Ukraine-Krieg |
28.02.2022 15:11:00
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FMA verhängt nach Sanktionen ein Moratorium für die Sberbank Europe - Töchtern der russischen Sberbank droht womöglich die Pleite
Wie die FMA in der Nacht auf Montag mitteilte, darf die Bank "keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen durchführen". Das Moratorium sei bis 1. März, 23:59 Uhr, befristet. Begründet wurde die Maßnahme mit dem drohenden Ausfall der Bank. Auch das Sberbank-Geschäft in Slowenien, Kroatien und Tschechien wurde von der Aufsicht eingeschränkt.
Die einzige Ausnahme vom Zahlungsmoratorium gibt es für Einleger, die zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs maximal 100 Euro pro Tag abheben dürfen, hieß es in einer Aussendung weiter. Zugleich wurde betont, dass Einlagen bis 100.000 Euro weiterhin durch das österreichische Einlagensicherungssystem (ESA) besichert sind. Die FMA handelt dabei im Auftrag der europäischen Abwicklungsbehörde für Banken, des Single Resolution Board (SRB) in Brüssel.
Nach derzeitigem Stand haben laut ESA rund 35.000 deutsche Kunden bei der Sberbank Europe AG gedeckte Einlagen, der Anteil der österreichischen Einleger ist "hingegen unbedeutend". Die deutsche Online-Privatkundenbank Sberbank Direct unterliegt damit auch den österreichischen Bestimmungen zur Einlagensicherung und Anlegerentschädigung. Mitgliedsinstitute der ESA sind neben der Sberbank Europe unter anderem die BAWAG, Oberbank, UniCredit Bank Austria sowie Institute aus dem Hypo- und Volksbanken-Sektor.
Ein potenzieller Einlagensicherungsfall bei der Europa-Tochter der Sberbank könnte aber alle heimischen Banken treffen. Die Sberbank Europe ist eine von insgesamt noch sechs Banken, die im sogenannten "gesonderten Rechnungskreis"geführt werden. Die ESA ist nach eigenen Angaben zwar für die operative Umsetzung des Entschädigungsverfahrens zuständig, die erforderlichen finanziellen Mittel sind aber von "allen Sicherungseinrichtungen" anteilig aufzubringen sind. "Das bedeutet, dass die finanziellen Mittel für einen allfälligen Einlagensicherungsfall Sberbank Europe AG de facto von allen österreichischen Banken (also inklusive Sparkassengruppe und Raiffeisengruppe) zur Verfügung gestellt werden", hieß es von der ESA.
Konkret sieht das FMA-Moratorium vor, dass alle Zahlungs- und Lieferverpflichtungen der Sberbank Europe AG gegenüber ihren Gläubigern ausgesetzt sind. Diese können auch keine Sicherheitsrechte gegenüber der Bank durchsetzen. Kündigungsrechte von Vertragspartnern der Sberbank Europe AG oder einer Partei eines Vertrags mit der Bank werden ausgesetzt.
Die Maßnahme sei erforderlich, weil die Europäische Zentralbank (EZB) dem SRB angezeigt habe, dass die Bank in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecke und wahrscheinlich ein Ausfall der Bank drohe, hieß es von der FMA. Die Maßnahme diene dem Ziel, die Finanzmarktstabilität in der Bankenunion zu sichern und zu stärken. Sberbank Europe AG ist eine 100-Prozent-Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz stehenden Sberbank in Moskau.
Das Unternehmen betonte in einer Stellungnahme seine Kooperation mit den Aufsichtsbehörden. "Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern", betonte Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi in einer Aussendung. Sie wies darauf hin, dass mehrere Banken der Gruppe "innerhalb sehr kurzer Zeit einen deutlichen Abfluss an Kundeneinlagen" verzeichnet hätten, weswegen teilweise die tägliche Bargeldbehebung eingeschränkt wurde.
Das Moratorium folgt auf den Beschluss von umfassenden Finanzsanktionen gegen Russland wegen seiner Aggression gegen die Ukraine. Nach einem Beschluss vom Samstag wurde Russland etwa vom Bankenkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen. Zudem wurden die Reserven der russischen Zentralbank eingefroren, die sich größtenteils im Euroraum befinden. Das Moratorium verhindert, dass Gelder von der Sberbank Europe AG in Richtung Russland abfließen.
Sberbank Europe AG hat eigenen Angaben zufolge 187 Filialen mit 3.800 Mitarbeitern und rund 773.000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65.000 Kunden mit einer Bilanzsummer von 2,2 Mrd. in Deutschland und Österreich. Allerdings gab das Unternehmen erst im November den Verkauf ihrer Balkan-Töchter mit einer Bilanzsumme von 7,3 Milliarden Euro angekündigt. Die Präsenz in Österreich, Deutschland und Tschechien sollte aber beibehalten werden.
Der Steyr-Automotive-Eigentümer und Investor Siegfried Wolf hat am Montag bekanntgegeben, sich mit Auslaufen der Funktionsperiode am 22. März als Aufsichtsratsvorsitzender der Sberbank Europe zurückzuziehen. Über seine Absicht sein Aufsichtsratsmandat zurückzulegen, habe er die Europäische Zentralbank (EZB) bereits vor Wochen informiert, teilte Wolf-Sprecher Josef Kalina auf APA-Anfrage mit.
EZB-Bankenaufsicht: Töchtern der russischen Sberbank droht Pleite
Die scharfen Finanzsanktionen gegen Russland treffen erste Banken und könnten auch Auswirkungen für Sparer in Deutschland und anderen europäischen Ländern haben: Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Sberbank für stark gefährdet. Die Europäische Zentralbank sei zu der Beurteilung gelangt, dass die Sberbank Europe AG mit Hauptsitz in Wien sowie deren Tochtergesellschaften in Kroatien und in Slowenien, "ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen" werden, teilte die EZB in der Nacht zum Montag mit.
"Bei der Sberbank Europe AG und ihren Tochtergesellschaften kam es zu erheblichen Abflüssen von Einlagen infolge der Auswirkungen der geopolitischen Spannungen auf ihre Reputation", teilte die EZB mit. "Dadurch hat sich ihre Liquiditätslage verschlechtert. Zudem sind keine Maßnahmen verfügbar, bei denen realistische Aussichten darauf bestehen, dass diese Position auf Gruppenebene und auf Ebene der einzelnen Tochtergesellschaften in der Bankenunion wiederhergestellt wird."
Als Reaktion untersagte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) der Sberbank-Europatochter, "Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen" durchzuführen. Einzige Ausnahme von diesem Zahlungsmoratorium: Einleger dürfen "zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs" maximal 100 Euro pro Tag abheben. Das Zahlungsverbot gilt bis einschließlich diesen Dienstag (1. März).
Die Sberbank Europe ist eine 100-prozentige Tochter der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Sberbank in Moskau. "Wir unternehmen alle Anstrengungen und unterstützen die Behörden uneingeschränkt, damit diese ihre Befugnisse einsetzen können, um diese beispiellose Situation im Sinne der Kunden zu meistern", versicherte Sberbank-Europe-Chefin Sonja Sarközi in einer Mitteilung. Die Sberbank Europe hat eigenen Angaben zufolge etwa 773 000 Kunden in Zentral- und Osteuropa, davon 65 000 in Deutschland und Österreich.
Die Nationalbank in Prag leitete Schritte ein, um der Sberbank-Tochter in Tschechien die Banklizenz zu entziehen. Per Einstweiliger Verfügung sei der Niederlassung die Vergabe neuer Kredite und die Annahme neuer Einlagen untersagt worden, teilte eine Sprecherin mit.
Einlagen von Privatanlegern sind in der Europäischen Union bis zu einer Höhe von 100 000 Euro je Einleger und Bank gesetzlich geschützt. Dieser Schutz werde durch die Einlagensicherungssysteme in Österreich auch für die Zweigniederlassung der Bank in Deutschland, sowie in Kroatien und in Slowenien gewährt, erklärte die EZB.
Die deutsche Finanzaufsicht Bafin bekräftigte, Einlagen deutscher Einleger bei der Zweigniederlassung in Frankfurt am Main ("Sberbank Direct") seien über die österreichische Einlagensicherung geschützt. "Im Entschädigungsfall hat die österreichische Entschädigungseinrichtung die Entschädigungsansprüche der Einleger unverzüglich zu prüfen und die geeigneten Entschädigungsmaßnahmen zu treffen", erklärte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). "Die deutsche Entschädigungseinrichtung ist im Entschädigungsfall für die Durchführung der Auszahlungen zuständig und hat die Ansprüche der Einleger in der Regel innerhalb von sieben Arbeitstage nach Feststellung des Entschädigungsfalls zu erfüllen."
Wolf zieht sich per 22. März aus Sberbank-Europe-Aufsichtsrat zurück
Der Steyr-Automotive-Eigentümer und Investor Siegfried Wolf zieht sich mit Auslaufen der Funktionsperiode am 22. März als Aufsichtsratsvorsitzender der Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien zurück. Über seine Absicht sein Aufsichtsratsmandat zurückzulegen, habe er die Europäische Zentralbank (EZB) bereits vor Wochen informiert, teilte Wolf-Sprecher Josef Kalina am Montagvormittag auf APA-Anfrage mit.
Wolf war laut Firmenbuch seit 2012 Aufsichtsratsvorsitzender der Europa-Tochter der Sberbank. Vor dem Hintergrund der massiven Finanzsanktionen gegen Russland hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) in der Nacht auf Montag ein bis 1. März, 23:59 Uhr befristetes, umfassendes Moratorium für die Europatochter der staatlichen russischen Sberbank verhängt. Wie die FMA mitteilte, darf die in Wien ansässige Bank "keinerlei Auszahlungen, Überweisungen oder andere Transaktionen durchführen". Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Sberbank wegen der Auswirkungen der Finanzsanktionen für stark gefährdet.
Mitte 2021 wurde das MAN-Werk in Steyr von Wolf übernommen und das Unternehmen in Steyr Automotive umbenannt. Bis Mitte 2023 produziert Steyr noch für den deutschen MAN-Konzern und derzeit wird auch eine Produktion für schwedische E-Trucks aufgebaut. Ab Mitte 2023 ist eine Zusammenarbeit mit der russischen Wolf-Beteiligung GAZ geplant. "Derzeit gibt es noch keine erkennbaren Auswirkungen auf die geplanten Verbindungen mit GAZ. Falls Lieferungen aus Russland unmöglich werden sollten, wird man auf Alternativen ausweichen", sagte Wolf-Sprecher Kalina.
In Reaktion auf einen aktuellen "Handelsblatt"-Bericht ließ Wolf ausrichten, dass er bereits seit mehr als drei Jahren alle Funktionen im russischen Unternehmen "Russian Machines" zurückgelegt habe. Er verwies darauf, "dass er auch davor niemals im militärischen Bereich tätig gewesen" sei. Die Russland-Sanktionen und den Ukraine-Krieg wollte Wolf nicht kommentieren.
Tschechiens Nationalbank leitet Lizenzentzug für Sberbank-Tochter ein
Die Nationalbank in Prag hat Schritte eingeleitet, um der Tochtergesellschaft der russischen Sberbank in Tschechien die Banklizenz zu entziehen. Grund seien Liquiditätsprobleme der Bank aufgrund des großen Abflusses von Einlagen, teilte eine Sprecherin am Montag mit. Mit einer einstweiligen Verfügung sei der Niederlassung die Vergabe neuer Kredite und die Annahme neuer Einlagen untersagt worden.
Nach Medienberichten haben zahlreiche Kunden in tschechischen Sberbank-Filialen gegen den russischen Angriff auf die Ukraine protestiert und Gelder abgezogen. Die Niederlassungen blieben am Montag ganz geschlossen. "Grund dafür ist die ungünstige geopolitische Situation", hieß es auf der Internetseite des Tochterunternehmens Sberbank CZ. Man arbeite an einer Lösung.
Die gesetzliche Einlagensicherung schützt einen Betrag von 100 000 Euro pro Einleger und Bank. Das tschechische Arbeits- und Sozialministerium prüft derzeit Wege, Rentnern und Sozialhilfeempfängern, die ein Konto bei der Sberbank haben, Geldleistungen auf anderem Wege auszuzahlen.
Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der Sberbank grundsätzlich für stark gefährdet. Die Europäische Zentralbank sei zur Beurteilung gelangt, dass die Sberbank Europe AG mit Hauptsitz in Wien sowie ihre beiden Tochtergesellschaften in der Bankenunion, die Sberbank d.d. in Kroatien und die Sberbank banka d.d. in Slowenien, "ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen" werden, teilte die EZB in der Nacht zum Montag mit. Mit dieser Formulierung kennzeichnet die EZB-Bankenaufsicht Institute, die aus ihrer Sicht nicht mehr existenzfähig sind.
APA / PRAG (dpa-AFX)
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