26.08.2018 13:16:43
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Hessen verspekuliert 375 Millionen Euro an Steuergeldern - Zeitung
BERLIN (Dow Jones)--Das Land Hessen hat nach Recherchen der Zeitung Welt am Sonntag (WamS) in den vergangenen Jahren durch riskante Finanzgeschäfte mehrere Hundert Millionen Euro an Steuergeldern verspekuliert. Langfristig drohten demnach sogar Mehrausgaben in Milliardenhöhe, schreibt die Zeitung, die, "um der Vernichtung von sehr viel Steuergeld auf die Spur zu kommen, Tausende Seiten Rechnungshof- Schulden- und Haushaltsberichte aus den vergangenen Jahren analysiert" habe.
Es gehe um Zinsderivate, die die Schuldenverwaltung des hessischen Finanzministeriums im Jahr 2011 gekauft habe. Damit habe man sich für die Zukunft einen vermeintlich niedrigen Zinssatz sichern wollen. Aufgrund der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der deshalb stark gefallenen Zinsen sei diese Wette aber nicht aufgegangen. Hoch riskant seien die große Menge der erworbenen Derivate und die extrem lange Laufzeit von 40 Jahren.
Was die Finanzgeschäfte den hessischen Steuerzahler am Ende insgesamt kosten werden, ist laut WamS noch nicht klar. Das liege daran, dass noch nicht alle Papiere angelaufen seien. Hessen habe sich 2011 auf einen Zinssatz festgelegt für Kredite, die erst in den Folgejahren anliefen. Einige der Kredite starteten sogar erst 2021. Insgesamt handele es sich um 65 sogenannte Zinssicherungsderivate.
Bei einigen Papieren sei ein Schaden schon entstanden, bei anderen handele es sich bislang nur um Buchverluste. Die bereits gestarteten Papiere hätten bereits zu hohen Mehrkosten geführt, weil die vereinbarten Festzinsen deutlich über den aktuellen Marktkonditionen lagen. Allein für die ersten zehn im Jahr 2013 angelaufenen Papiere habe der hessische Landesrechnungshof Zusatzkosten von 375 Millionen Euro errechnet. Diese Mehrausgaben könne das Land Hessen nicht mehr abwenden, egal, wie der Zins sich in der Zukunft entwickele. Sollten die Zinsen in den kommenden drei Jahren nicht spürbar steigen, würden weitere Kosten auf die Steuerzahler zukommen. Aktuell liege das Derivateportfolio des Landes Hessen mit 3,2 Milliarden Euro im Minus.
Im hessischen Finanzministerium und im Landesrechnungshof war am Sonntag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Laut Welt am Sonntag verteidigte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) jedoch die Derivategeschäfte: "Wir haben nicht spekuliert, sondern für Planungssicherheit gesorgt." Der Landesrechnungshof habe sich auf Anfrage der Zeitung nicht zu dem Prüfverfahren äußern wollen, da es noch nicht abgeschlossen sei. Es sei bei komplexen Themen nicht ungewöhnlich, dass die Prüfung weit über ein Jahr dauere.
Hessen sei nicht das einzige Bundesland, das Derivategeschäfte mit Steuergeldern tätige. Eine Umfrage der WamS habe ergeben, dass bis auf Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen alle anderen Länder Derivate einsetzten. Die meisten von ihnen hätten dabei mindestens Buchverluste angehäuft, aus denen in den kommenden Jahren reale Milliardenverluste werden könnten.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/cln
(END) Dow Jones Newswires
August 26, 2018 07:17 ET (11:17 GMT)
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