12.04.2016 17:20:40

GESAMT-ROUNDUP: EU besorgt über Vorbereitungen für Grenzkontrollen am Brenner

WIEN/BRÜSSEL/ATHEN (dpa-AFX) - Die Flüchtlingskrise sorgt weiter für Chaos in Griechenland und Unruhe in anderen EU-Staaten. Zur Vorbereitung von Grenzkontrollen schon ab Juni hat Österreich mit Bauarbeiten am Brenner begonnen, dem wichtigsten italienisch-österreichischen Grenzübergang. Auf einem Parkplatz neben der Autobahn werde in den nächsten Tagen das Fundament für eine Überdachung gelegt, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion Tirol am Dienstag. Die EU-Kommission in Brüssel zeigte sich sehr besorgt. "Der Brennerpass ist unabdingbar für die Reisefreiheit in der EU", sagte eine Sprecherin.

In Griechenland konnte die Regierung zwar Hunderte Migranten überreden, vom Camp entlang der Kaimauer von Piräus in ein reguläres Lager zu wechseln. In Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze blieb die Lage aber angespannt. Unter den mehr als 11 000 Migranten kursierten am Dienstag abermals Gerüchte, die mit Stacheldraht gesicherte Grenze könnte geöffnet werden. Sie wollen über die sogenannte Balkanroute Richtung Norden weiterziehen, vor allem nach Deutschland.

Griechische und mazedonische Polizei seien in Alarmbereitschaft, berichtete der griechische Fernsehsender Skai. Die Sicherheitskräfte seien überzeugt, dass einige freiwillige Helfer und Aktivisten hinter den Gerüchten steckten.

Die Polizei kontrolliere die Ausweise der Helfer, hieß es. 15 Menschen seien am Dienstag in Gewahrsam genommen worden. "Die Nicht-Regierungsorganisationen sind in Idomeni wie Pilze aus dem Boden geschossen", kritisierte der Bürgermeistes des Ortes. Mindestens 16 Organisationen seien vor Ort. Beziehe man die weitere Umgebung von Idomeni ein, seien es mindestens 36 Gruppen.

Am Sonntag hatte ein auf Arabisch verfasstes Flugblatt einen Ansturm von Migranten auf die mazedonische Grenze verursacht. Die mazedonische Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein. Hunderte Menschen litten unter Atemwegs- und Augenproblemen.

Die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge ist seit Inkrafttreten des Pakts zwischen der EU und der Türkei deutlich gesunken. Nur wenige Dutzend Schutzsuchende trafen seit Montag auf den Ägäis-Inseln ein. Im März waren nach UN-Angaben im Schnitt fast 900 Migranten täglich auf den Inseln angekommen.

Nach dem Flüchtlingspakt sollen Migranten, die seit dem 20. März illegal in Griechenland eingereist sind, in die Türkei zurückgeführt werden. Vergangene Woche waren erstmals 325 Migranten von den Inseln Lesbos und Chios in die Türkei zurückgeschickt worden.

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) pocht trotz des nun verstärkten Schutzes der EU-Außengrenze weiterhin auf zusätzliche Maßnahmen. "Das hat uns eine Atempause verschafft, die wir dafür nutzen müssen, nachhaltige und gemeinsame Lösungen in Europa zu finden."

Österreich werde sich darauf vorbereiten, dass die Brenner-Route künftig ein Brennpunkt der Flüchtlingskrise werden könne. "Der Zeitplan 1. Juni ist ein realitätsbezogener", meinte Faymann zu möglichen Grenzkontrollen.

Grenzkontrollen und künftig auch Asyl-Schnellverfahren sind zentraler Bestandteil der restriktiven Flüchtlingspolitik Österreichs. Wegen der Schließung der Balkanroute kommen aber aktuell nur sehr wenige Schutzsuchende in der Alpenrepublik an.

Auch Italien fürchtet, dass sich die Fluchtrouten für Migranten durch den Flüchtlingspakt verlagern könnten. Dafür gebe es aber derzeit keine Anzeichen, erklärte die Kommissionssprecherin in Brüssel. Seit Anfang März seien lediglich knapp 15 000 Menschen aus Libyen in Italien angekommen.

Das Europaparlament will bei der Asylpolitik alle 28 EU-Staaten stärker in die Pflicht nehmen. In einem mit breiter Mehrheit angenommenen Bericht verlangte es eine Reform des bisherigen "Dublin-Systems", wonach das Land der ersten Einreise für den Asylantrag zuständig ist. Sie kritisierten mangelnde Solidarität der EU-Regierungen untereinander und forderten die tatsächliche Umsetzung bereits übernommener Verpflichtungen - beispielsweise zur Umsiedlung von 160 000 Flüchtlingen.

Der für Inneres zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos betonte: "Wir alle sind uns einig, dass es nun an der Zeit ist, ein chaotisches, ungeordnetes System der Zuwanderung durch ein System der legalen Migration zu ersetzen."

Kritik kam von Rechts. Die Niederländerin Vicky Maeijer, die der rechtspopulistischen Partei PVV von Geert Wilders angehört, sagte: Die Bürger hätten von dieser Politik "die Schnauze voll": "Europa muss entislamisiert werden."/hrz/laj/DP/men

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!