28.08.2008 15:27:00
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FOKUS: Deutsche Autobauer buhlen um Russlands kaufkräftige Kunden
Von Katharina Becker
Dow Jones NEWSWIRES
MOSKAU (Dow Jones)--Die deutschen Luxusautobauer tragen ihre alte Rivalität jetzt auch auf Russlands Straßen aus. Doch obwohl bei der kaufkräftigen Kundschaft heiß begehrt, kämpfen BMW, Mercedes-Benz und Audi in dem 142 Millionen Einwohner zählenden Land mit ganz neuen Problemen und gegen ungewohnte Konkurrenz.Nicht nur in der Millionen-Metropole Moskau gilt das Automobil als absolutes Statussymbol einer aufstrebenden Mittelschicht, die ihr Geld lieber heute als morgen ausgibt. "Die Kunden werden immer wohlhabender", sagt der Branchenexperte Ivan Bonchev von Ernst & Young am Rande des Moskauer Autosalons. Innerhalb von drei Jahren hat sich das Durchschnittseinkommen mehr als verdoppelt. Zudem haben die Russen einiges nachzuholen: Von 1.000 Einwohnern haben gerade mal 188 einen Wagen, in Deutschland sind es 565.
Für Statussymbole geben die Russen zudem mehr Geld aus als Kunden in etablierten Märkten. Mehr als 40% der Neuwagenkunden kaufen Modelle mit allen erdenklichen Extras, sagt Bonchev. Nur 5% geben sich mit der Standardversion ab Werk zufrieden. Hohe Einfuhrzölle stören sie dabei ebensowenig wie ein hoher Spritverbrauch. So groß und so nobel wie möglich, lautet die Devise.
"Auf Moskaus Straßen sieht man fast nur Neuwagen", sagt Michael Harms, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer. Dabei liegen die deutschen Autobauer auf der Beleibtheitsskala weit vorne. Derzeit ist jeder siebte Neuwagen "Made in Germany".
Besonders begehrt sind die deutschen Nobelmarken, die mit einem Anteil von 60% im russischen Premiumsegment die Nase vorn haben. Dabei lieferten sich die Stuttgarter, Ingolstädter und Münchener 2007 ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Mercedes-Benz verkaufte mit 15.300 Wagen zwei Drittel mehr als im Vorjahr, Audi legte um 52% auf 15.000 Einheiten zu und und verdrängte damit den Konkurrenten BMW mit knapp 14.700 Fahrzeugen und einem Plus von 55% auf Rang drei. Angesichts des täglichen Verkehrsinfarktes auf Moskaus Straßen wird sich so mancher wünschen, die Deutschen seien weniger erfolgreich.
In diesem Jahr sei nochmals ein Plus von 40% drin, sagt der Präsident von BMW Russland, Christian Kremer. Alleine in den ersten sieben Monaten hat BMW mit 10.596 Fahrzeugen ein Drittel mehr an die russische Kundschaft gebracht als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Die Verkäufe von Edelkarossen zogen im ersten Halbjahr in Russland um ein Fünftel an, sagt der Präsident von Mercedes-Benz Russland, Jürgen Sauer. "Das Luxussegment wird in den nächsten zehn Jahren weiter zweistellig wachsen", ergänzt der Präsident des Mutterkonzerns Daimler für Zentral- und Osteuropa, Afrika und Asien, Joachim Schmidt. Die Stuttgarter wollen hier mitwachsen.
Auch Audi-Russland-Chef Till Brauner sieht gute Chancen in Russland. Von Januar bis Juli wurden von der Marke mit den vier Ringen 10.114 Wagen und damit gut 17% mehr verkauft als im Vorjahr.
Trotz aller Beliebtheit ist das flächenmäßig größte Land der Erde für die Deutschen kein Selbstläufer. "Der russische Premiummarkt ist einer der heiß umkämpftesten überhaupt", urteilt der Präsident von BMW Russland, Christian Kremer. Die Deutschen treten hier gegen zu Hause fast unbekannte Konkurrenten wie Nissans Edelmarke Infiniti, Toyotas Lexus oder Honda an. In einem jungen Markt wie Russland können sich solche Marken leichter durchsetzen als in etablierten wie Westeuropa, umreisst Daimler-Manager Joachim Schmidt das Problem.
Auch die sprunghafte Kundschaft lässt BMW, Mercedes-Benz und Audi keine Minute den Erfolg genießen. Wenn ein Modell in der gewünschten Ausstattung nicht schnell genug verfügbar ist, sind russische Käufer nur zu gerne bereit, die Marke zu wechseln. Dass Mercedes-Benz im ersten Halbjahr von der Konkurrenz aus München und Ingolstadt überholt wurde, lag auch an dem Engpass bei der M-Klasse, räumt Russlands Mercedes-Präsident Sauer ein.
"Die Meiningsbildung über die Marke kann sich in Russland schnell ändern", weiß auch BMW-Manager Kremer. Große Werbekampagnen machen sich sofort im Absatz bemerkbar - die der Konkurrenz leider auch. Und so wundert es nicht, dass ganz Moskau mit Autowerbung zugepflastert ist. Wer auffallen will, muss schon wie BMW in unmittelbarer Kremlnähe eine überdimensionierte Plakatwand belegen. Nicht umsonst präsentierten die Münchener ihren neuen 7er prestigeträchtig auf dem Roten Platz.
Auch Natalia Pivovara, die jeden Morgen eine Stunde nach Moskau zur Arbeit fährt, hat sich noch nicht für ein Modell entschieden. "Ich mag den Volvo S40, aber der ist für die schlechten Straßen außerhalb Moskaus viel zu niedrig. Ich werde wohl den Kompaktvan von Mercedes, den B200, nehmen."
Russische Kunden reagieren besonders stark auf Werbung, räumt man auch bei Mercedes-Benz ein. Das Unternehmen präsentiert seine Luxuslimousinen auf dem Moskauer Autosalon umringt von Ledersitzen und noblem Holz. "Bei einer solchen Messe nicht dabei zu sein, wäre tödlich", sagt Manager Sauer. Die Wirkung sei viel höher als in einem etablierten Markt. Besonders deutlich habe sich das bei Infiniti gezeigt, die sich vor zwei Jahren erstmals in der russischen Hauptstadt präsentierten und inzwischen im Moskauer Stadtbild auffällig oft vertreten sind.
Den größten Unterschied spüren die deutschen Automobilbauer jedoch im Alter ihrer Kunden: "Sie sind deutlich jünger als in Westeuropa. Unser durchschnittlicher Kunde ist gerade mal 35 bis 37 Jahre alt, also rund 15 Jahre jünger", sagt Mercedes-Manager Sauer. Die biederen Werbekampagnen für die ältere Klientel aus der Heimat einfach zu übersetzen, funktioniert also nicht. "Aber so haben wir die Chance, die Kunden viel länger an die Marke zu binden."
Webseiten: http://www.daimler.com/ http://www.volkswagenag.com/ http://www.audi.de/
-Von Katharina Becker, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 112, katharina.becker@dowjones.com (William Bland hat zu diesem Bericht beigetragen) DJG/kat/rio (END) Dow Jones Newswires
August 28, 2008 09:24 ET (13:24 GMT)
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