Mehr als 1000 Tote 09.10.2023 16:22:39

Israel-Krieg: Kämpfe nach Angriff der Hamas auf Israel gehen weiter - Israel mobilisiert Reservisten - Abriegelung des Gazastreifens

Israel-Krieg: Kämpfe nach Angriff der Hamas auf Israel gehen weiter - Israel mobilisiert Reservisten - Abriegelung des Gazastreifens

Die israelische Luftwaffe bombardierte weitere Ziele der Hamas im Gazastreifen, wie Israels Verteidigungskräfte (IDF) am frühen Montagmorgen in ihrem Kanal im Nachrichtendienst Telegram mitteilten. Der Weltsicherheitsrat konnte sich bei einer Dringlichkeitssitzung am Sonntag (Ortszeit) laut US-Medienberichten auf keine einmütige Verurteilung der islamistischen Hamas verständigen.

Die USA verlegen als Reaktion auf den Konflikt den Flugzeugträger "USS Gerald R. Ford" und weitere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer. Außerdem seien Vorbereitungen getroffen worden, um Luftwaffengeschwader der Air Force mit ihren Kampfjets in die Region zu verlegen, teilte das US-Verteidigungsministerium am Sonntag mit. Israels Streitkräften werde zusätzliche Ausrüstung und Munition zur Verfügung gestellt, erklärte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin.

Israel habe im Süden rund 100 000 Reservisten zusammengezogen, erklärte ein Sprecher der IDF in der Nacht zum Montag. Die Aufgabe sei, dass die Hamas am Ende des Krieges militärisch nicht mehr in der Lage sein werde, Israelis zu bedrohen. Zugleich werde man dafür sorgen, dass die Hamas den Gazastreifen nicht mehr regieren könne.

Man habe unter anderem ein Gebäude angegriffen, in dem Angehörige der Hamas untergebracht waren, teilten die IDF mit. Zugleich seien mehrere Kommandozentralen der Hamas attackiert worden, darunter eine von Mahmad Kaschta, einem hochrangigen Mitglied der Marine. Zudem sei eine operative Einrichtung der Hamas ins Visier genommen, die sich in einer Moschee in der Stadt Dschabalia befunden habe, hieß es.

Die Hamas hatte am Samstagmorgen von Gaza aus überraschend Raketenangriffe gegen Israel begonnen. Gleichzeitig drangen bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor und griffen Menschen in mehreren Orten in Grenznähe an. Die Hamas benutze Zivilisten als "menschliche Schutzschilde", erklärten Israels Verteidigungskräfte am Montagmorgen in einem Beitrag auf der Plattform x (vormals Twitter). Zudem verstecke sie im Gazastreifen "terroristische Infrastruktur in zivilen Gebieten", "schändet und verstümmelt" Leichen, töte "absichtlich Zivilisten", entführe Zivilisten und halte sie als Geiseln, hieß es in einer mit Fotos versehenen Auflistung von "Kriegsverbrechen der Hamas".

Der UN-Sicherheitsrat tagte am Sonntag (Ortszeit) zu dem Konflikt, traf hinter verschlossenen Türen jedoch keine Beschlüsse, wie der US-Fernsehsender CNN unter Berufung auf Ratsmitglieder berichtete. "Ich möchte nicht näher darauf eingehen, was in dem Briefing wirklich besprochen wurde, aber es gibt eine ganze Reihe von Ländern, die die Angriffe der Hamas verurteilt haben", wurde der Vize-Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, zitiert. Offensichtlich hätten aber nicht alle Länder die Angriffe der Hamas verurteilt. Die USA hatten vor der Sitzung deutlich gemacht, dass sie eine Verurteilung der Hamas von allen Ratsmitgliedern erwarteten.

Ein israelischer Militärsprecher bezifferte die Zahl der nach Israel eingedrungenen bewaffneten Palästinenser in der Nacht zum Montag auf etwa 1000. Sie waren am jüdischen Feiertag Simchat Tora (Freude der Tora) in Orte eingedrungen und gingen auf der Suche nach Opfern von Haus zu Haus. Auf einem Festival-Gelände in der Negev-Wüste fanden Einsatzkräfte mindestens 260 Leichen, wie die Nachrichten-Website Ynet unter Berufung auf den Rettungsdienst Zaka am Sonntagabend berichtete. Die Palästinenser töteten nicht nur Hunderte Israelis, sondern verschleppten nach israelischen Angaben auch mehr als 100 Menschen, darunter Frauen, Kinder und Alte, in den Gazastreifen.

Ungefähr 700 israelische Zivilisten und Soldaten seien getötet worden, teilte der Militärsprecher mit. Mehr als 2380 weitere Menschen erlitten wurden nach Angaben des Gesundheitsministerium verletzt. Viele befänden sich in einem kritischen Zustand, weswegen die Zahl der Todesopfer weiter steigen könnte. Bei den Gegenangriffen des israelischen Militärs kamen im Gazastreifen mindestens 436 Menschen ums Leben, wie das Gesundheitsministerium in Gaza am Sonntagabend mitteilte. Mehr als 2270 Menschen wurden verletzt. Die islamistische Hamas feuerte unterdessen am Sonntagabend weitere Raketen Richtung Israel ab. Im Großraum Tel Aviv und anderen Städten des Landes gab es Raketenalarm.

Die Kämpfe im Süden Israels dauerten unterdessen weiter an, erklärte der Sprecher der israelischen Streitkräfte. "Unsere Soldaten kämpfen und jagen weiter die letzten Terroristen, die sich noch innerhalb von Israels Territorium befinden". Bei Israels Vergeltungsangriffen im Gazastreifen wurde nach Angaben der UN auch eine Schule des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) getroffen und schwer beschädigt. Darin hätten sich mehr als 225 Menschen vor Angriffen in Sicherheit gebracht, teilte das Hilfswerk am Sonntag mit. Es seien aber keine Opfer gemeldet worden, hieß es.

Israel mobilisiert 300 000 Reservisten - bisher größte Zahl

Angesichts des verheerenden Angriffs der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hat Israel die Mobilisierung von rund 300 000 Reservisten angeordnet. Das Land steht damit möglicherweise vor einer militärisch wie diplomatisch riskanten Bodenoffensive in dem dicht besiedelten Küstenstreifen. Dies sei die größte Mobilisierung in der israelischen Geschichte in so kurzer Zeit, sagte ein Armeesprecher am Montag.

Die Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird, hatte am Samstag bei einem Großangriff auf das israelische Grenzgebiet unter Zivilisten das schlimmste Blutbad seit der israelischen Staatsgründung angerichtet. Dabei wurden mindestens 700 Menschen getötet und rund 2400 weitere verletzt.

Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid sprach vom "blutigsten Tag" seit dem Holocaust. Große Sorge bereitete das Schicksal von rund 100 in den Gazastreifen verschleppten israelischen Geiseln und eine mögliche Ausweitung des Konflikts.

Auch für die rund zwei Millionen überwiegend armen Bewohner des Gazastreifens dürfte sich die Lage weiter extrem verschlechtern. Bei massiven israelischen Luftschlägen starben nach palästinensischen Angaben bisher mehr als 550 Menschen, mehr als 2800 wurden verletzt.

Israel ordnete die komplette Abriegelung des nur 40 Kilometer langen und sechs bis zwölf Kilometer breiten Gazastreifens an, der nur etwas größer als München ist. Verteidigungsminister Joav Galant sagte: "Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel und keinen Treibstoff geben." Man habe es mit Barbaren zu tun. Energieminister Israel Katz verfügte einen Stopp der Wasserversorgung des Gazastreifens durch Israel. Das Grundwasser im Gazastreifen ist stark versalzen.

Unklar war, ob Ägypten humanitäre Hilfslieferungen über die südliche Grenze zulassen würde. Deutschland, die EU und andere Staaten wie Australien setzten Hilfen für die palästinensische Bevölkerung angesichts des Hamas-Terrors zunächst aus. Die deutschen Programme würden umfassend und mit offenem Ausgang überprüft, sagte eine Sprecherin des Ministeriums in Berlin.

Hamas-Terroristen waren am Samstag, dem jüdischen Feiertag Simchat Tora (Freude der Tora), in grenznahe Orte eingedrungen und auf der Suche nach Opfern von Haus zu Haus gegangen. Sie erschossen Männer, Frauen und Kinder und verschleppten andere in den Gazastreifen.

Bei einem Musikfestival in der Negev-Wüste wurden nach Angaben von Rettungskräften allein 260 überwiegend junge Teilnehmer von den Terroristen getötet. In sozialen Medien waren grauenvolle, nur schwer zu ertragende Bilder zu sehen.

Israel nimmt das Schicksal verschleppter Bürger extrem ernst. Die Dimension der jetzigen Geiselnahme wird erst angesichts eines früheren Falls wirklich deutlich. 2006 entführte die Hamas einen israelischen Soldaten, Gilad Schalit, hielt ihn fünf Jahre in Gaza gefangen, bis er 2011 nach jahrelangen Verhandlungen unter anderem unter Vermittlung eines deutschen Diplomaten gegen mehr als 1000 in Israel inhaftierte Palästinenser ausgetauscht wurde.

Unter den nun Verschleppten sind auch Bürger mehrerer westlicher Staaten, darunter eine Deutsche. Viele besitzen den Berichten zufolge die doppelte Staatsbürgerschaft.

Die Hamas forderte einen Gefangenenaustausch. Sie verlange die Freilassung von 36 inhaftierten Palästinenserinnen in Israel für die Übergabe von älteren entführten Israelinnen, sagte ein Hamas-Sprecher. Wie viele israelische Frauen ausgetauscht werden sollen, sagte er nicht. Der Golfstaat Katar vermittelt demnach. Ein Sprecher der israelischen Regierung wollte sich dazu nicht äußern.

Viele Israelis, die seit Jahrzehnten mit Gewalt konfrontiert sind, reagieren sind geschockt und wütend darüber, dass das hochgerüstete Land so überrumpelt werden konnte. "Das ist ein großes Versagen. Trotz der ganzen Technik, der Zäune und hohen Kosten, unglaublich", sagte ein israelischer IT-Spezialist in Tel Aviv der Deutschen Presse-Agentur.

Ähnlich wie nach dem Überraschungsangriff mehrerer arabischer Staaten auf Israel im Oktober 1973 im Jom Kippur-Krieg dürfte es nach dem Ende der heißen Phase des Konflikts viele Fragen an die Regierung sowie an die Geheimdienste und das Militär geben.

Die Armee reagierte mit massiven Bombardierungen des Gazastreifens. Es sei ein Gebäude angegriffen worden, in dem Angehörige der Hamas untergebracht waren, teilte die Armee mit. Auch mehrere Kommandozentralen der Hamas seien attackiert worden, darunter eine von Mahmad Kaschta, einem hochrangigen Mitglied der Marine. Eine Moschee in Dschabalia wurde in Schutt und Asche gelegt. Dort habe sich eine operative Einrichtung der Hamas befunden.

Die Möglichkeit einer israelischen Bodenoffensive in den Gazastreifen stand weiter im Raum. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte schon am Sonntag "Rache" geschworen. "Wir werden den Nahen Osten verändern", sagte er laut einer Mitteilung der Repräsentanten israelischer Ortschaften im Süden des Landes. "Was die Hamas erleben wird, wird hart und fürchterlich sein. Wir sind erst am Anfang."

Aufgabe der Armee sei es, die Hamas so zu schwächen, dass sie Israelis nicht mehr bedrohen könne, sagte ein Armeesprecher. Zugleich werde dafür gesorgt, dass die Hamas den Gazastreifen nicht mehr regieren könne.

In der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv, in Jerusalem und anderen Städten Israels gab es auch am Montag Raketenalarm. Es wurde von Verletzten berichtet. Militante Palästinenser haben seit Samstag Tausende Raketen abgefeuert. Die meisten zielten auf Grenzorte zum Gazastreifen.

Am Montag erschoss die israelische Armee mehrere Bewaffnete im Norden des Landes, die vom feindlichen Nachbarland Libanon aus nach Israel eingedrungen waren. Das israelische Fernsehen berichtete, Einwohner im Norden seien angewiesen worden, in Schutzräumen zu bleiben. Die eng mit dem Iran verbündete Schiitenorganisation Hisbollah dementierte eine Beteiligung an dem Vorfall, auf den Israel mit Beschuss von Zielen im Süden des Nachbarlandes reagierte.

Der Weltsicherheitsrat konnte sich bei einer Dringlichkeitssitzung am Sonntag (Ortszeit) laut US-Medienberichten auf keine einmütige Verurteilung der islamistischen Hamas verständigen. Die Sorge ist groß, dass der Konflikt weitere Teile der Region erfassen könnte.

Israel verfügt nach Hamas-Großangriff Abriegelung des Gazastreifens

Israel hat nach dem verheerenden Hamas-Großangriff mit mehr als 700 Toten im Grenzgebiet eine komplette Abriegelung des Gazastreifens angeordnet. Verteidigungsminister Joav Galant sagte am Montag, er habe eine entsprechende Anweisung gegeben. "Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel und keinen Treibstoff geben." Man habe es mit Barbaren zu tun und werde dementsprechend handeln. Energieminister Israel Katz verfügte zudem einen Stopp der Wasserversorgung des Gazastreifens durch Israel.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Sonntag bereits einen grundsätzlichen Stopp der Einfuhr von Strom, Brennstoff und Waren in das Palästinensergebiet beschlossen.

Dies war Konsequenz eines Überraschungsangriffs, bei dem die Hamas am Samstag unter israelischen Zivilisten das schlimmste Blutbad in der Geschichte des Landes angerichtet hatte. Bewaffnete Palästinenser drangen über Land, See und Luft vor. Die von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestufte islamistische Palästinenserorganisation feuerte zudem Tausende Raketen auf Israel ab. Das Land reagierte mit Gegenangriffen.

Ein israelischer Militärsprecher erklärte, es sei die Hamas, die selbst bei dem Großangriff am Samstag die Übergänge nach Israel zerstört habe. Ein Grenzverkehr sei daher gegenwärtig ohnehin nicht möglich. Man werde sich auch mit dem Wiederaufbau nicht beeilen.

Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen nach UN-Angaben unter sehr schlechten Bedingungen. Der Gazastreifen zieht sich über eine Länge von etwa 40 Kilometer am Mittelmeer entlang und ist etwa sechs bis zwölf Kilometer breit. Die Fläche ist etwas größer als die von München. Die Hamas hatte 2007 gewaltsam die alleinige Macht an sich gerissen. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Küstengebiets, die von Ägypten mitgetragen wird. Es ist unklar, ob Kairo etwa humanitäre Transporte in den Gazastreifen über die ägyptische Grenze genehmigen würde.

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TEL AVIV/GAZA (dpa-AFX)

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