22.07.2015 16:51:00

Griechenland - Athen muss jetzt EU-Bankenabwicklungsregeln umsetzen

Österreichs Notenbankgouverneur und EZB-Rat Ewald Nowotny hat den 22. Juli als wichtigen Stichtag für die Verhandlungen um ein drittes Hilfspaket für Griechenland genannt. Eine der Vorleistungen, die Athen liefern muss: Das Parlament muss heute die EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken billigen. Nach der Richtlinie wickelt Österreich derzeit schon die Hypo Alpe Adria (Heta) ab.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras traf am Vormittag mit griechischen Bankern zusammen. Dabei versicherte er laut der halbamtlichen Nachrichtenagentur Ana, "Vorrang" habe jetzt, "das Finanzsystem zu normalisieren, zugleich aber die Bürger mit geringem Einkommen zu schützen".

Die griechischen Großbanken sind Sanierungsfälle. Um ein "Ausbluten" zu verhindern, waren sie drei Wochen lang geschlossen. Die Barabhebungen an Bankomaten waren drastisch beschränkt, die Beschränkungen sind größtenteils noch aufrecht, obwohl die Banken seit diesem Montag wieder offen haben.

Mit der Einschränkung des Kapitalverkehrs sollte ein Ansturm auf die Banken und ein Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert werden. Unternehmen und Privatleute hatten aus Sorge um den Verbleib Griechenlands in der Eurozone in den vergangenen Monaten hohe Milliardensummen von ihren Konten abgezogen. Die Wiedereröffnung war möglich, weil die EZB nach der Zustimmung des griechischen Parlaments zu Reformen die Obergrenze für die Notfallkredite für griechische Banken für eine Woche um 900 Millionen Euro erhöht hat. Mit Beschluss vom heutigen Mittwoch wurde die Summe noch einmal um diese Summe aufgestockt.

Wenn das Parlament in Athen Mittwochnacht das bisher zweite Reformpaket, bestehend aus einer neuen Zivilprozessordnung und der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken (BRRD), verabschieden, wäre der Weg für Verhandlungen zum neuen Rettungspaket so gut wie frei.

Laut Abschlusserklärung des Euro-Sondergipfels soll die EZB "nach dem Sommer" den Zustand des griechischen Bankensektors umfassend bewerten. Es ist eine Art nationaler "Stresstest". Offen ist, ob dann weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Hellas-Institute notwendig sind und inwieweit die Kapitalkontrollen schrittweise aufgehoben werden können. Im Fall Zyperns hat es rund zwei Jahre gedauert, bis die Beschränkungen vollständig beendet wurden.

Die heute am Parlamentsprogramm stehenden Reformen im Justiz- und Bankrecht sehen vor, dass Kreditnehmer künftig ihre Wohnungen verlieren können, wenn sie ihre Zins- und Tilgungsraten an die Banken nicht rechtzeitig zahlen. Die Regierung Tsipras hatte zuvor in einer "Armutsgesetzgebung" bei Bankschulden von bis zu einer Million Euro den Schuldnern die Möglichkeit gegeben, selbst zu bestimmen, wann sie ihre Kredite zurückzahlen

Dass Spareinlagen bis 100.000 Euro gesichert sind, bei Einlagen über 100.000 Euro aber Sparer bei Bankenschieflagen zum Handkuss kommen können, gilt aber immer noch als strittig. Die Beteiligung von Aktionären und Gläubigern an den Kosten war laut "NZZ" zwar kein Streitpunkt, sie soll aber nur wenig bringen. Sparguthaben und Kontoeinlagen mit Guthaben über der Marke von 100.000 Euro sollten aber, so schrieb diese Zeitung, verschont bleiben. So große Beträge stammten in Griechenland mehrheitlich von kleinen und mittleren Firmen, die mit dieser Liquidität Löhne, Lieferanten und Steuern bezahlen.

Am Wochenende hatte die Chefin des griechischen Bankenverbandes die Griechen aufgerufen, ihr Geld wieder auf ihre Konten einzuzahlen. Damit könne die Liquidität der Wirtschaft gestärkt werden, sagte Louka Katseli.

Nachdem vorerst "Grexit" und Staatskonkurs abgewendet ist, gibt es theoretisch für viele Griechen keinen Grund mehr, ihr Geld zu Hause zu bunkern. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) erinnerte heute, dass sich die Griechen nach der Krise von 2012 neun Monate Zeit nahmen, um ihr Geld wieder in die Banken zurückzubringen. Von September 2009 bis zu den Wahlen im Juni 2012 seien die privaten Bankeinlagen von 238 Mrd. Euro auf 150 Mrd. Euro geschrumpft. Bis zum September 2014 seien wieder 15 Mrd. Euro auf die griechischen Bankkonten zurückgeflossen und hätten für ein Zwischenhoch bei den Einlagen bei 165 Mrd. Euro gesorgt, bevor dann eine neue Flucht einsetzte, mit der die privaten Bankeinlagen auf etwa 120 Mrd. Euro schrumpften. Zuletzt wurde das Bankensystem mit europäischen Mitteln von 126,6 Mrd. Euro gestützt. Wer sein Geld ins Ausland gebracht hatte, kam offenbar nicht mehr zurück, wer Bares gehortet hatte, brachte einen Teil zurück. Nun sei der Fall aber etwas anders gelagert, wird in der Zeitung ein Athener Fachmann zitiert. Die Griechen würden nun warten, bis die Banken rekapitalisiert seien.

Über der Rekapitalisierung der Banken hängen Fragezeichen, die erst in den kommenden Wochen geklärt werden können. Offen sei, wie viele der 211 Mrd. Euro von Privatkrediten Ausleihungen notleidend wurden. Während der dreiwöchigen Bankenschließung wurden zu großen Teilen auch keine Kreditraten gezahlt. Für die Rekapitalisierung wären nach bisherigen Angaben rund 25 Mrd. Euro nötig.

(Schluss) rf/stf

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