konkurrenz zu Tesla gehen und Verbrauchern in diesem Segment eine weitere Option für ein "erschwingliches, überzeugendes Elektrofahrzeug für die Massen" bieten, so der Analyst weiter.
Darüber hinaus hat der Experte auch die Finanzlage von Rivian im Blick und sieht den US-Konzern auf dem Weg, ein "profitables Unternehmen" zu werden. "Wir glauben, dass sie es schaffen werden", fasste Gianarikas zusammen, "das Management hat beim Analystentag überzeugende Argumente vorgebracht, und wir warten mit angehaltenem Atem."
Entsprechend optimistisch zeigt sich Gianarikas auch für den Aktienkurs von Rivian. Er hob sein Kursziel von 20 US-Dollar auf 30 US-Dollar an und bescheinigt dem Anteilsschein damit ausgehend vom aktuellen Kursniveau ein sattes Kurspotenzial von 82,7 Prozent. Damit gehört er zu den mit Abstand optimistischsten Rivian-Analysten. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit 17,26 US-Dollar sogar unterhalb des aktuellen Aktienkurses.
Zahlen am 6. August
Einen aktuellen Blick in die Geschäftsentwicklung von Rivian bekommen Anleger und Analysten am 6. August, dann steht die Zweitquartalsbilanz des Unternehmens auf der Agenda. Auswirkungen des VW-Deals werden dann noch nicht zu sehen sein, aber insbesondere mit Blick auf die Resilienz des Unternehmens angesichts einer schwierigen Nachfragelage im EV-Segment dürften Umsatz- und Gewinnentwicklung unter genauer Beobachtung stehen. Auch auch vor dem Hintergrund, dass die Börse nach Bekanntwerden der Kooperation mit Volkswagen Vorschusslorbeeren verteilt hat.
Redaktion finanzen.at
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