Gläubiger-Quartett |
24.07.2015 15:40:46
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ESM sitzt bei Griechenland-Verhandlungen mit am Tisch
Der ESM fungiert als Berater, er macht aus der Troika keine Quadriga. Es sei völlig klar, dass der ESM bei den Verhandlungen eine andere Rolle habe als die anderen Institutionen, machte der Sprecher deutlich. Die reinen Verhandlungen oblägen der Troika. Der ESM habe "eine Rolle als Beobachter und, falls erwünscht, als Berater".
Schäuble indirekt mit am Tisch
Die Neuerung ist gleichwohl bemerkenswert und sie dürfte den Druck auf die Regierung von Premier Alexis Tsipras um einiges erhöhen. Denn das Entscheidungsgremium des ESM ist vor allem sein Gouverneursrat, der aus den Euro-Finanzministern besteht. Deutschlands Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird also über den ESM praktisch direkt mit am Verhandlungstisch sitzen. Sein Haus freilich wollte zu dem Thema am Freitag auf Anfrage keinen Kommentar abgeben.
Dem Steuerzahler indes kann eine direktere Kontrolle durchaus Recht sein, schließlich hat Deutschland den größten Batzen zum ESM beigesteuert: Der deutsche Finanzierungsanteil beträgt gemäß dem EZB-Schlüssel rund 27 Prozent. Dies entspricht etwa 21,7 Milliarden Euro eingezahltem und rund 168,3 Milliarden Euro abrufbarem Kapital.
Die Zeit drängt
Den Verhandlungsteilnehmer ist keine Sommerpause vergönnt. Bereits bis zum 7. August soll das Memorandum of Understanding über die wirtschaftspolitischen Reformauflagen (Konditionalität) für Griechenland stehen, wie der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold per Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Zwischen dem 10. und 16. August sollen dann die nationalen Parlamente über das Programm abstimmen. Unter anderem der Bundestag müsste seine Zustimmung geben. Da die Sommerpause des Parlaments erst in der zweiten Septemberwoche endet, wäre wieder eine Sondersitzung fällig.
Am 17. oder 18. August könnte demnach dann das erste ESM-Geld an Griechenland fließen. Ab dem 20. August würden dann alle Hilfsgelder aus dem ESM kommen, die Brückenfinanzierung würde auslaufen. Der 20. August markiert ein wichtiges Datum in der Griechenland-Rettung. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras und seine Mannen müssen dann weitere 3,2 Milliarden Euro an die EZB und nationale Zentralbanken überweisen. Es folgen Millionenzahlungen an den IWF. Bereits am 14. August werden Schatzwechsel über 1,4 Milliarden Euro fällig.
Erfahrung ist vorhanden
Die Teilnahme des ESM an den Verhandlungen dient nicht nur der besseren Kontrolle, sie dürfte auch zur offensichtlich notwendigen Beschleunigung beitragen. Als bei weitem größter Gläubiger Griechenlands - die Höhe der ausstehenden EFSF-Darlehen in Griechenland summiert sich den Angaben zufolge auf knapp 131 Milliarden Euro - könne der ESM Informationen zur sogenannten Schuldentragfähigkeitsanalyse beisteuern, die die Institutionen erstellen, erklärte der ESM-Sprecher.
Der ESM-Darlehensvertrag (Financial Assistance Facility Agreement/FFA), der alle Darlehenskonditionen enthalte, sei schon immer vom ESM entworfen worden, sagte der Sprecher. Übung jedenfalls haben die Verhandlungsteilnehmer auf Gläubiger-Seite bei der Zusammenarbeit bereits. Die Praxis, dass ESM-Vertreter zusammen mit den anderen Institutionen in Brüssel im Rahmen der sogenannten "Brussels Group" an den Gesprächen mit den Hellenen beteiligt waren, habe sich "seit Jahresanfang herausgebildet", hieß es beim ESM.
DJG/stl/apo
Dow Jones Newswires
Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)
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