12.08.2013 09:30:00
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Immofinanz-Anlegerklagen - VKI vergleicht sich mit AWD
Der Rest geht für Verfahrenskosten drauf bzw. an den deutschen Prozesskostenfinanzierer Foris. Dieser hat die fünf vom VKI angestrengten Anleger-Sammelklagen finanziert und bekommt dafür eine Quote.
Der VKI hatte gegen den früheren AWD fünf Sammelklagen im Namen von insgesamt etwa 2.500 Kleinanlegern eingebracht. Der Streitwert vor Gericht betrug früheren Angaben zufolge etwa 40 Mio. Euro.
Bei der nunmehrigen Einigung ging man von einem Differenzschaden in Höhe von 23 Mio. Euro aus, basierend auf einem Immofinanz-Aktienkurs von 3,103 Euro, teilten VKI und Swiss Life am Montag mit.
Derzeit notiert die Immofinanz-Aktie an der Wiener Börse bei 3,13 Euro.
Die geschädigten Anleger bekommen somit nicht ganz ein Drittel von dem, was sie verloren haben: Mit dieser Lösung sind wir sehr zufrieden, weil sie rasch ist und weil der VKI dadurch an die Verbraucher rund 30 Prozent bezogen auf den Differenzschaden auszahlen kann", so VKI-Geschäftsführer Josef Kubitschek.
Die Einigung erfolgte knapp vor dem eigentlichen Start der Anlegerprozesse Anfang September. Dann hätten vorm Handelsgericht (HG) Wien erstmals Geschädigte bzw. Finanzberater einvernommen werden sollen.
Seit April verhandeln VKI und Swiss Life Select aber offiziell über eine Mediation.
Zuvor hatten sich die beiden Parteien jahrelang über Vorfragen vor Gericht gestritten. Der frühere AWD hatte stets bestritten, dass er beim Verkauf der Immobilienpapiere seine Kunden systematisch falsch beraten hat und sich mit allen juristischen Mitteln gegen die Sammelklagen gewehrt. Während der vom schillernden und streitbaren deutschen Unternehmer Carsten Maschmeyer gegründete Finanzkonzern stets darauf gepocht hatte, dass alle Fälle einzeln betrachtet werden müssten, hatte der VKI von systematischem Vorgehen gesprochen. Die Immofinanz- und Immoeast-Papiere seien in großem Stil als sicher wie ein Sparbuch an Kleinanleger vertrieben worden, die sich unter normalen Umständen keine Aktien gekauft hätten. Das Verlustrisiko sei verschwiegen worden, so der - stetig bestrittene - Hauptvorwurf des VKI. Die Verbraucherschützer und der AWD hatten sich nicht nur gerichtlich, sondern auch medial lange Zeit befetzt.
Nun herrschen andere Töne: "Die differenzierte Betrachtungsweise der Fälle hat eine Einigung ermöglicht. Mit der Beilegung des jahrelangen Rechtsstreites ist nun eine volle Konzentration auf die Bedürfnisse unserer Kunden gewährleistet", wird Swiss-Life-Select-Österreich-Geschäftsführer Eric Samuiloff zitiert. Und VKI-Geschäftsführer Kubitschek ließ wissen: "Im Übrigen sind wir zur Ansicht gelangt, dass die heutige Swiss-Life-Select-Organisation mit ihrer flachen Hierarchie nicht mehr mit dem früheren AWD-Strukturvertrieb vergleichbar ist."
Die Anleger, die sich den VKI-Sammelklagen angeschlossen haben, haben jetzt keine weiteren Ansprüche mehr an den Finanzberater: "Im Lichte des Vergleichs wird der Vorwurf der systematischen Fehlberatung nicht aufrechterhalten. Sämtliche im Zuge der 'Sammelklage-Verfahren' geltend gemachten Ansprüche der Anleger sind damit abschließend abgegolten", hieß es in der Pressemitteilung vom Montag.
Bei der Mediation haben die Streitparteien die Ansprüche zunächst gemeinsam geprüft. "Durch eine vertiefte Diskussion konnte Unterschieden in der Betrachtung der Fälle Rechnung getragen werden. Daraus folgend wurden unberechtigte Ansprüche ausgeschlossen." Swiss Life Select habe dann individuelle Lösungen für "verschieden gelagerte Fallgruppen" erarbeitet. Dabei seien bei der Errechnung des Vergleichsbetrags neben "spezifischen Anlegermerkmalen" auch "soziale Aspekte" berücksichtigt worden.
Die Anleger bekommen nun jeweils 30 Prozent ihres Differenzschadens. Jene, die ihre Aktien noch halten, können selbst entscheiden, ob sie diese verkaufen oder weiter behalten wollen, teilte Konsumentenschutzminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) mit. "Ich sehe dies als sehr tragfähigen Kompromiss an und bedanke mich bei beiden Parteien für ihre Anstrengungen, die dieses Ergebnis ermöglicht haben. Für die betroffenen KonsumentInnen konnte damit eine Lösung in ihrem Sinn gefunden werden. Viele Jahre weiteren Prozessführens bleiben ihnen so erspart", so Hundstorfer.
Viele der betroffenen Anleger sind schon fortgeschrittenen Alters; manche Geschädigte sogar zwischenzeitlich verstorben.
Vor dem Zusammenbruch des Immofinanz-Imperiums, das damals vom - mittlerweile nicht rechtskräftig wegen Untreue verurteilten - Konzernchefs Karl Petrikovics geleitet wurde, galten Immofinanz und Immoeast-Aktien als lukratives und relativ sicheres Investment. Mit dem Auffliegen der mutmaßlichen Malversationen des früheren Managements von Immofinanz, Immoeast und Constantia Privatbank (CPB, jetzt Aviso Zeta) vor rund fünf Jahren kam es allerdings zu einem beispiellosen Kursgemetzel. Im Jahr 2008 verlor das Papier rund 90 Prozent seines Werts. Begonnen hatte der Verfall aber schon im Gefolge der US-Subprime-Krise 2007.
Die Aufarbeitung der Immofinanz-Affäre beschäftigt nicht nur die Strafgerichte, sondern auch die Zivilgerichte. Neben den VKI-Sammelklagen sind Anleger, die sich geschädigt fühlen, auch gegen die Immofinanz direkt bzw. die Aviso Zeta vor Gericht gezogen. Manchen von ihnen ist es schon gelungen, sich so einen Teil ihrer Verluste zurückzuholen.
Dem Schweizer Versicherungskonzern Swiss Life hat das Kapitel Immofinanz bzw. AWD große Sorgen bereitet. Swiss Life hatte den deutschen AWD 2007 für rund 1,2 Mrd. Euro übernommen und große Hoffnungen in die neue Finanzberatungstochter gesteckt. Von der Wiener AWD-Zentrale aus sollte sich das Vertriebstor gen Osten öffnen. Daraus wurde aber nichts. Wien wurden Kompetenzen entzogen, das Geschäft in der Slowakei und Ungarn gänzlich eingestampft, Jobs gestrichen. 2012 schrieb Swiss Life schließlich fast 600 Mio. Euro auf den Firmenwert von AWD ab und benannte die Tochter in Swiss Life Select um.
(Schluss) snu/cri/cs
ISIN CH0014852781 WEB http://www.konsument.at http://www.awd.at http://www.swisslife.com/
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