Gutachten eingeholt 23.01.2014 15:33:34

Prokon lässt Zahlungsunfähigkeit überprüfen

Das sagten Prokon-Chef Carsten Rodbertus und der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin am Donnerstag am Firmensitz in Itzehoe. Ausschließlich das gekündigte Genusskapital sei das Problem, sagte Penzlin. Deswegen habe der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden müssen. Kürzlich hatte das Unternehmen mitgeteilt, 227 Millionen Euro von 1,4 Milliarden Euro an Genusskapital seien gekündigt worden. Neuere Zahle nannte Penzlin am Donnerstag nicht. Prokon hat rund 75 000 Anleger.

Daneben hat die Prokon-Insolvenz die Bundesregierung alarmiert: Sie will Kleinanleger künftig besser vor riskanten Finanzprodukten schützen. Nach einer Kabinettsklausur am Donnerstag in Meseberg kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an, Verbraucherminister Heiko Maas (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) würden entsprechende Vorschläge machen. Es müsse immer wieder geschaut werden, wie sicher solche Produkte seien - auch bei neuen Formen der Bürgerbeteiligung im Zuge der Energiewende: "Das gilt sicherlich auch für Prokon", sagte Merkel. Am Vortag hatte das Windkraft-Unternehmen mit Sitz in Itzehoe bei Hamburg Insolvenz angemeldet.

Dort ging der Betrieb einen Tag nach dem Gang vors Insolvenzgericht unterdessen weiter. Betroffen sind neben den rund 75 000 Anlegern auch insgesamt etwa 1300 Beschäftigte.

Verbraucherminister Maas erklärte: "Wo es Verbrauchern schwer fällt, sich selbst zu schützen, müssen wir für mehr Transparenz sorgen."

Zur Finanzierung von Windkraftanlagen hatte Prokon bewusst auf Kredite von Banken verzichtet, sich stattdessen das Geld von Kleinanlegern geholt und sogenannte Genussrechte ausgegeben. Dabei handelt es sich um kurzfristig kündbare Anlagen mit entsprechendem Ausfallrisiko. Durch den Verkauf dieser Anteile hatte Prokon etwa 1,4 Milliarden Euro eingenommen. Dabei wurden hohe Renditen von bis zu 8 Prozent versprochen.

Prokon geriet wegen Kapitalkündigungen jedoch in eine Liquiditätsklemme. Am 10. Januar hatte der Windkraftanlagen-Finanzierer auf seiner Homepage die Anleger dazu aufgerufen, ihr Geld vorerst nicht aus der Firma zu ziehen und Kapitalkündigungen zurückzunehmen. Andernfalls drohe die Insolvenz.

Dieser Fall ist nun eingetreten: Am Mittwoch meldete das Unternehmen Insolvenz beim Amtsgericht Itzehoe an. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Dietmar Penzlin bestellt, der noch am Abend angekündigt hatte, dass der Geschäftsbetrieb ohne Einschränkungen fortgeführt werden solle. Löhne und Gehälter sollen bis einschließlich April 2014 über Insolvenzgeld vorfinanziert werden. Rückzahlungen von Genussscheinkapital oder Zinsen seien derzeit nicht möglich. Forderungen könnten erst angemeldet werden, wenn das Insolvenzverfahren später eröffnet werden sollte. Anlegerschützer erwarten ein kompliziertes Verfahren.

Am Sitz in Itzehoe eilten die Mitarbeiter am Donnerstag wortkarg in ihre Büros. "Hoffnung hat man immer", sagte einer von ihnen im Vorbeigehen. Insolvenzverwalter Penzlin verwies lediglich auf eine Pressekonferenz am Nachmittag. Prokon beschäftigt rund 1300 Mitarbeiter, davon rund 330 in Itzehoe.

Verbraucherminister Maas sagte, insbesondere im "grauen Kapitalmarkt" sei funktionierender Anlegerschutz von großer Bedeutung. "Wir sind uns mit dem Bundesfinanzministerium einig, dass die Bafin den kollektiven Schutz der Verbraucher als wichtiges Ziel ihrer Aufsichtstätigkeit erhält." Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag) prüft die große Koalition auch ein Verbot für den Verkauf riskanter Finanzprodukte an Kleinanleger. Einschränkungen beim Vertrieb sind bereits länger im Gespräch.

Schon nach Bekanntwerden der Schieflage hatten Union und SPD angekündigt, Konsequenzen zu prüfen und den weniger regulierten "grauen Kapitalmarkt" schärfer zu beaufsichtigen. Im Gespräch sind unter anderem Vertriebsbeschränkungen, etwa Grenzen für den Verkauf von Genussrechten an Kleinanleger oder für Nachrangdarlehen.

Die Bafin werde angewiesen, den Verbraucherschutz bei der Prüfung von Wertpapierverkaufsprospekten schon jetzt stärker in den Fokus zu nehmen und nicht zu warten, bis im Juli die Bestimmungen des neuen Kapitalanlagegesetzbuche s voll wirksam würden, schreibt das Blatt weiter. Das Finanzministerium habe darauf verwiesen, dass der Anlegerschutz in den vergangenen Jahren sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene bereits mehrfach verbessert worden sei. Auch der Verkauf von Genussrechten sei stärker reguliert als früher.

/sl/run/DP/fbr

ITZEHOE/BERLIN (dpa-AFX)

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