Schwache Geschäftserwartunge 24.05.2023 12:20:00

ifo-Index verschlechtert sich deutlicher als erwartet

ifo-Index verschlechtert sich deutlicher als erwartet

Der ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 91,7 (April revidiert: 93,4) Punkte. Es war der erste Rückgang seit Oktober 2022. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen Rückgang auf 93,0 prognostiziert. Für April waren vorläufig 93,6 Punkte genannt worden.

Der Index der Lagebeurteilung verringerte sich auf 94,8 (revidiert: 95,1) Punkte. Volkswirte hatten einen Rückgang auf 94,5 Punkte prognostiziert. Für April waren vorläufig 95,0 Punkte gemeldet worden. Der Index der Geschäftserwartungen ging auf 88,6 (revidiert: 91,7). Erwartet worden waren 91,9 Punkte, Basis war ein vorläufiger April-Wert von 92,2. "Die deutsche Wirtschaft blickt skeptisch auf den Sommer", kommentierten die Konjunkturforscher das Ergebnis.

Im verarbeitenden Gewerbe verschlechtert sich das Geschäftsklima merklich. Insbesondere die Erwartungen stürzten ab. Einen stärkeren Rückgang gab es laut ifo-Institut zuletzt im März 2022 nach Beginn des Krieges in der Ukraine. Die Verschlechterung der Erwartungen zog sich nahezu durch alle Branchen. Auch die aktuelle Lage wurde weniger gut beurteilt. Der Auftragseingang ging zurück.

Im Dienstleistungssektor blieb der Index nahezu unverändert. Die Unternehmen waren mit ihren laufenden Geschäften zufriedenerer. Sie blickten aber pessimistischer auf die kommenden Monate. Im Handel fiel der Index deutlich. Der Indikator zur aktuellen Lage drehte nach fünf Monaten wieder in den negativen Bereich. Zudem nahmen die skeptischen Stimmen bei den Erwartungen merklich zu. Insbesondere im Großhandel verschlechterte sich die Stimmung.

Im Bauhauptgewerbe fiel der Geschäftsklimaindikator. Dies war auf schlechtere Einschätzungen zur aktuellen Lage zurückzuführen. Die Erwartungen blieben nahezu unverändert pessimistisch.

Ökonomen-Stimmen zum ersten Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex seit Herbst

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Mai erstmals seit einem halben Jahr wieder eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima fiel zum Vormonat um 1,7 Punkte auf 91,7 Zähler, wie das Ifo-Institut am Mittwoch in München mitteilte. Zuvor war das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer sechs Monate in Folge gestiegen.

Volkswirte hatten im Schnitt einen weniger starken Rückgang auf 93,0 Punkte erwartet. Die künftigen Geschäfte werden von den 9000 befragten Unternehmen deutlich schlechter als im Monat zuvor eingeschätzt. Auch die aktuelle Lage bewerten die Unternehmen im Mai weniger gut.

Jörg Zeuner, Chefvolkswirt Union Investment:

"Es zeichnet sich ab: Der Rückenwind nach der Corona-Pandemie hat an Kraft verloren. Bislang profitierte die Konjunktur von aufgestauter Nachfrage, angesparten Reserven und einem wieder vollumfänglichen Waren- und Dienstleistungsangebot. Auch das Ausbleiben eines Energieengpasses hat einen Einbruch der Wirtschaftsleistung über den Winter verhindert, aber der Effekt trägt nur noch wenig. Gleichzeitig nimmt der Gegenwind spürbar zu. Die Nachfrage in der Industrie liegt teils deutlich unter dem Produktionsvolumen, und die Unternehmen bauen im Wesentlichen ihre Auftragsbestände ab."

Andreas Scheuerle, Leiter Industrieländerkonjunktur bei der Dekabank:

"Schon das erste Quartal brachte der deutschen Volkswirtschaft eine Stagnation. Für das zweite Quartal droht gar eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts. Zu den Belastungen infolge der Kaufkraftvernichtung treten zunehmend die Folgen der Bekämpfung der Inflation. Die Geldpolitik tritt nicht nur hierzulande auf die Bremse. Der rasante globale Zinsanstieg lastet auch auf der Konjunktur wichtiger Handelspartnerländer, wie beispielsweise den USA oder Großbritannien. Das schmälert die deutschen Exporterfolge."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Von wirtschaftlicher Erholung kann keine Rede sein. Die Konjunkturrisiken haben wieder zugenommen. Es ist davon auszugehen, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr schrumpfen wird. Die noch immer hohen Inflationsraten und die deutlich gestiegenen Zinsen werden ihre vollen negativen Konsequenzen erst noch zeigen."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:

"Der erste deutliche Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas seit Oktober ist kein Ausreißer. Denn andere wichtige Frühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex für die Industrie oder die Auftragseingänge weisen bereits klar nach unten. Alles in allem sind die Konjunkturrisiken in den zurückliegenden Monaten deutlich gestiegen. Wir halten eine technische Rezession in der zweiten Jahreshälfte für wahrscheinlicher als eine konjunkturelle Erholung, die die meisten Volkswirte noch immer erwarten."

Jens-Oliver Niklasch, Analyst Landesbank Baden-Württemberg:

"Ein weiteres Schwächesignal. Das sieht weiterhin nach Rezession aus. Schon die Konjunkturdaten im März waren besorgniserregend. Die Abschwächung scheint sich fortzusetzen. Einerseits entfalten die höheren Zinsen ihre Wirkungen, dann belastet die Teuerungswelle inklusive Lohnentwicklung der letzten Quartale. Sonstige Faktoren wie die Konjunktur in China oder in den USA sprechen ebenfalls gegen die hiesige Wirtschaft. Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung spendet auch wenig Hoffnung. Das zweite Quartal dürfte vermutlich eine nachlassende Wirtschaftsleistung verzeichnen."

Ulrich Wortberg, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen:

"Bleibt zu hoffen, dass eine Rezession vermieden werden kann. Wir halten im Jahresverlauf eine Erholung für möglich - getragen vom vergleichsweise robusten Dienstleistungssektor. Die Zinserwartungen bezüglich der Europäischen Zentralbank dürften mit dem Ifo-Index kaum forciert werden."

FRANKFURT (Dow Jones) / (dpa-AFX)

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Bildquelle: ifo
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