12.10.2008 22:42:00
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HINTERGRUND: Euro-Staaten planen Vertrauensoffensive - Merkel mit Paris einig
Alle Maßnahmen würden nur ergriffen, "um die Wirtschaft am Laufen zu halten, um den Menschen ihre Guthaben zu sichern", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy unterstützte sie darin: Die Banken, denen geholfen werde, würden verpflichtet, den Verbrauchern und Kleinunternehmen Kredite zu geben. "Wir machen das nicht, um den Banken zu gefallen." Sarkozy machte klar, dass alles haarklein abgestimmt sei: "Wir wissen genau, was die Bundesregierung für Deutschland verkündet. Sie wissen genau, was die französische Regierung ankündigt." Und die Briten würden die Vorschläge der Euro-Staaten in der EU unterstützen.
Bis zum Ende strittig war die Entscheidung, die am weitesten über die G7-Einigung hinaus geht: Es wird ins Auge gefasst, nicht nur den Banken, sondern auch produzierenden Unternehmen aus der Liquiditätsklemme zu helfen. Beschlossen wurde das aber nicht: Die Europäische Zentralbank wird das nur prüfen. Einen "Paulson-Plan der Euro-Staaten", also zum Beispiel einen gemeinsamen Fonds zur Rettung ihrer Banken, soll es weiterhin nicht geben. Die Bundesregierung springt über ihren Schatten und akzeptiert Staatsgarantien für Kreditgeschäfte zwischen Banken sowie vorübergehende Teilverstaatlichungen von Banken, wie es Franzosen, Briten und andere schon vorgemacht haben.
Das Wort Teilverstaatlichung wird dabei allerdings peinlichst vermieden; man spricht von Rekapitalisierung. Eine "Totalgarantie für Bankrotteure" gibt es weiterhin nicht. Doch wenn eine Pleitebank so groß ist, dass sie andere Banken oder Kunden in den Strudel mitreißen würde, wird sie gerettet. Im Politikerdeutsch heißt das: Die Banken müssen "systemrelevant" sein. So wie Lehman Brothers: Die Entscheidung der US-Regierung vom 16. September, die Investmentbank sterben zu lassen, wird heute als Auslöser der weltweiten Panik angesehen. "Der Konkurs von Lehman Brothers hat das Entscheidende zerstört: das Vertrauen", heißt es. "Kleine Fische" unter den Banken könnten dagegen pleite gehen.
Die Sparkassen schlugen schon Alarm und fordern einen "Rettungsschirm für alle Kreditinstitute gleichermaßen". Man dürfe nicht ausgerechnet die Institute schwächen, die sich zuvor selbst helfen konnten. Krise und Krisenlösung haben ein Vorbild: Nicht den viel zitierten Börsenkrach von 1929, sondern die US-Sparkassenkrise vor 20 Jahren. Schon damals gingen Sparkassen und kleinere Banken wegen einer Immobilienkrise in einem deregulierten Markt und einer Flut wertloser Anleihen ("Junkbonds") in die Knie. Der Staat sprang ein, übernahm marode Sparkassen und schulterte für 150 Milliarden Dollar Verluste aus Risikokrediten. Außerdem machte Washington 70 Milliarden Dollar für Beteiligungen an Banken flüssig und die Notenbank sorgte für Liquidität.
Die gewaltigen Kosten - mehrere Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung - trugen am Ende die Steuerzahler. Noch vor wenigen Tagen hatten die Deutschen eindringlich vor solchen Rettungspaketen gewarnt. "Wenn wir einen Sack mit Geld in die Mitte stellen, dann reicht der Sack nicht", hieß es. Denn dann wollten alle hineingreifen. Auch dafür gibt die US-Sparkassenkrise ein Beispiel. Am Ende wurden fast fast alle Institute vom Staat gestützt, obwohl nur ein Teil echte Probleme hatte./hn/DP/zb --- Von Hans-Hermann Nikolai, dpa ---
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