Immofinanz zieht vor EGMR |
22.01.2014 14:29:00
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Immofinanz fühlt sich von Justiz unfair behandelt
Die Beschwerde wurde am 15. Jänner eingebracht. "Wir beantragen rückwirkend ein faires Verfahren", so Stefan Frömmel, Vorstand der Aviso Zeta AG, am Mittwoch vor Journalisten in Wien. Er wähnt eine "Fehlkonstruktion in der österreichischen Verfassung", da es nicht möglich sei, wenn ein OGH-Richter befangen ist, vor den heimischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu ziehen.
Im konkreten Fall habe die Immofinanz erst nach der letztinstanzlichen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erfahren, dass der Richter befangen gewesen sei. Eine daraufhin von der Immofinanz angestrengte Nichtigkeitsklage wurde vom OGH jedoch aus formalen Gründen zurückgewiesen. Schlichte Befangenheit werde nämlich nach derzeitiger Rechtslage nicht als Nichtigkeitsgrund gesehen, erläuterte Immofinanz-Rechtschef Josef Mayer. "Also Pech, wenn man nachher draufkommt. Das ist eine Lücke im Gesetz. Wir rechnen uns gute Chancen beim EGMR aus."
Besonders skurril aus Sicht des Immofinanz-Juristen: Der Richter habe in der Vergangenheit in Immofinanz-Anlegerverfahren mehrfach selbst seine Befangenheit angezeigt, was vom OGH in mehreren Entscheidungen bestätigt worden sei. Er sei nämlich als Immofinanz- und Immoeast-Aktionär selbst vom Kursverfall betroffen gewesen und habe 2009 allfällige Ansprüche gegen die Immofinanz an einen Prozessfinanzierer abgetreten. Später habe er seinen Vertrag mit dem Prozessfinanzierer gekündigt und sich nicht neuerlich als befangen erklärt. Im Vorjahr habe er dann an einer Entscheidung mitgewirkt, in der der OGH eine Fehlberatung eines AWD-Vertrieblers der Aviso Zeta zugerechnet hat.
Bei diesem Urteil wird es auch bleiben, denn selbst, wenn das Gericht in Straßburg irgendwann - wahrscheinlich erst in ein paar Jahren - im Sinne der Immofinanz entscheiden wird, ist eine Neuaufrollung des Anlegerverfahrens nicht mehr möglich. Die Immofinanz will aber zumindest ihre bis dato entstandenen Kosten zurück. Ob der Konzern an eine Amtshaftungsklage denkt? "Die Frage stellt sich momentan nicht", so Mayer.
Auch auf unterer Ebene legt sich die Immofinanz mit der Justiz an. In den vergangenen Tagen brachte der Konzern Befangenheitsanträge gegen einen Richter des Wiener Handelsgerichts ein, der für 80 Anlegerverfahren zuständig ist. Der Mann habe unter anderem ein Urteil gegen die Immofinanz-Gruppe gefällt, obwohl ihm Kläger und Beklagte vorher mitgeteilt hätten, dass sie sich voraussichtlich vergleichen wollen.
Apropos Vergleich: Einen Generalvergleich mit allen geschädigten Anlegern kann sich der Immofinanz-CEO Eduard Zehetner zwar grundsätzlich vorstellen, aber nicht in naher Zukunft. "Der Zeitpunkt ist noch lange nicht gekommen. Prinzipiell ist ein Vergleich immer möglich."
Derzeit ist die Immofinanz-Gruppe noch mit rund 1.300 Anlegerverfahren konfrontiert. Dahinter stehen etwa 5.000 Kläger. 1.000 Verfahren wurden bereits beendet, davon "haben wir 960 gewonnen, oder zumindest nicht verloren", so Zehetner. Vielfach handelte es sich um Klagsabweisungen, zum Beispiel beim Garantieprodukt "Dragon FX", präzisierte Frömmel. Die etwa 40 verlorenen Verfahren kosteten den Konzern rund 10 Mio. Euro.
Ob es zwecks Reputation und letztendlich Aktienkurs nicht klüger wäre, sich die offenen Klagen a la Meinl Bank mit außergerichtlichen Einigungen vom Hals zu schaffen? "Die Meinl Bank tut gut daran, sich zu vergleichen. Bei uns ist das ein völlig anderes Thema", so Zehetner. Nach wie vor ist er der Ansicht, dass es nicht sein könne, "dass 5.000 (klagende) Aktionäre 65.000 andere bedrohen. Wer schützt die Aktionäre, die ihre Aktien behalten haben?", fragt sich der Immofinanz-Boss. "Eine schlechte Presse haben wir in der Tat", räumte er ein.
Zehetner stößt sich auch der Rechtsprechung des OGH, was die Frage betrifft, ob Fehlberatungen durch AWD-Berater der emittierenden Bank zugerechnet werden können. Während das Höchstgericht bis vor Kurzem Nein gesagt habe, habe es jetzt einen extremen Schwenk gegeben. "Nach OGH-Meinung reicht es, wenn der Anleger sagt, er hat das, was er unterschrieben hat, nicht gelesen", echauffierte sich Zehetner. "Dann können wir Verträge vergessen. Ich tue mir schwer, noch an die Rechtssicherheit in diesem Staat zu glauben."
Konzernjurist Mayer sieht im konkreten Fall AWD einen "geistigen Kurzschluss". Die jüngste Entscheidung des OGH wäre nachvollziehbar, wenn der AWD nur die Papiere eines Emittenten verkaufen würde. "Der AWD hat aber zig Mandate." AWD und die Aviso Zeta bzw. Immofinanz haben sich bisher gegenseitig noch nicht geklagt. Laut Mayer ist das jedoch "in beiden Fällen denkbar". In beide Richtungen gebe es bereits Nebeninterventionen, die Voraussetzung für gegenseitige Klagen. Die Qualität von Finanzberatern in den sogenannten Nullerjahren war nach Meinung von Mayer übrigens "haarsträubend" respektive "unter jeder Kritik".
Die Aviso Zeta, die Bad Bank des Immofinanz-Konzerns und frühere Constantia Privatbank, ist Zehetner zufolge mit Ansprüchen von 900 Mio. bis 1 Mrd. Euro konfrontiert. Davon stammt ein Drittel von Anlegern, zwei Drittel von der Immofinanz. "Der Haftungsfonds der Aviso Zeta kann das bei Weitem nicht abdecken.", dieser sei nur rund 80 Mio. Euro schwer.
Wobei die Immofinanz ihre Ansprüche bis zu einem allfälligen Konkurs der Aviso Zeta nachrangig gestellt habe. Im Falle einer Insolvenz der Aviso würden also "unsere Ansprüche wieder aufleben", was in einem "Hauen und Stechen beim Masseverwalter" resultieren würde. Die Immofinanz selbst hat für mögliche Niederlagen vor Gericht keine Rückstellungen gebildet, sehrwohl aber die Aviso Zeta. Über deren Höhe schweigt sich Zehetner jedoch aus.
(Schluss) snu/cri
ISIN AT0000809058 WEB http://www.immofinanz.com http://www.ogh.gv.at/
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