15.01.2013 17:09:32

GESAMT-ROUNDUP: 'Richtungsentscheidungen' im Flughafenchaos angekündigt

    SCHÖNEFELD/BERLIN (dpa-AFX) - Am Hauptstadtflughafen will der Aufsichtsrat mit Personalwechseln an den Schlüsselpositionen einen Weg aus dem Desaster des Milliarden-Projekts finden. Nach vier abgesagten Eröffnungsterminen entscheidet das Kontrollgremium an diesem Mittwoch voraussichtlich über die Ablösung des Flughafenchefs Rainer Schwarz. Außerdem soll die Geschäftsführung um einen Finanzfachmann erweitert werden. Bereits angekündigt ist, dass Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt.

 

    Unterdessen gerät das Debakel in den Sog des Niedersachsen-Wahlkampfs. Der Haushaltsausschuss des Bundestags brach am Dienstag eine kurzfristig beantragte Sondersitzung zum Flughafen ab, nachdem Platzeck und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit Einladungen des Gremiums abgelehnt hatten. Die beiden SPD-Länderchefs hatten auf andere Termine verwiesen. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition und die SPD warfen sich daraufhin gegenseitig vor, die Aufklärung zu behindern.

 

    Der Aufsichtsrat trifft sich am Mittwochvormittag auf der Baustelle in Schönefeld. "Es stehen Richtungsentscheidungen an", sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel lediglich. Die Öffentlichkeit werde voraussichtlich am Nachmittag unterrichtet. Kunkel nannte vorab weder einen Kandidaten für den Chefposten noch für die geplante neue Funktion des Finanzchefs. Wann Schwarz seinen Hut nehmen muss, war vorab ohnehin offen.

 

    Nach Informationen des "Handelsblatts" (Dienstag) aus Kreisen der Bundesregierung wird der Aufsichtsrat noch keinen Nachfolger präsentieren. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wollte sich am Dienstag nicht zu dem Gerücht äußern, Schwarz werde am Mittwoch nicht abgelöst, sondern kommissarisch im Amt bleiben. "Es wurde in der letzten Zeit viel Kaffeesatzleserei betrieben, und ich beteilige mich nicht daran", sagte Ramsauer.

 

    Die Kosten für das angeschlagene Prestigeprojekt in Schönefeld bei Berlin haben sich seit Baubeginn 2006 von 2 Milliarden Euro auf 4,3 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.

 

    Bei der Genehmigungsbehörde sind bisher rund 300 Änderungsanträge eingegangen. Der zuständige Landrat von Dahme-Spreewald, Stephan Loge (SPD), sagte der Nachrichtenagentur dpa, er vermisse seit langem eine intensive Zusammenarbeit mit dem Bauherren. "Einiges lief nicht so, wie es sein sollte."

 

    Weitere Mehrkosten sind zu erwarten, seit die Eröffnung in der vergangenen Woche wegen weiterer Baumängel auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Der Aufsichtsrat, in dem die Eigentümer Berlin und Brandenburg sowie der Bund vertreten sind, sowie Flughafen-Chef Schwarz gerieten noch stärker in die Kritik.

 

    Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte daraufhin angekündigt, den Aufsichtsratsvorsitz der staatlichen Betreibergesellschaft abzugeben. Als Nachfolger will der bisherige Stellvertreter Platzeck den Bau deutlich intensiver überwachen. Geplant sind wöchentliche Unterrichtungen und eine eigene Abteilung in der Potsdamer Staatskanzlei.

 

    Wowereit strebt dem Vernehmen nach den Stellvertreterposten an. Er will auch nach der Niedersachsenwahl an diesem Sonntag nicht sein Bürgermeisteramt abgeben. Er sei für diese - bis 2016 laufende - Legislaturperiode gewählt worden, und wolle die Verantwortung, die ihm damit übertragen worden sei, auch ausüben, sagte Wowereit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch).

 

    SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Ramsauer vor, Informationen über die erneute Verschiebung der Eröffnung verschwiegen zu haben. Ramsauer erklärte, Gabriel koche ein "parteipolitisches Süppchen". Die Vertreter beider Lager tragen als Aufsichtsräte seit Jahren Verantwortung für das Vorhaben. An diesem Sonntag wählt Niedersachsen einen neuen Landtag, im Herbst steht die nächste Bundestagswahl an./bf/sl/gj/DP/stb

 

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