Kometenhaften Aufstieg |
12.10.2022 06:06:00
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Hoffnungsträger gegen Corona: Die Geschichte von BioNTech
• Krebsforschung auf mRNA-Basis
• Bis zu 2,2 Milliarden Impfdosen für 2021 geplant
Das deutsche Unternehmen BioNTech aus Mainz war lange Zeit nur den Branchenkennern bekannt. Das änderte sich spätestens mit den Erfolgen in der Forschung nach einem Corona-Impfstoff. Doch großen internationalen Investoren wie den Pharmakonzernen Pfizer und Roche oder der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung war das Potenzial des Mainzer Biotech-Unternehmens längst bekannt. Hinter BioNTech steht das Ehepaar Ugur Sahin und Özlem Türeci, die das Unternehmen im Jahr 2008 zusammen mit Christoph Huber zum Zweck der Krebsforschung ins Leben riefen.
Krebsforschung als Initialzündung
Die beiden Kinder türkischer Einwanderer lernten sich auf der Krebsstation des Krankenhauses in Homburg kennen. Ugur Sahin hatte sein Medizinstudium bereits abgeschlossen und arbeitete als Arzt, während sich Özlem Türeci am Ende ihres Medizinstudiums befand. Sie verschrieben sich der Forschung rund um Lungen- und Speiseröhrenkrebs, unter anderem an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, wo Türeci noch heute als Privatdozentin und Sahin als Professor lehrt. Es fehlten allerdings Gelder für ihre Krebsforschungen, weshalb sie mit weiteren Partnern und Investoren im Jahr 2001 ihr erstes Unternehmen, GANYMED Pharmaceuticals, gründeten. 2016 verkaufte das Ehepaar das Unternehmen für mehr als 400 Millionen Euro an das japanische Pharmaunternehmen Astellas. Die Gründung des Biotechnologie-Unternehmens BioNTech (Biopharmaceutical New Technologies) erfolgte im Jahr 2008, zusammen mit dem österreichischen Mediziner Christoph Huber.
Innovation sorgt für Aufsehen
BioNTech erlangte nicht nur aufgrund des hervorragenden Rufs der Wissenschaftler die Aufmerksamkeit von Kapitalgebern, Geschäftspartnern und anderen Wissenschaftlern. Statt üblicher Chemotherapie oder weiteren Bestrahlungstechniken setzte BioNTech im Kampf gegen Krebs auf hochinnovative Verfahren auf Ebene der "Molekularbiologie und Gentechnik mit größtmöglicher Digitalisierung", heißt es in einem Bericht der "Tagesschau". Der Schwerpunkt des Unternehmens liegt in der Erforschung von Medikamenten auf mRNA-Basis. Das bedeutet, der menschliche Körper soll durch eine entsprechende Therapie selbst dafür trainiert werden, mit seiner eigenen Immunabwehr und eigen-gebildeten Antigenen Krebszellen anzugreifen und somit den Krebs selbst zu bekämpfen. Die Unternehmensvision von BioNTech lautet daher auch: "Wir wollen die Krebsmedizin individualisieren". Mit diesem Verfahren sollen sich nicht nur Tumore, sondern auch Coronaviren und weitere Infektionskrankheiten wie Grippe oder HI-Viren bekämpfen lassen. Der von BioNTech entwickelte Corona-Impfstoff basiert ebenfalls auf dieser Methode.
Die Arbeiten des Mainzer Biotechnologie Unternehmens blieben keinesfalls unentdeckt. Bis 2019, noch bevor das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 entdeckt wurde, investierten die Pharmakonzerne Pfizer, Roche, Sanofi und Eli Lilly in BioNTech. Auch die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung stieg mit einer 50 Millionen Euro schweren Summe bei BioNTech ein. Haupteigentümer Thomas Strüngmann war, wie er bereits zu diesem Zeitpunkt äußerte, schon damals von BioNTechs Potenzial überzeugt: "BioNTech kann zum Amazon der Biotechbranche werden".
Der Börsengang 2019
Doch von diesem Optimismus war beim IPO am 10. Oktober 2019 wenig zu sehen. Trotz des Hauptsitzes in Mainz wählte BioNTech die US-Technologiebörse NASDAQ für den Börsengang. BioNTech plante, insgesamt 13,2 Millionen Aktien zu einem Preis von 18 bis 20 US-Dollar zu platzieren. Letztlich wurden es 10 Millionen Aktien zu je rund 15 US-Dollar. Eine Unternehmensbewertung von 3,4 Milliarden US-Dollar stand zu Buche. Aus den geplanten 230 Millionen US-Dollar, die eingesammelt werden sollten, wurden 150 Millionen US-Dollar.
Der erste Handelstag blieb ebenfalls hinter den Erwartungen zurück: Die Aktie ging mit 14,24 US-Dollar aus dem Handel und lag damit 13,7 Prozent unter dem Erstpreis von 16,50 US-Dollar. Doch BioNTechs Durchbruch an der Börse sollte noch folgen.
Forschungsprojekt "Lightspeed" als Katapult an der Börse
Im Zuge des Ausbruches der Corona-Pandemie in Wuhan stellte BioNTech im Januar die Forschung auf das Projekt "Lightspeed" um, um zusammen mit Pfizer möglichst schnell einen Corona-Impfstoff zu entwickeln. Bereits seit mehreren Monaten wurde an der Produktion des Impfstoffes mit der Kennung "BNT1162b2" gearbeitet, eine ausgebliebene Zulassung wäre einem hunderte Millionen Euro schweren Rückschlag gleichgekommen. Investitionen und Risiken, die sich rückblickend als Erfolg erweisen.
Um die Produktion anzukurbeln, ging das Unternehmen diverse Partnerschaften ein. So kann BioNTech unter anderem auf Produktionskapazitäten des Arzneimittelherstellers Dermapharm zurückgreifen. Ebenso erfolgte ein Zukauf einer Produktionsstätte des Schweizer Pharmaunternehmens Novartis, um die Produktionskapazitäten ausweiten zu können. Schließlich umfassen geschlossene Lieferverträge für 2021 rund 2,2 Milliarden BNT162b2-Impfstoffdosen, so das Unternehmen.
Diese Erfolge zeigen sich nun auch am Preis der Anteilsscheine von BioNTech. Im Vergleich zum Jahresbeginn konnte die Aktie bis Anfang Dezember über 300 Prozent zulegen. Das entspricht einem Börsenwert von rund 81 Milliarden US-Dollar. .
Nicht nur ein Eisen im Feuer
Trotz der Fortschritte und Impfstoff-Erfolge ist eines nicht außer Acht zu lassen: BioNTech ist allen voran auf die Behandlung von Krebserkrankungen spezialisiert. Ursprünglich wurde das Unternehmen mit der Vision gegründet, jeden Krebspatienten mit einer individuell auf ihn zugeschnittenen Therapie behandeln zu können. Ulrich Förstermann, Vorstand des Universitätsklinikum Mainz, äußerte gegenüber der "Tagesschau", dass BioNTechs "Krebsimmuntherapie langfristig noch viel wichtiger sein wird als die aktuelle BioNTech-Entwicklung zum Corona-Impfstoff". Experten rechnen laut einem Bericht der "Augsburger Allgemeinen" mit einer Krebstherapie von BioNTech in wennigen Jahren. Dies könnte der Erfolgsgeschichte von BioNTech einen weiteren Schub verleihen ins Rollen bringen.
Philipp Beißwanger / Redaktion finanzen.ch
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