11.09.2019 14:54:00

Grasser-Prozess- Grasser entschied zunächst gegen Rat seiner Experten

Der frühere Chefverhandler im Finanzministerium für die Einmietung der Finanz in den Terminal Tower in Linz ist heute Mittwoch im Grasser-Prozess in Wien als Zeuge befragt worden. Zeuge P. war damals Spitzenbeamter im Ministerium und sollte eine Übersiedlung der auf fünf Standorte verstreuten Linzer Finanzbehörden an einen Standort organisieren.

Im Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und andere geht es neben dem Korruptionsverdacht bei der Privatisierung der Bundeswohnungen auch um Korruptionsverdacht bei der Einmietung der Linzer Finanzbehörden in das Bürohaus Terminal Tower am Linzer Hauptbahnhof. Laut Anklage floss eine Zahlung von 200.000 Euro von den Errichtern und Vermietern des Bürohauses, Porr und Raiffeisen, an Meischberger, Hochegger und Grasser, Gegenleistung sei die Zustimmung Grassers zur Einmietung der Finanz, ein verlässlicher Mieter, gewesen. Alle Angeklagten bestreiten dies.

Im Verlauf der Vorbereitungen und Verhandlungen kam es im Dezember 2005 zu einer Sitzung im Finanzministerium, wo die Beamten Minister Grasser das Projekt präsentierten. Wie der heutige Zeuge P. schilderte, habe Grasser alle Teilnehmer einzeln gefragt, ob sie für das Projekt Terminal Tower seien, was alle bejahten. Dann habe Grasser gesagt, aber er sei dagegen, und habe das Treffen verlassen. Die Ablehnung sei ohne Begründung erfolgt, er sei überrascht gewesen, weil ja vorher alle Unterlagen ans Kabinett übermittelt worden waren, aber keine Änderungswünsche vom Kabinett gekommen seien.

Einige Monate später, im Frühjahr 2006, unterzeichnete das Ministerium - konkret der damalige Generalsekretär des Ministeriums - doch den Mietvertrag mit den Errichtern. Aus Sicht der Mitarbeiter habe es zwar dann mehr bzw. gestützte Parkplätze gegeben, doch am stärksten hätten sie weiterhin ein anderes Projekt favorisiert, nämlich einen Neubau durch die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in der Sonnensteinstraße, so der Zeuge. Sein eigener Auftrag sei gewesen, das kostengünstigste Projekt zu finden. Das BIG-Projekt hätte aber zeitlich länger gedauert, was aus einem Brief des damaligen Linzer Bürgermeisters Franz Dobusch hervorgehe.

Von Richterin Marion Hohenecker mit einer Notiz über ein Telefonat mit ihm konfrontiert, in dem von einem "Lustsog" in Richtung des Tower-Projekts die Rede ist, verwehrte sich der Zeuge: Das sei keinesfalls von ihm gekommen. Richtig sei aber, dass damals überlegt wurde, wie man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiver für eine Übersiedlung stimme, etwa durch mehr vom Ministerium gestützte Parkplätze. Konfrontiert mit einem Papier, wo in einer Variante von einer Zahlung von 700.000 Euro an die Finanz oder von ihr genannte Dritte die Rede ist, sagte der Zeuge, das Papier habe er noch nie gesehen,

Die Staatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart fragten den Zeugen nach dem Sinn des Termins im Dezember 2005 bei Grasser. Bei dem Termin hätte Grasser über den Terminal Tower entscheiden sollen, "und wir haben ein Ja erwartet", sagte der Zeuge P.

Grassers Anwalt Norbert Wess wollte vom Zeugen wissen, ob Grasser das Wohl seiner Mitarbeiter am Herzen gelegen sei - was der Zeuge bestätigte. Er als Chefverhandler habe auch nie eine Weisung oder einen Einfluss auf seine Verhandlungen wahrgenommen, versicherte er.

(Schluss) gru/stf/sp

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