28.01.2014 13:16:35
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Frührente mit 49 - Immer mehr psychisch Kranke scheiden aus Job aus
"Psychisch kranke Frührentner werden praktisch abgeschrieben", kritisierte Kammerpräsident Rainer Richter. Dabei könnte vielen Kranken laut Richter geholfen werden - mit besserer Behandlung oder mehr Rehabilitation inklusive Therapien und Trainings. Arbeit sei nicht nur belastend, sondern könne die Betroffenen auch stabilisieren, wenn ihre Leiden angemessen behandelt werden. Insgesamt aber bekomme nur jeder dritte psychisch Kranke in Deutschland überhaupt eine Therapie.
Fast jede zweite neue Frührente sei psychisch verursacht. Als Grund zugenommen hätten seit 2001 vor allem Depressionen (plus 96 Prozent), Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (plus 74 Prozent) sowie Suchterkrankungen (plus 49 Prozent).
Oft geht der Frühverrentung eine längere Leidensgeschichte voraus. So stellen auch die Krankenkassen immer wieder dar, dass die Fehltage wegen Depressionen und anderer seelischer Leiden stark zunähmen. Laut Psychotherapeutenkammer hat sich die Zahl der entsprechenden Fehltage seit der Jahrtausendwende fast verdoppelt. Nicht selten werde aus einer vorübergehenden Arbeits- eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit.
Richter kritisierte, die Kranken würden häufig unzumutbar zwischen Kranken- und Rentenversicherung hin- und hergeschoben. Die Kasse könne den Versicherten nämlich auffordern, einen Reha-Antrag zu stellen. "Auf diese Weise kann sie Ausgaben für Krankenbehandlung und Krankengeld sparen." Die Rehabilitation geht zu Lasten der Rentenkasse. Wenn ein Gutachter die Reha nicht als erfolgsversprechend bewertet, werde aus dem Reha-Antrag automatisch ein Rentenantrag. Häufig landeten die Patienten aber auch wieder bei der Krankenkasse, weil sie andere Krankenbehandlungen bräuchten.
Mit der Frührente steigt nach Darstellung der Kammer das Armutsrisiko der psychisch Kranken. Denn die Erwerbsminderungsrenten seien seit 2000 stark gefallen - auf zuletzt durchschnittlich rund 600 Euro pro Monat. Mehr als ein Viertel der erwerbsunfähigen Rentner lebe in Einkommensarmut.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rief die Bundesregierung zu klaren Regeln gegen zunehmenden Stress am Arbeitsplatz auf. "Wir brauchen eine Anti-Stress-Politik, damit Arbeit nicht länger krank macht", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der Deutschen Presse-Agentur.
Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink forderte die Bundesregierung auf, sich der Missstände anzunehmen. "Wir brauchen dringend einen umfassenden Aktionsplan Seelische Gesundheit." Kammerpräsident Richter mahnte, die monatelangen Wartezeiten auf einen Therapieplatz müssten gesenkt werden. "Wir brauchen da gesetzliche Vorgaben."/bw/DP/jkr
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