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16.09.2008 12:57:00

HINTERGRUND: 'Gorilla' in Nadelstreifen: Lehman-Chef Fuld führt letzten Kampf

        NEW YORK (dpa-AFX) - Richard Fuld spricht gern vom "grünen Blut" in seinen Adern: Grün wie die Firmenfarbe der US-Investmentbank Lehman Brothers, deren legendärer Chef er ist. Noch. Denn das Traditionshaus steht nach Milliardenverlusten durch die Kreditkrise vor dem Aus. Und daran trägt der 62-jährige Fuld mit seiner Halsstarrigkeit nach Ansicht von Beobachtern gehörig Schuld. Sein wohl letzter Kampf ist jetzt, zumindest die Filetstücke von Lehman Brothers durch einen Verkauf zu retten.

GESAMTES BERUFSLEBEN BEI LEHMAN VERBRACHT

    Der gebürtige New Yorker ist der dienstälteste Chef an der Wall Street. Kaum ein anderer Bankenboss verkörpert sein Haus so sehr wie Fuld. Sein gesamtes rund 40-jähriges Berufsleben verbrachte er bei Lehman Brothers. Als Praktikant kam er 1969 an Bord. In eben jenem Jahr starb mit Robert Lehman auch der letzte Nachkomme der deutschen Gründerfamilie an der Spitze des Finanzhauses.

    Als langjähriger Trader kennt Fuld das Business von der Pike auf. Und er erlebte bei Lehman manch schwere Krise. Einer der dunkelsten Momente war für ihn 1984 der Verkauf an den Finanzkonzern American Express - schon damals aus Kapitalnot. Fuld bekämpfte die Übernahme, empfand sie als Schmach. Als Amex die Investmentbank zehn Jahre später wieder ausspuckte und an die Börse brachte, kam Fuld an die Spitze von Lehman Brothers.

NICHT FÜR VIELE WORTE BEKANNT

    Bei den zuletzt 25.000 Beschäftigten ist der Chef nicht gerade für viele Worte bekannt. Seine Ansagen sind meist so kurz wie kompromisslos. "Gorilla" nennen sie ihn wegen seines einschüchternden Managementstils und der Gewichtheber-Statur. Mit geradezu verbissener Zielstrebigkeit verhalf Fuld "seinem" Haus zu Renommee und enormen Gewinnen. Auch er selbst verdiente daran gut - vergangenes Jahr über 40 Millionen Dollar, zu Spitzenzeiten sogar doppelt so viel.

IM JUNI ZUM ERSTEN MAL ROTE ZAHLEN

    Doch Lehmans langem Aufstieg folgte ein umso schnellerer Fall: Nie hatte die börsennotierte Gesellschaft rote Zahlen geschrieben - bis zum ersten Verlust im Juni dieses Jahres. Von da an ging es steil bergab. Anfang der Woche nun der Insolvenzantrag mit Gläubigerschutz.

    Der Erfolg und das Vertrauen allein in die eigene Erfahrung machten Fuld zuletzt laut Weggenossen fast blind für die drohenden Gefahren. Er ignorierte Warnungen, machte sich rar, wollte es besser wissen als all die Anleger, die in Scharen flohen und Lehman einen praktisch totalen Kursverlust bescherten. Kritiker sprachen offen von Hochmut. Der leidenschaftliche Squash-Spieler Fuld hasst das Verlieren wie die Pest.

    "Wir haben schon einige Widrigkeiten erlebt und sind dadurch jedes Mal stärker geworden", tönte der Manager noch vergangenen Mittwoch. Zwei Tage später stand Lehman zum Verkauf, doch wegen der Risiken wollte niemand mehr Fulds Lebenswerk haben. Dabei hatte er es selbst besser gewusst. "Ich habe Sorge, dass wir arrogant werden könnten", mahnte er schon vor drei Jahren in einem Interview. "Wenn Du arrogant wirst, verlierst Du Deinen Weg und beginnst, Fehler zu machen."/fd/DP/gr

    --- Von Roland Freund, dpa ---

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