Abstimmung am Mittwoch |
17.08.2015 11:40:40
|
Griechen-Hilfsprogramm bringt Merkel und Tsipras in Bedrängnis
Die Finanzminister der Eurozone hatten am Freitag den Weg für ein drittes Rettungsprogramm geebnet. Sie akzeptierten die zuvor von Experten ausgehandelten Bedingungen für geplante Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro. Dazu gehören Einsparungen und Steuerreformen sowie die Privatisierung von griechischem Staatsvermögen.
IWF-BETEILIGUNG OFFEN
Offen blieb, ob sich der Internationale Währungsfonds (IWF) - wie von Berlin gefordert - weiter an den Hilfen beteiligt. IWF-Chefin Christine Lagarde machte deutlich, dass sie das nur dann für möglich hält, wenn die europäischen Geldgeber Schuldenerleichterungen wie längere Kreditlaufzeiten oder niedrigere Zinsen ermöglichen.
Merkel plädierte vor diesem Hintergrund am Sonntag für Schuldenerleichterungen für Athen. Bei den Zinssätzen und den Laufzeiten der griechischen Kredite gebe es noch "Spielraum", sagte sie im ZDF-"Sommerinterview". Forderungen nach einem Schuldenschnitt wies sie jedoch zurück.
GROSSE OPFER
Bis Donnerstag braucht Griechenland frisches Geld, um Anleihen und Zinsen im Umfang von 3,4 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzuzahlen. Sollten unerwartete Verzögerungen auftreten, müsste wohl ein weiterer Überbrückungskredit her. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos räumte ein, das Hilfsprogramm werde seinen Landsleuten große Opfer abverlangen.
"Diese Reformen müssen jetzt Punkt für Punkt umgesetzt werden", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der "Bild am Sonntag". "Darauf werden wir achten. Jede weitere Hilfe wird davon abhängig sein." Außenminister Frank-Walter Steinmeier bescheinigte der Regierung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras eine "professionelle und zügige" Verhandlungsführung. "Herr Tsipras hat gezeigt, dass er bereit ist, sein politisches Schicksal mit der Euro-Mitgliedschaft Griechenlands zu verbinden", sagte er der "BamS".
NAGELPROBE AUCH FÜR MERKEL
Der linke Flügel der griechischen Regierungspartei Syriza, der das Hilfsprogramm und die damit verbundenen Einschnitte ablehnt, will Medienberichten zufolge bei einer möglichen Vertrauensabstimmung im Parlament nicht für Tsipras stimmen. Das würde wohl Neuwahlen bedeuten, weil ihn auch die Opposition - anders als bei der Abstimmung über die für das Hilfsprogramm erforderlichen Sparmaßnahmen - nicht stützen will. Nach Informationen der griechischen Zeitung "To Vima" baten die EU-Partner Tsipras jedoch, vorerst keine Neuwahlen abzuhalten.
Auch für Merkel steht im Bundestag eine Nagelprobe an, obgleich dort eine Mehrheit für das ausgehandelte Rettungspaket als sicher gilt. Schon im Juli hatten 60 Unionsabgeordnete gegen Verhandlungen der Geldgeber mit Athen gestimmt, weitere fünf enthielten sich. Nun wird im Abweichler-Lager mit noch mehr Nein-Sagern gerechnet.
KRITIK VON LINKEN UND GRÜNEN
Entsprechend bemühte sich die Fraktionsführung am Wochenende, den erzielten Kompromiss in ihren Reihen zu bewerben. Der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer verwies im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" darauf, dass "Griechenland jetzt ursprünglich verweigerte Reformen durchführen muss". Und Vizefraktionschef Ralph Brinkhaus betonte am Samstag im ZDF mit Blick auf den Beschluss der Eurogruppe: "Mehr war für uns, für Deutschland, gestern nicht machbar."
Während Christine Lambrecht, die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, in der "Bild am Sonntag" die Zustimmung der Sozialdemokraten im Bundestag ankündigte, rechnet Gregor Gysi als Linksfraktionschef nach eigener Aussage im Deutschlandfunk mit einem Nein seiner Parteifreunde. Grünen-Chefin Simone Peter wiederum kritisierte das Hilfsprogramm als unzureichend, da Griechenland ohne Schuldenerleichterungen nicht dauerhaft aus der Krise kommen könne./kr/DP/jha
(neu: Kanzlerin Merkel im vierten Absatz)
BERLIN/ATHEN (dpa-AFX)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: